DIE WELTKUNST
Jahrg. VIII, Nr. 31 vom 5. August 1934
Nachrichten von überall
Russische Kunstverkäufe
Die Ausstellung „A Century of Progress“
in Chicago, die in diesem Jahre wiedereröffnet
wurde, zeigt in ihrer Kunstabteilung im Art
Institute einige bedeutende Gemälde, die neuer-
dings aus der Eremitage in Leningrad und aus
dem Museum westlicher Kunst in Moskau ver-
äußert wurden und in den amerikanischen
Kunsthandel übergegangen sind. Das Haupt-
stück bildet zweifellos Rembrandts 1655 ent-
standenes Gemälde „Joseph wird von Potiphars
Weib verklagt“, das die Firma Knoedler & Co.
hergeliehen hat (s. Abb.). Dieses Bild wurde
von Katharina der Großen in den ersten Jahren
ihrer Regierung für 180 000 Taler angekauft,
und zwar aus dem Besitz des bekannten Ber-
liner Händlers J. E. Gotzkowsky, der das Bild
ursprünglich für Friedrich den Großen er-
worben hatte. Ein anderes Juwel der
Eremitage, das sich jetzt im Besitz der Firma
Wildenstein & Co. befindet; ist Watteaus „Le
Mezzetin“ (s. Abb.), das 1765 von Jean de
Julienne, der es noch beim Meister selbst er-
worben hatte, für Katharina angekauft wurde.
Das dritte in Chicago ausgestellte Bild der
Leningrader Galerie ist die 1777 vom Prinzen
von Conti erworbene „Musikstunde“ von Ter-
borch (s. Abb.), in ihren zarten malerischen
Silbertönen eine der charakteristischsten und
meisterlichsten Leistungen des Meisters aus
Deventer, jetzt ebenfalls im Besitz von Wilden-
stein & Co.
Während die UdSSR bisher mit Verkäufen
moderner Gemälde aus dem Museum westlicher
Kunst in Moskau zurückhielten, scheinen in der
letzten Zeit auch hier einige Stücke in den
Handel gelangt zu sein. Dieses Museum ver-
dankt seine Existenz der großzügigen Sammel-
tätigkeit der Brüder Morosow und Stchukines,
deren Sammlungen nach der Revolution natio-
nalisiert wurden und als Grundstock des
Museums dienten, das heute u. a. über
19 Monets, 12 Degas’, 25 Cezannes, 29 Gauguins,
55 Matisses und 54 Picassos verfügt und da-
mit von keiner andern Sammlung der Welt
Überboten werden dürfte. Zwei Bilder der
Chicagoer Ausstellung, die von privater Seite
zur Verfügung gestellt wurden, beweisen nun,
daß auch das bisher gewahrte Prinzip der Un-
verkäuflichkeit moderner Gemälde durch-
brochen wird. Es handelt sich dabei um
Cezannes Bildnis seiner Frau, eines der reif-
sten Werke seiner Spätzeit, und um einen der
berühmtesten Van Goghs, „Das Nachtcafe“,
entstanden in Arles, beides Gemälde aus der
Sammlung Morosow.
Es kann sich bei der Ergänzung der Liste
der aus russischem Staatsbesitz veräußerten
Kunstwerke immer nur um einzeln bekannt
A. Watteau, Le Mezzetin
55:43 cm — Ehern. Leningrad, Eremitage
Chicago, Ausstellung „A Century of Progress“
{Siehe Artikel: „Russische Kunstverkäufe“)
werdende, bisher geheim gehaltene Verkäufe
handeln, Ausschnitte aus einem noch immer
im Gange befindlichen Verkauf svorgang,
dessen ganzer Umfang noch nicht klar zu
übersehen ist.
Dostojewskij als Zeichner
In Moskau wurde soeben eine große Anzahl
von Zeichnungen entdeckt, die man Dosto-
jewskij zuschreiben zu können glaubt. Dieser
I^N
HERMANN NOACK
GEGR.1897 BILDGIESSEREI GEGR.1897
BERLIN-FRIEDENAU
FEHLERSTRASSE 8 / H3 RHEINGAU 133
GIESST FÜR
BARLACH • BELLING • DE FIORI - ESSER
GAUL-KLIMSCHKOLBEMARCKS-SCHARFF
SCHEIBE• RENE SINTENIS -TUA1LLON U.A.
