Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

DOI Artikel:
Weise, Georg: Die Krönung Mariä am südlichen Querhause des Straßburger Münsters und das Tympanon der Kirche zu Kaysersberg
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0064

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abhandlungen.

Die Krönung Maria am südlichen

Ouerhause des Straßburerer Münsters

und das Tvmpanon der Kirche zu

Kaysersberg«

(Mit 2 Abbildungen, Tafel III.)
^Skulpturen am südlichen
Querhause des Straß-
burger Münsters wer-
den heute meist etwa
auf die Zeit von [240
bis 1250 datiert.11 Da
bestimmte historische
nhaltspunkte fehlen, so
haben stilistische Gründe bei
dieser Datierung den Ausschlag gegeben.
Doch glaube ich, daß jener Ansatz etwas zu
spät ist. Das Tvmpanon der Kirche zu
Kavsersberg im Elsaß, eine, wenn auch äußerst
rohe Wiederholung der Straßburger Marien-
krönung, weist darauf hin. daß die Straßburger
Skulpturen doch etwas früher entstanden sein
müssen, als man bisher gemeinhin annimmt.
Das Weatporta] der Kaysersberger Kirche
sp.itromanische Formen. Das Gewände
EU beiden Seiten ist dreifach abgetreppt und
mit Säulchen besetzt. Diese haben noch ver-
hältnismäßig steile attische Eckblattbasen.
Unter den Kapitellen finden sich romani-
lierende Formen, bei denen die Kapitelle am
Westportal der benachbarten Kirche zu Si-
golsheim von Einfluß gewesen sein könnten,*)
neben primitiven frühen Knospenkapitellen.
Zwischen den Säulchen sind die Kanten des
Gewindes abgehut und mit Knöpfen be-
setzt. Ein gemeinsamer Kampfer mit t
nischem Blattornament umzieht über
Kapitellen der S.'lulen das ganze Gewände.
Die Umrahmung des Tympanons ist reich
durch Kundstäbe und Holilkehlen gegliedert.
Eine Hohlkehle, abwechselnd besetzt mit

Knöpfen und kleinen Rosetten, bildet die
austaste Umrandung.

Im Tynipanon die Krönung Mari.'i. Chri-
stus und Maria tttsen in d« Mitte auf einer

') VgL Dehio, .Handbuch der deutschen K

denkml]er< iv. s. .-{96.

') Vgl dir Abbildung bei Polaczek, «Der

II.

Bank, umgeben von zwei stehenden Engeln
mit Raucherfässern. Eine Inschrift bezeichnet
diese als Gabriel und Michael.8) Links in
der Ecke erblickt man ein kleines Männlein,
das ein aufgeschlagenes Buch mit beiden
Händen vor sich hält, in dem um ein Kreuz
der Name ,,Cunradus" zu lesen ist. Man hat in
dieser Figur den Stifter oder den Architekten
der Kirche sehen wollen.'1) Ich möchte eher
vermuten, daß an den Pfarrer des Ortes zu
denken ist.5) Buch und Kreuz scheinen mir
für diese Annahme zu sprechen. Aus der
Tracht werden sich keine Schlüsse mit Be-
stimmtheit ziehen lassen, doch könnte immer-
hin das lange, hemdartige Gewand, das bis
auf die Füße herabzufallen scheint, auf einen
Kleriker deuten.

Der Gedanke, in diesen rohen Skulpturen
eine Kopie nach dem Straßburger Tvmpanon
zu sehen, mag auf den ersten Blick etwas
befremdlich erscheinen. Doch zeigt die nähere
Untersuchung, daß sowohl die Anordnung
des Ganzen wie die einzelnen Bewegungs-
motive von dort übernommen sind. Eine
I recht auffällige Übereinstimmung findet sich
schon in der mittleren Gruppe. Beidemal
sitzt Christus links (vom Beschauer), eine
ziemlich ungewöhnliche Art der Anordnung,
da es sonst bei allen Darstellungen der Marien-
krönung die Regel ist, daß er zur Rechten
sitzt.6) Christus trägt eine Krone und den
Kreuznimbus und ist der Maria leicht zuge-
wandt. Mit der Linken setzt er ihr die Krone
aufs Haupt. Die Rechte hält er segnend er-
hoben. Mit demutsvoller Gebärde erhebt
Maria wie abwehrend die Hände. Alle diese
Züge finden sich genau so in Straßburg. Auch
in der Wiedergabe der beiden Engel hat sich
der Kaysersberger Künstler eng an das Straß-
burger Tvmpanon anzuschließen versucht.

') Diese Inschrift befindet sich über den Figuren. Sie
lautet MICHAEL-IHC'HIC-CORONAT-MARIA-
GABRIEL.

4I Vgl. !■'. X. Kraus, »Kunst und Alteitum in
Elsab-Lolhringen , Stialihurg |87t) ff-, H S. 198.

*) Alicb Dehiol Handbuch der drutschen Kunst-

denkmaler« IV S. 172, vermutet in diesei Gesteh einen
an der stittuny beteiligten Geisdieben.

*) Auf das Ungewöhnlich'1 dieser Anordnung am
;er Portal hat schon Kram a.a.O. S. 19^
aufmerksam gemacht.
 
Annotationen