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Zachariae, Theodor
Kleine Schriften zur indischen Philologie, zur vergleichenden Literaturgeschichte, zur vergleichenden Volkskunde — Bonn, Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.50105#0313

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Das kaudinische Joch.

299

Demütigung gewesen, zmückgewiesen hat. Das möchte ich be-
sonders betonen. Wer dem genialen englischen Forscher nicht bei-
zupflichten vermag, dem wird nichts anderes übrig bleiben, als
zur ,Symbolik4 seine Zuflucht zu nehmen. Schon Livius behauptet
an der Stelle, wo er das iugum zum ersten Male erwähnt (3, 28:
Sieg der Römer über die Aequer), daß die Kriegsgefangenen unter
dem Joch davonziehen mußten, ,ut exprimatur confessio subactam
domitamque esse gentem4; und H. Nissen gibt in seiner Beur-
teilung des Jochganges der Römer bei Gaudium allerdings zu, es
sei kein besonderer Schimpf gewesen, den 0. Pontius den gefangenen
Legionen antat, wenn er sie das Joch passieren ließ; aber dann
fügt er hinzu: die Symbolik deutet an, daß sich die Römer als
kriegsgefangen und nur durch Gnade in Freiheit gesetzt bekannten.1
Ähnlich erklärt Henri Gaidoz in seinem Buche über das Durch-
kriechen2 den Jochgang für einen Unterwerfungsritus (rite de sou-
mission). Er geht aus von dem Ras en gang, der als ein Heilritus
und auch als ein Zeichen der Unterwerfung vorkommt (oben
20, 148f.; 177), erinnert an das Werfen auf die Erde, an Ausdrücke
wie Mordre la poussiere ou la terre, Ins Gras beißen usf., und
unter den Belegen teilt er mit, was Baber in seinen Denkwürdig-
keiten von den Afghanen erzählt.3 Als Baber Afghanistan erobert
hatte, und als die Afghanen einsahen, daß weiterer Widerstand
vergeblich sein würde, da erschienen ihre Gesandten vor Baber
Gras im Munde haltend. Das sollte bedeuten: Wir gehören dir,
1) Gegen diese Erklärung habe ich mich bereits oben 20, 179 ausgesprochen.
So wendet sich auch Schwally bei der Besprechung von gewissen Bund-
schließungsriten (vgl. oben 20, 150ff.) mit Entschiedenheit gegen die symbo-
lische Theorie. ,Wenn auch bereits sehr früh aus diesen Riten ein symbolischer Sinn
herausgefühlt wurde, so muß derselbe doch schon um deswillen sekundär sein, weil
religiöse Motive immer älter sind als symbolische1 (Semitische Kriegs-
altertümer 1, 54 f.). Ich verweise noch auf die treffenden Bemerkungen von
W. Kroll in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen 1905, 243f. und von P. Sartori,
Sitte und Brauch 1, 15 f.
2) Un vieux rite medical 1892 p. 83. Ich habe mich zwar schon früher
über die von Gaidoz hier vorgetragene Ansicht geäußert, halte es aber für er-
sprießlich, hier noch einmal darauf zurückzukommen; ist doch Un vieux rite
medical ein seltenes, durchaus nicht allgemein zugängliches Buch. Übrigens
vergleiche man auch den Artikel ,La soumission par le Symbole de l’herbe4,
den Gaidoz in seiner Melusine 9, 33—34 veröffentlicht hat (mir jetzt nicht zu-
gänglich).
3) Ich benutze hier auch eine Mitteilung von G. A. Grierson, Indian Anti-
quary 20 (1891), 338f.
 
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