SPEZIALITÄT: WACHSAUSSCHMELZUNG
hatte die Gewohnheit, in seinen Büchern
Skizzen von Persönlichkeiten zu entwerfen.
Diese Skizzen bedecken die Ränder seiner Ma-
nuskripte. Manchmal sind sogar ganze Seiten
nur mit diesen Entwürfen bedeckt. Sie sind
von großer artistischer Bedeutung. Die rus-
sische Regierung beabsichtigt, alle diese Zeich-
nungen zu sammeln und eine vollständige Neu-
ausgabe der Werke Dostojewskijs zu veran-
stalten, illustriert mit Zeichnungen aus seiner
Hand.
Ein kunsthistorisches
Forschungsinstitut
das höchstens in der bekannten Bibliothek Sir
R. Witt in London eine Parallele besitzt, soll
im Spätherbst in New York eröffnet werden.
Es handelt sich um die Henry Clay Frick
Library in der Fifth Avenue, die außer den
Kunstwerken dieser bedeutenden Sammlung
einen Bestand von 250 000 bis 300 000 Photo-
graphien nach Gemälden der amerikanischen
Schulen, der europäischen Malerei vom Mittel-
alter bis zur Neuzeit und nach Skulpturen vom
15. bis 18. Jahrhundert umfaßt. Durch ein
Legat von 15 Millionen Dollar ist sowohl der
Bestand der Kunstsammlung wie die regel-
mäßige Vermehrung des photographischen
Archivs gewährleistet.
Zur Brüsseler Kunstausstellung
1935
Das Generalkommissariat der für 1935 in
Brüssel geplanten Großen Kunstausstellung hat
bereits die Beteiligung von 19 Staaten bewil-
ligt; in diese Zahl sind nicht einbegriffen die
französischen, englischen und holländischen
Kolonien. Die vorbereitenden architektonischen
Arbeiten sind bereits im Gange. Sechs von den
großen Bögen, welche die Zentralhalle des
Grand Palais tragen, sind bereits vollendet. Die
beiden Fassaden sind halbfertig.
Erwerbung der Gemäldegalerie
Brüssel
Die Gemäldegalerie in Brüssel hat soeben
eine wichtige Neuerwerbung ausgestellt: einen
Flügel des im Auftrag der Heiligkreuz-
Brüderschaft für die Kirche Sainte-Walburge
de Furnes geschaffenen Altarwerkes von
Barend van Orley. Der zweite Flügel befindet
sich im Turiner Museum, während das Mittel-
stück des um 1515 bis 1520 entstandenen Altars
verschollen ist.
Ausstellung niederländischer
Gemälde
Böhler & Steinmeyer in Luzern
veranstalten gegenwärtig eine interessante
Ausstellung niederländischer Gemälde des
17. Jahrhunderts mit vielfach erstmals ge-
zeigten Werken von Rembrandt, Rubens, Frans
Hals, Terborch, Pieter de Hoogh und Klein-
meistern aus dem Kreise dieser Künstler.
Ein neues Museum in Belgrad
König Alexander von Jugoslawien hat durch
Dekret bestimmt, daß das Neue königliche
Palais (Novi-Dvor) in ein Museum der bil-
denden Künste umgewandelt wird, das die
hauptsächlichsten Kunstsammlungen des Lan-
des aufzunehmen hat. Vor allem sollen hier
die wichtigsten archäologischen Funde und
Ausgrabungen vereinigt werden, ferner alte
und neuere Malerei und Plastik, die Fresken
aus den serbischen Klöstern und die Volks-
kunstsammlungen.
Der internationale Kunstkongreß
in Venedig
Im Zusammenhang mit der Biennale tagte
jetzt in Venedig der internationale Kunst-
kongreß, an dem Deutschland nicht teil-
genommen hat. Dieser Kongreß, als eine Ver-
sammlung aus den Gen-
fer Kreisen heraus ent-
standen, hat sich aber
immerhin in diesem
Jahre in Venedig auch
mit einem Thema be-
schäftigt, das als Zuge-
ständnis an den gast-
gebenden Faschismus
betrachtet werden muß.
Die Hauptdiskussionen
haben über „Kunst und
Staat“ stattgefunden.
