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Zachariae, Theodor
Kleine Schriften zur indischen Philologie, zur vergleichenden Literaturgeschichte, zur vergleichenden Volkskunde — Bonn, Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.50105#0331

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Ein salomonisches Urteil.

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halten soll (v. 35 5 tlff.), so stimmen diese Angaben fast wörtlich zu
Ren art 8948 ff.
Picot p. CXIV zerlegt die dramatisierte Erzählung im Mistere
ganz richtig in zwei Teile, deux legendes distinctes (Baumerbe 4-
Schießen). Wenn er aber hinzufügt: ,Sur Furie, l’histoire de cet
arbre legue par son proprietaire ä trois personnes differentes, nous
n’avons pu nous procurer aucun renseignement‘, so muß diese
Äußerung befremden. Offenbar hat Picot die Erzählung , Baumerbe‘
Gesta Nr. 196 und somit auch die merkwürdige Blutprobe, die dort
vorgenommen wird, gänzlich übersehen.1
3. gehört hierher das Exemplum de arbore diuisa bei Joseph
Klapper, Erzählungen des Mittelalters 1914 S. 389 Nr. 188. Ein
König hat vier Söhne. Von einem Baume, der mehr wert ist als
das ganze Königreich, soll der älteste Sohn alle Zweige, der zweite
die ganze Rinde, der dritte alle Wurzeln, der jüngste alle Früchte
nach dem Tode des Vaters erben. Noch bei Lebzeiten des Königs
erhebt sich der Streit um das Baumerbe. Um den Streit seiner
Söhne zu schlichten, läßt sich der von einer tödlichen Krankheit
befallene König an der Wand aufrichten und heißt die Söhne nach
seinem Herzen schießen. Der jüngste Sphn weigert sich zu schießen.
Ihm, der sich als treu erwiesen hat, spricht der König das Baum-
erbe zu.
4. In einer Exempelsammlung des Britischen Museums, Harley
7322, findet sich folgende Erzählung: Alexander bequeaths a cer-
tain tree to each of Ins three sons; judge bids them shoof atthe corpse,
and awards the tree to the youngest, who refuses to shoot: ,Refert
1) In der Anmerkung auf S. CXIV zitiert Picot nach Rabbinowicz, Legislation
civile du Thalmud 4, 181 (mir nicht zugänglich) aus dem Traktat Baba Bathra eine
Erzählung, von der er nicht mit Unrecht sagt, daß sie mit dem 1. Teil der Er-
zählung ,Baumerbe1 eine gewisse Ähnlichkeit besitze. Nach A. Wünsche, Der
babylonische Talmud in seinen haggadischen Bestandteilen 2, 2, 164 lautet die Er-
zählung: , Ein Mann sagte (als er im Sterben lag): Das Faß mit Erde komme an
den einen meiner Söhne, das Faß mit Knochen an den anderen meiner Söhne
und das Faß mit Wolle komme an den dritten meiner Söhne. Die Hinterlassenen
wußten nicht, was der Vater hiermit gesagt hatte. Sie kamen vor R. Banaa. Er
fragte sie: Habt ihr ein Feld? Ja! versetzten sie. Darauf jener: Habt ihr Vieh?
Diese: Ja! Jener: Habt ihr Kleidungsstücke (Polster)? Diese: Ja. Folglich hat das
euer Vater gemeint.1 — Unmittelbar auf diese Entscheidung folgt im Talmud
die Erzählung von dem Urteil des R. Banaa in dem Streit der zehn Söhne um
das väterliche Erbe (der echte Sohn wird daran erkannt, daß ei’ nicht auf das
Grab des Vaters schlagen will). Das ist die Erzählung, aus der man, wie schon
oben bemerkt wurde, die Erzählung .Schießen1 Gesta Romanorum nr. 45 her-
leiten will.
 
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