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1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr 6.
200
Stesse hatten freilich auch seit der Zeit Hil-
gers von der Stesse (t 1333) eine kostbare
Privatkapelle in der benachbarten Laurenz-
kirche. In ein turmartiges Gebäude eingefügt
war schließlich auch die Kapelle des
Kamperhofes, die älteste im Bilde genauer
bekannte Hauskapelle Kölns. Ihr Grundriß
(Abb. 1) war anscheinend für kleine Kapellen-
anlagen typisch, gleicht ihm doch ganz der der
Bonner Helenenkapelle; wir können für die
Quintinskapelle im Garten der Gereons' lechanei
nach dem kleinen Bilde, das sich auf dem be-
kannten Plan der Gereonsimmunhät aus dem
XVII. Jahrh. befindet, dieselbe Anordnung
annehmen, die dann auch auf dem Lande
mehrfach wiederkehrt: an einen von einem
Gewölbejoch bedeckten Raum von fast qua-
dratischer Grundfläche schließt sich hinter
einem breiten Gurtbogen eine halbrunde Apsis
an. Beim Kamperhof ladet der Chor, da sich
die Kapelle in einem Obergeschoß befindet,
erkerartig aus, ähnlich einem Erker des unge-
fähr gleichzeitig gebauten Chorturmes an
St.-Maria-Lyskirchen, der auf WoensamsStadt-
ansicht zu erkennen ist. Im einzelnen weist
die Ausbildung der Kamperhofkapelle ganz
auf den rheinischen ..Übergangsstil" hin, wie
er sich etwa in der Apostelnkirche, Martins-
kirche, Kunibertskitche und in zahlreichen
Profanbauten kundgibt: der eigentliche Ka-
pellenraum zeigte ein sechsteiliges Gewölbe,
der Chor war durch drei einfache Spitzbogen-
fenster erhellt. Danach wird man annehmen
können, daß der Bau der Kapelle in die erste
Zeit fällt, in der das Kloster Kamp den weit-
läufigen Hof an der Machabäer- und Jo-
hannisstraße besaß, daß die Kapelle also bald
nach 1238 entstand15). Die Jahreszahl 1295,
die sich über dem zur Kapelle führenden Tor
des Hofes befunden haben soll, gab wohl die
Bauzeit eines anderen Bestandteils der Hof-
gebäude an.
Für die späteren Hauskapellen kommen
zwei Lagen in Betracht, eine solche im Erd-
geschosse (und dann anscheinend regelmäßig
in einem Hofflügel des Hauses) und eine
solche im ersten Obergeschosse. Im
Erdgeschosse liegende Kapellen hatten die
schon erwähnten Häuser Filzengraben l(j, der
Hof der Overstolz, und Rheingasse 8. Im
Erdgeschoß eines Anbaues, der freilich an eine
Straße angrenzte, lag auch die älteste erhal-
" Keussen, »Topographie«, II, Sp. 260a.
tene Hauskapelle Kölns, der ins Schnütgen-
Museum übertragene zweijochige Raum aus
dem Eckhause zum Pfau an der Sand-
bahn; diese Kapelle mit ihren einfachen Rippen-
profilen und dem gedrungenen Verhältnis
der Spitzbogen des Kreuzgewölbes stammt
wohl sicher aus der Zeit, als das Haus seinen
Namen erhielt, aus der ersten Hälfte des
XIV. Jahrh., in der zuerst Mitglieder des in
der Höhle ansässigen Patriziergeschlechtes vom
Pfau als Besitzer des früher den Hirzelin ge-
hörigen Hauses erscheinen"'). Vielleicht ent-
stand die Kapelle gleichzeitig mit den schönen
Deckenmalereien des Obergeschoßsaales, die
sich jetzt ebenfalls im Schnütgen-Museum be-
finden und auch auf die erste Hälfte des
XIV. Jahrh. hinzuweisen scheinen17). Das
Gewölbe der Kapelle wirkt besonders eigen-
artig durch die in einer Ecke angebrachte
Stichkappe, die hier durch die Anbringung
einer Tür zu dem nebenan gelegenen Sakristei-
raum erforderlich wurde, für welche sonst die
nötige Höhe gefehlt hätte. Die Decke und
die Wände dieser Sakristei waren mit Male-
reien in mittelalterlicher Weise geziert18).
Dagegen stammen die etwas süßlichen und in
den Farben matten Malereien auf den Ge-
wölbekappen und den Bogenfeldern der
Kapelle selbst oflenbar erst aus der zweiten
Hälfte des XVII. Jahrh., in welcher der damalige
Herr des Hauses, der gelehrte Priester Walter
Henriquez de Strevesdorf, die Kapelle neu
einrichtete19), oder gar erst vom Jahre 1699,
in dem der spätere Besitzer, der reiche Handels-
mann Jakob Liegeois, seiner Kapelle ein neues
Privileg erwarb.
Die Kapelle im „Pfau"(Tafel VI) hat bereits
den zweiwöchigen Giundriß, wie er später
regelmäßig bei den Eidgeschoßkapellen auftritt,
die danach meist eine schmale und gestreckte
Form erhalten. So war in dem stattlichen,
von Bürgermeister Gerhart Pilgrum um 1541
gebauten Hause Heumarkt 20 ein nur etwa
2,50 m breiter, schön gewölbter Raum vor-
handen, der wohl die Kapelle des reichen
Kaufherrn vorstellte. Einander ähnlich sind
u) Stadtarchiv, Schreinsbuch 463, f. 1.ria (1386).