Aber wie es bei der Zu-
sammensetzung derTeil-
nehmer nicht anders
möglich war, mußte
das Ergebnis der Be-
sprechungen nur eine
ausführliche und alle
Seiten beleuchtende Dar-
stellung dessen werden,
was der faschistische
Staat für die Kunst ge-
tan hat, wie er die
Künstler in die korpora-
tive Ordnung gestellt
hat, wie schließlich
das Verhältnis der
Kunst zum geistigen
Staat, zur Kirche sei
und sein müsse. Haupt-
redner waren Maraini,
Papini, Bodrero, Ojetti
und Pilotti gewesen.
Von den Nichtitalienern
hat nur Van der
Pluyn - Holland einen
bemerkenswerten Bei-
trag zum Thema ge-
Naturgemäß trat der Kongreß für eine
Zusammenarbeit von Kunst und Staat ein, ohne
daß deswegen aber aus einer derartigen inter-
national zusammengesetzten Versammlung
irgend etwas Richtunggebendes hätte hervor-
gehen können.
Neues Museum in Sheffield
Unter dem Präsidium der Herzogin von
York wurde in Sheffield eine Kunstgalerie und
eine neue Zentralbibliothek eröffnet. Das Mu-
seum verdankt seine Entstehung der Schenkung
von M. J.-G. Graves, welcher die Summe von
20 000 Pfund Sterling zur Einrichtung des
Museums und 10 000 Pfund Sterling zur Ein-
richtung der Bibliothek gestiftet hat. Das
Museum enthält viele moderne Kunstwerke,
u. a. die „Kartenspieler“ von Cezanne, eine
Leihgabe des Courtauld-Institutes.
Neuordnung des Ashmolean-
Museums
Das Ashmolean-Museum in Oxford, das
außer einer bedeutenden Sammlung von Hand-
zeichnungen Michelangelos und Raffaels über
eine ausgezeichnete Gemäldegalerie verfügt,
ist nach größeren Erweiterungsbauten kürzlich
wiedereröffnet worden. Zu besonders ein-
drucksvoller Wirkung gelangt jetzt die Samm-
lung der italienischen Renaissance, wobei ein-
zelne Werke wie der im letzten Jahre aus dem
Besitz des Prinzen Paul von Jugoslawien er-
worbene „Waldbrand“ von Piero di Cosimo
oder Bronzinos „Don Garzia de’ Medici“ durch
Restaurierungen bedeutend gewonnen haben.
Eine Stiftung von Mrs. W. F. R. Weldon mit
Arbeiten von Watteau, Chardin, Gainsborough
u. a. ist den verschiedensten Abteilungen des
Museums zugute gekommen; vermißt wird
noch der Ausbau der Abteilung neuerer und
moderner Malerei.
Münchener Chronik
Deutschlands bekanntester Plakatkünstler,
Professor Ludwig H o h 1 w e i n , der soeben
seinen 60. Geburtstag beging, kommt von der
Architektur her. Als Baukünstler hatte er
namhafte Leistungen zu verzeichnen. Mehr und
mehr wandte er sich der Innendekoration und
dem Kunstgewerbe zu. Für die Jagdausstellung
im Jahre 1906 schuf er das erste Plakat, dem
seither zahllose gefolgt sind. Man kann ihn
ohne Übertreibung den Bahnbrecher der neu-
zeitlichen deutschen Plakatkunst nennen. Hohl-
wein ist auch ein kenntnisreicher Sammler ost-
asiatischer und afrikanischer Kunstwerke, die
er zum großen Teil von seinen Reisen mit-
gebracht hat.
Professor Julius Schräg feiert in
erstaunlicher Rüstigkeit seinen 70. Geburtstag.
Er ist geborenei’ Nürnberger und besuchte die
Münchener Akademie unter Lindenschmitt und
Diez. Seit 1903 weilte er wiederholt studien-
halber in Holland und Belgien. U. a. besitzen
die Staatlichen Sammlungen und die Städtische
Galerie Bilder von ihm. Seit 45 Jahren gehört
Rembrandt, Joseph wird von Potiphars Weib verklagt
105:97 cm — Ehern. Leningrad, Eremitage
Chicago, Ausstellung ,,A Century of Progress“
(Siehe Artikel: „Russische Kunstverkäufe“)
geben.
er der Münchener Künstlergenossenschaft an
und seit 1927 ist er Vorsitzender des Künstler-
bundes Isar.
Das Porcia-Palais in der Promenaden-
straße ist einer der schönsten Barockpaläste
Münchens. Erbaut im Stile der italienischen
Baumeister der Theatinerkirche, wurde er von
Kurfürst Karl Albert für die Fürstin Porcia
im Innern aufs reichste ausgestaltet. Berühmt
sind die drei Zimmer von Francois Cuvillies.
Hundert Jahre lang gehörte das Palais der Ge-
sellschaft Museum, die es aber jetzt an die
B. Vereinsbank verkauft hat, da ihr die Mittel
für die Erhaltung nicht mehr zur Verfügung
stehen. Durch den Besitzwechsel ist nunmehr
der Bestand gewährleistet; auch wird es der
genannten Gesellschaft für die nächsten Jahre
zur Verfügung stehen.
In der geräumigen „Ständigen Kunstaus-
stellung“ an der Maximilianstraße im Erd-
geschoß des Völkerkundemuseums hat die
Münchener Künst1ergenossen-
schäft am 28. Juli ihre diesjährige Sommer-
ausstellung mit einer den Kampf und die Ziele
der heutigen Künstlerschaft betonenden An-
sprache ihres Präsidenten Walter von Ruck-
te sch eil eröffnet. Wir begegnen bei den
Alten wie bei den Jungen durchweg guten, z. T.
starken Leistungen in Malerei und Plastik. F.
Kleine Museums-Nachrichten
Das Museum der bildenden Künste in
Budapest stellt gegenwärtig Neuerwerbun-
gen und die Kunstschätze aus, die auf Grund
des Vertrags von Venedig aus den Wiener
Sammlungen an Ungarn abgegeben wurden.
In der Alten Akademie in Kassel steht
die Wiedererrichtung des Landgrafen-Museums
Gerard Terborch, M u s i k s t u n <1 o
86:70 cm —- Ehern. Leningrad, Eremitage
Chicago, Ausstellung ,,A Century of Progress“
{Siehe Artikel: „Russische Kunstverkäufe“)
vor der Vollendung. Es werden vor allem Ge-
mälde und Kunstwerke aus dem früheren
Privatbesitz der hessischen Landgrafen und
Kurfürsten, die bisher auf verschiedenen
Schlössern verstreut waren, zu einer Sammlung
vereint.
Der Kaisertrutz in Görlitz als
Heimatmuseum
Der Kaisertrutz in Görlitz, um 1490 als Ver-
stärkung des Reichenbacher Tores erbaut, ge-
hört zu den bedeutendsten Befestigungen des
Mittelalters, die z. T. noch erhalten geblieben
sind und durch Umbau für museale Zwecke
verwendet werden konnten. Es war Haupt-
bedingung der Renovierung, den Baukörper
selbst möglichst wenig zu verändern. Die bei-
den oberen Stockwerke boten geringe Schwie-
rigkeiten; die eigenartige im Bau begründete
Anordnung von Rundgängen kam sogar der
wirkungsvollen Gestaltung der Sammlungen
besonders zustatten. Kleine Spezialsammlungen,
die durch Zusammenbau von Ausstellungs-
schränken zu besonderen Kojen sich unge-
zwungen gruppieren, kommen bei diesen Rund-
gängen ausgezeichnet zur Geltung. Das Mittel-
geschoß ist ganz der Stadtgeschichte gewidmet,
eingerichtet von dem früheren Leiter des Mu-
seums Prof. Dr. P o 1 a c z e k , während das
Obergeschoß die für Görlitz besonders charak-
teristische vorgeschichtliche Sammlung, ein-
gerichtet von Dr. G a n d e r t, enthält.
Berichtigung
Durch einen Druckfehler war in der 'Über-
schrift der Notiz über das neue Museum in Bar-
celona („Weltkunst“ Nr. 30 S. 4) statt von alt-
spanischer Kunst von „altjapanischer Kunst“ zu
lesen, was wir zu berichtigen bitten.
KUNSTHAUS MALMEDE
Antiquitäten • Gemälde alter Meister
KÖLN a. Rh., UNTER SACHSENHAUSEN 33
Direktion* Dr. A Breuer. Schriftleitung: Dr. Werner Richard Deusch. — Redaktions-Vertretungen für München: Ludwig F. Fuchs / Paris: M. L. Szecsi, 116 bis, Ay.d’Champs-Elys^es, Tel.: Elysees 77-68 / Rom:
G Reinboth / W i e n • Dr St Poglayen-Neuwall. — Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen : Theo Rose, Berlin. — Erscheint im Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62,
Kurfürstenstraße 76-77 zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellen-
angabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. Der Verlag übernimmt
durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H., Berlin SW 19
Jahrg. VIII, Nr. 31 vom 5. August 1934
Nachrichten von überall
Russische Kunstverkäufe
Die Ausstellung „A Century of Progress“
in Chicago, die in diesem Jahre wiedereröffnet
wurde, zeigt in ihrer Kunstabteilung im Art
Institute einige bedeutende Gemälde, die neuer-
dings aus der Eremitage in Leningrad und aus
dem Museum westlicher Kunst in Moskau ver-
äußert wurden und in den amerikanischen
Kunsthandel übergegangen sind. Das Haupt-
stück bildet zweifellos Rembrandts 1655 ent-
standenes Gemälde „Joseph wird von Potiphars
Weib verklagt“, das die Firma Knoedler & Co.
hergeliehen hat (s. Abb.). Dieses Bild wurde
von Katharina der Großen in den ersten Jahren
ihrer Regierung für 180 000 Taler angekauft,
und zwar aus dem Besitz des bekannten Ber-
liner Händlers J. E. Gotzkowsky, der das Bild
ursprünglich für Friedrich den Großen er-
worben hatte. Ein anderes Juwel der
Eremitage, das sich jetzt im Besitz der Firma
Wildenstein & Co. befindet; ist Watteaus „Le
Mezzetin“ (s. Abb.), das 1765 von Jean de
Julienne, der es noch beim Meister selbst er-
worben hatte, für Katharina angekauft wurde.
Das dritte in Chicago ausgestellte Bild der
Leningrader Galerie ist die 1777 vom Prinzen
von Conti erworbene „Musikstunde“ von Ter-
borch (s. Abb.), in ihren zarten malerischen
Silbertönen eine der charakteristischsten und
meisterlichsten Leistungen des Meisters aus
Deventer, jetzt ebenfalls im Besitz von Wilden-
stein & Co.
Während die UdSSR bisher mit Verkäufen
moderner Gemälde aus dem Museum westlicher
Kunst in Moskau zurückhielten, scheinen in der
letzten Zeit auch hier einige Stücke in den
Handel gelangt zu sein. Dieses Museum ver-
dankt seine Existenz der großzügigen Sammel-
tätigkeit der Brüder Morosow und Stchukines,
deren Sammlungen nach der Revolution natio-
nalisiert wurden und als Grundstock des
Museums dienten, das heute u. a. über
19 Monets, 12 Degas’, 25 Cezannes, 29 Gauguins,
55 Matisses und 54 Picassos verfügt und da-
mit von keiner andern Sammlung der Welt
Überboten werden dürfte. Zwei Bilder der
Chicagoer Ausstellung, die von privater Seite
zur Verfügung gestellt wurden, beweisen nun,
daß auch das bisher gewahrte Prinzip der Un-
verkäuflichkeit moderner Gemälde durch-
brochen wird. Es handelt sich dabei um
Cezannes Bildnis seiner Frau, eines der reif-
sten Werke seiner Spätzeit, und um einen der
berühmtesten Van Goghs, „Das Nachtcafe“,
entstanden in Arles, beides Gemälde aus der
Sammlung Morosow.
Es kann sich bei der Ergänzung der Liste
der aus russischem Staatsbesitz veräußerten
Kunstwerke immer nur um einzeln bekannt
A. Watteau, Le Mezzetin
55:43 cm — Ehern. Leningrad, Eremitage
Chicago, Ausstellung „A Century of Progress“
{Siehe Artikel: „Russische Kunstverkäufe“)
werdende, bisher geheim gehaltene Verkäufe
handeln, Ausschnitte aus einem noch immer
im Gange befindlichen Verkauf svorgang,
dessen ganzer Umfang noch nicht klar zu
übersehen ist.
Dostojewskij als Zeichner
In Moskau wurde soeben eine große Anzahl
von Zeichnungen entdeckt, die man Dosto-
jewskij zuschreiben zu können glaubt. Dieser
I^N
HERMANN NOACK
GEGR.1897 BILDGIESSEREI GEGR.1897
BERLIN-FRIEDENAU
FEHLERSTRASSE 8 / H3 RHEINGAU 133
GIESST FÜR
BARLACH • BELLING • DE FIORI - ESSER
GAUL-KLIMSCHKOLBEMARCKS-SCHARFF
SCHEIBE• RENE SINTENIS -TUA1LLON U.A.
SPEZIALITÄT: WACHSAUSSCHMELZUNG
hatte die Gewohnheit, in seinen Büchern
Skizzen von Persönlichkeiten zu entwerfen.
Diese Skizzen bedecken die Ränder seiner Ma-
nuskripte. Manchmal sind sogar ganze Seiten
nur mit diesen Entwürfen bedeckt. Sie sind
von großer artistischer Bedeutung. Die rus-
sische Regierung beabsichtigt, alle diese Zeich-
nungen zu sammeln und eine vollständige Neu-
ausgabe der Werke Dostojewskijs zu veran-
stalten, illustriert mit Zeichnungen aus seiner
Hand.
Ein kunsthistorisches
Forschungsinstitut
das höchstens in der bekannten Bibliothek Sir
R. Witt in London eine Parallele besitzt, soll
im Spätherbst in New York eröffnet werden.
Es handelt sich um die Henry Clay Frick
Library in der Fifth Avenue, die außer den
Kunstwerken dieser bedeutenden Sammlung
einen Bestand von 250 000 bis 300 000 Photo-
graphien nach Gemälden der amerikanischen
Schulen, der europäischen Malerei vom Mittel-
alter bis zur Neuzeit und nach Skulpturen vom
15. bis 18. Jahrhundert umfaßt. Durch ein
Legat von 15 Millionen Dollar ist sowohl der
Bestand der Kunstsammlung wie die regel-
mäßige Vermehrung des photographischen
Archivs gewährleistet.
Zur Brüsseler Kunstausstellung
1935
Das Generalkommissariat der für 1935 in
Brüssel geplanten Großen Kunstausstellung hat
bereits die Beteiligung von 19 Staaten bewil-
ligt; in diese Zahl sind nicht einbegriffen die
französischen, englischen und holländischen
Kolonien. Die vorbereitenden architektonischen
Arbeiten sind bereits im Gange. Sechs von den
großen Bögen, welche die Zentralhalle des
Grand Palais tragen, sind bereits vollendet. Die
beiden Fassaden sind halbfertig.
Erwerbung der Gemäldegalerie
Brüssel
Die Gemäldegalerie in Brüssel hat soeben
eine wichtige Neuerwerbung ausgestellt: einen
Flügel des im Auftrag der Heiligkreuz-
Brüderschaft für die Kirche Sainte-Walburge
de Furnes geschaffenen Altarwerkes von
Barend van Orley. Der zweite Flügel befindet
sich im Turiner Museum, während das Mittel-
stück des um 1515 bis 1520 entstandenen Altars
verschollen ist.
Ausstellung niederländischer
Gemälde
Böhler & Steinmeyer in Luzern
veranstalten gegenwärtig eine interessante
Ausstellung niederländischer Gemälde des
17. Jahrhunderts mit vielfach erstmals ge-
zeigten Werken von Rembrandt, Rubens, Frans
Hals, Terborch, Pieter de Hoogh und Klein-
meistern aus dem Kreise dieser Künstler.
Ein neues Museum in Belgrad
König Alexander von Jugoslawien hat durch
Dekret bestimmt, daß das Neue königliche
Palais (Novi-Dvor) in ein Museum der bil-
denden Künste umgewandelt wird, das die
hauptsächlichsten Kunstsammlungen des Lan-
des aufzunehmen hat. Vor allem sollen hier
die wichtigsten archäologischen Funde und
Ausgrabungen vereinigt werden, ferner alte
und neuere Malerei und Plastik, die Fresken
aus den serbischen Klöstern und die Volks-
kunstsammlungen.
Der internationale Kunstkongreß
in Venedig
Im Zusammenhang mit der Biennale tagte
jetzt in Venedig der internationale Kunst-
kongreß, an dem Deutschland nicht teil-
genommen hat. Dieser Kongreß, als eine Ver-
sammlung aus den Gen-
fer Kreisen heraus ent-
standen, hat sich aber
immerhin in diesem
Jahre in Venedig auch
mit einem Thema be-
schäftigt, das als Zuge-
ständnis an den gast-
gebenden Faschismus
betrachtet werden muß.
Die Hauptdiskussionen
haben über „Kunst und
Staat“ stattgefunden.
Aber wie es bei der Zu-
sammensetzung derTeil-
nehmer nicht anders
möglich war, mußte
das Ergebnis der Be-
sprechungen nur eine
ausführliche und alle
Seiten beleuchtende Dar-
stellung dessen werden,
was der faschistische
Staat für die Kunst ge-
tan hat, wie er die
Künstler in die korpora-
tive Ordnung gestellt
hat, wie schließlich
das Verhältnis der
Kunst zum geistigen
Staat, zur Kirche sei
und sein müsse. Haupt-
redner waren Maraini,
Papini, Bodrero, Ojetti
und Pilotti gewesen.
Von den Nichtitalienern
hat nur Van der
Pluyn - Holland einen
bemerkenswerten Bei-
trag zum Thema ge-
Naturgemäß trat der Kongreß für eine
Zusammenarbeit von Kunst und Staat ein, ohne
daß deswegen aber aus einer derartigen inter-
national zusammengesetzten Versammlung
irgend etwas Richtunggebendes hätte hervor-
gehen können.
Neues Museum in Sheffield
Unter dem Präsidium der Herzogin von
York wurde in Sheffield eine Kunstgalerie und
eine neue Zentralbibliothek eröffnet. Das Mu-
seum verdankt seine Entstehung der Schenkung
von M. J.-G. Graves, welcher die Summe von
20 000 Pfund Sterling zur Einrichtung des
Museums und 10 000 Pfund Sterling zur Ein-
richtung der Bibliothek gestiftet hat. Das
Museum enthält viele moderne Kunstwerke,
u. a. die „Kartenspieler“ von Cezanne, eine
Leihgabe des Courtauld-Institutes.
Neuordnung des Ashmolean-
Museums
Das Ashmolean-Museum in Oxford, das
außer einer bedeutenden Sammlung von Hand-
zeichnungen Michelangelos und Raffaels über
eine ausgezeichnete Gemäldegalerie verfügt,
ist nach größeren Erweiterungsbauten kürzlich
wiedereröffnet worden. Zu besonders ein-
drucksvoller Wirkung gelangt jetzt die Samm-
lung der italienischen Renaissance, wobei ein-
zelne Werke wie der im letzten Jahre aus dem
Besitz des Prinzen Paul von Jugoslawien er-
worbene „Waldbrand“ von Piero di Cosimo
oder Bronzinos „Don Garzia de’ Medici“ durch
Restaurierungen bedeutend gewonnen haben.
Eine Stiftung von Mrs. W. F. R. Weldon mit
Arbeiten von Watteau, Chardin, Gainsborough
u. a. ist den verschiedensten Abteilungen des
Museums zugute gekommen; vermißt wird
noch der Ausbau der Abteilung neuerer und
moderner Malerei.
Münchener Chronik
Deutschlands bekanntester Plakatkünstler,
Professor Ludwig H o h 1 w e i n , der soeben
seinen 60. Geburtstag beging, kommt von der
Architektur her. Als Baukünstler hatte er
namhafte Leistungen zu verzeichnen. Mehr und
mehr wandte er sich der Innendekoration und
dem Kunstgewerbe zu. Für die Jagdausstellung
im Jahre 1906 schuf er das erste Plakat, dem
seither zahllose gefolgt sind. Man kann ihn
ohne Übertreibung den Bahnbrecher der neu-
zeitlichen deutschen Plakatkunst nennen. Hohl-
wein ist auch ein kenntnisreicher Sammler ost-
asiatischer und afrikanischer Kunstwerke, die
er zum großen Teil von seinen Reisen mit-
gebracht hat.
Professor Julius Schräg feiert in
erstaunlicher Rüstigkeit seinen 70. Geburtstag.
Er ist geborenei’ Nürnberger und besuchte die
Münchener Akademie unter Lindenschmitt und
Diez. Seit 1903 weilte er wiederholt studien-
halber in Holland und Belgien. U. a. besitzen
die Staatlichen Sammlungen und die Städtische
Galerie Bilder von ihm. Seit 45 Jahren gehört
Rembrandt, Joseph wird von Potiphars Weib verklagt
105:97 cm — Ehern. Leningrad, Eremitage
Chicago, Ausstellung ,,A Century of Progress“
(Siehe Artikel: „Russische Kunstverkäufe“)
geben.
er der Münchener Künstlergenossenschaft an
und seit 1927 ist er Vorsitzender des Künstler-
bundes Isar.
Das Porcia-Palais in der Promenaden-
straße ist einer der schönsten Barockpaläste
Münchens. Erbaut im Stile der italienischen
Baumeister der Theatinerkirche, wurde er von
Kurfürst Karl Albert für die Fürstin Porcia
im Innern aufs reichste ausgestaltet. Berühmt
sind die drei Zimmer von Francois Cuvillies.
Hundert Jahre lang gehörte das Palais der Ge-
sellschaft Museum, die es aber jetzt an die
B. Vereinsbank verkauft hat, da ihr die Mittel
für die Erhaltung nicht mehr zur Verfügung
stehen. Durch den Besitzwechsel ist nunmehr
der Bestand gewährleistet; auch wird es der
genannten Gesellschaft für die nächsten Jahre
zur Verfügung stehen.
In der geräumigen „Ständigen Kunstaus-
stellung“ an der Maximilianstraße im Erd-
geschoß des Völkerkundemuseums hat die
Münchener Künst1ergenossen-
schäft am 28. Juli ihre diesjährige Sommer-
ausstellung mit einer den Kampf und die Ziele
der heutigen Künstlerschaft betonenden An-
sprache ihres Präsidenten Walter von Ruck-
te sch eil eröffnet. Wir begegnen bei den
Alten wie bei den Jungen durchweg guten, z. T.
starken Leistungen in Malerei und Plastik. F.
Kleine Museums-Nachrichten
Das Museum der bildenden Künste in
Budapest stellt gegenwärtig Neuerwerbun-
gen und die Kunstschätze aus, die auf Grund
des Vertrags von Venedig aus den Wiener
Sammlungen an Ungarn abgegeben wurden.
In der Alten Akademie in Kassel steht
die Wiedererrichtung des Landgrafen-Museums
Gerard Terborch, M u s i k s t u n <1 o
86:70 cm —- Ehern. Leningrad, Eremitage
Chicago, Ausstellung ,,A Century of Progress“
{Siehe Artikel: „Russische Kunstverkäufe“)
vor der Vollendung. Es werden vor allem Ge-
mälde und Kunstwerke aus dem früheren
Privatbesitz der hessischen Landgrafen und
Kurfürsten, die bisher auf verschiedenen
Schlössern verstreut waren, zu einer Sammlung
vereint.
Der Kaisertrutz in Görlitz als
Heimatmuseum
Der Kaisertrutz in Görlitz, um 1490 als Ver-
stärkung des Reichenbacher Tores erbaut, ge-
hört zu den bedeutendsten Befestigungen des
Mittelalters, die z. T. noch erhalten geblieben
sind und durch Umbau für museale Zwecke
verwendet werden konnten. Es war Haupt-
bedingung der Renovierung, den Baukörper
selbst möglichst wenig zu verändern. Die bei-
den oberen Stockwerke boten geringe Schwie-
rigkeiten; die eigenartige im Bau begründete
Anordnung von Rundgängen kam sogar der
wirkungsvollen Gestaltung der Sammlungen
besonders zustatten. Kleine Spezialsammlungen,
die durch Zusammenbau von Ausstellungs-
schränken zu besonderen Kojen sich unge-
zwungen gruppieren, kommen bei diesen Rund-
gängen ausgezeichnet zur Geltung. Das Mittel-
geschoß ist ganz der Stadtgeschichte gewidmet,
eingerichtet von dem früheren Leiter des Mu-
seums Prof. Dr. P o 1 a c z e k , während das
Obergeschoß die für Görlitz besonders charak-
teristische vorgeschichtliche Sammlung, ein-
gerichtet von Dr. G a n d e r t, enthält.
Berichtigung
Durch einen Druckfehler war in der 'Über-
schrift der Notiz über das neue Museum in Bar-
celona („Weltkunst“ Nr. 30 S. 4) statt von alt-
spanischer Kunst von „altjapanischer Kunst“ zu
lesen, was wir zu berichtigen bitten.
KUNSTHAUS MALMEDE
Antiquitäten • Gemälde alter Meister
KÖLN a. Rh., UNTER SACHSENHAUSEN 33
Direktion* Dr. A Breuer. Schriftleitung: Dr. Werner Richard Deusch. — Redaktions-Vertretungen für München: Ludwig F. Fuchs / Paris: M. L. Szecsi, 116 bis, Ay.d’Champs-Elys^es, Tel.: Elysees 77-68 / Rom:
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