") Auf dem Unteralge wechseln die Wappen da
Reichs und dei Königreichs Böhmen (Hauses Luxem-
burg) al>.
ls) Aufnahmen von Herrn Hainat Holle, Stadt.
Hochhamm t.
19) v. Mehring u. Reischert, Bischöfe und Erz-
bischöfe usw., S. 247.
1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr 6.
200
Stesse hatten freilich auch seit der Zeit Hil-
gers von der Stesse (t 1333) eine kostbare
Privatkapelle in der benachbarten Laurenz-
kirche. In ein turmartiges Gebäude eingefügt
war schließlich auch die Kapelle des
Kamperhofes, die älteste im Bilde genauer
bekannte Hauskapelle Kölns. Ihr Grundriß
(Abb. 1) war anscheinend für kleine Kapellen-
anlagen typisch, gleicht ihm doch ganz der der
Bonner Helenenkapelle; wir können für die
Quintinskapelle im Garten der Gereons' lechanei
nach dem kleinen Bilde, das sich auf dem be-
kannten Plan der Gereonsimmunhät aus dem
XVII. Jahrh. befindet, dieselbe Anordnung
annehmen, die dann auch auf dem Lande
mehrfach wiederkehrt: an einen von einem
Gewölbejoch bedeckten Raum von fast qua-
dratischer Grundfläche schließt sich hinter
einem breiten Gurtbogen eine halbrunde Apsis
an. Beim Kamperhof ladet der Chor, da sich
die Kapelle in einem Obergeschoß befindet,
erkerartig aus, ähnlich einem Erker des unge-
fähr gleichzeitig gebauten Chorturmes an
St.-Maria-Lyskirchen, der auf WoensamsStadt-
ansicht zu erkennen ist. Im einzelnen weist
die Ausbildung der Kamperhofkapelle ganz
auf den rheinischen ..Übergangsstil" hin, wie
er sich etwa in der Apostelnkirche, Martins-
kirche, Kunibertskitche und in zahlreichen
Profanbauten kundgibt: der eigentliche Ka-
pellenraum zeigte ein sechsteiliges Gewölbe,
der Chor war durch drei einfache Spitzbogen-
fenster erhellt. Danach wird man annehmen
können, daß der Bau der Kapelle in die erste
Zeit fällt, in der das Kloster Kamp den weit-
läufigen Hof an der Machabäer- und Jo-
hannisstraße besaß, daß die Kapelle also bald
nach 1238 entstand15). Die Jahreszahl 1295,
die sich über dem zur Kapelle führenden Tor
des Hofes befunden haben soll, gab wohl die
Bauzeit eines anderen Bestandteils der Hof-
gebäude an.
Für die späteren Hauskapellen kommen
zwei Lagen in Betracht, eine solche im Erd-
geschosse (und dann anscheinend regelmäßig
in einem Hofflügel des Hauses) und eine
solche im ersten Obergeschosse. Im
Erdgeschosse liegende Kapellen hatten die
schon erwähnten Häuser Filzengraben l(j, der
Hof der Overstolz, und Rheingasse 8. Im
Erdgeschoß eines Anbaues, der freilich an eine
Straße angrenzte, lag auch die älteste erhal-
" Keussen, »Topographie«, II, Sp. 260a.
tene Hauskapelle Kölns, der ins Schnütgen-
Museum übertragene zweijochige Raum aus
dem Eckhause zum Pfau an der Sand-
bahn; diese Kapelle mit ihren einfachen Rippen-
profilen und dem gedrungenen Verhältnis
der Spitzbogen des Kreuzgewölbes stammt
wohl sicher aus der Zeit, als das Haus seinen
Namen erhielt, aus der ersten Hälfte des
XIV. Jahrh., in der zuerst Mitglieder des in
der Höhle ansässigen Patriziergeschlechtes vom
Pfau als Besitzer des früher den Hirzelin ge-
hörigen Hauses erscheinen"'). Vielleicht ent-
stand die Kapelle gleichzeitig mit den schönen
Deckenmalereien des Obergeschoßsaales, die
sich jetzt ebenfalls im Schnütgen-Museum be-
finden und auch auf die erste Hälfte des
XIV. Jahrh. hinzuweisen scheinen17). Das
Gewölbe der Kapelle wirkt besonders eigen-
artig durch die in einer Ecke angebrachte
Stichkappe, die hier durch die Anbringung
einer Tür zu dem nebenan gelegenen Sakristei-
raum erforderlich wurde, für welche sonst die
nötige Höhe gefehlt hätte. Die Decke und
die Wände dieser Sakristei waren mit Male-
reien in mittelalterlicher Weise geziert18).
Dagegen stammen die etwas süßlichen und in
den Farben matten Malereien auf den Ge-
wölbekappen und den Bogenfeldern der
Kapelle selbst oflenbar erst aus der zweiten
Hälfte des XVII. Jahrh., in welcher der damalige
Herr des Hauses, der gelehrte Priester Walter
Henriquez de Strevesdorf, die Kapelle neu
einrichtete19), oder gar erst vom Jahre 1699,
in dem der spätere Besitzer, der reiche Handels-
mann Jakob Liegeois, seiner Kapelle ein neues
Privileg erwarb.
Die Kapelle im „Pfau"(Tafel VI) hat bereits
den zweiwöchigen Giundriß, wie er später
regelmäßig bei den Eidgeschoßkapellen auftritt,
die danach meist eine schmale und gestreckte
Form erhalten. So war in dem stattlichen,
von Bürgermeister Gerhart Pilgrum um 1541
gebauten Hause Heumarkt 20 ein nur etwa
2,50 m breiter, schön gewölbter Raum vor-
handen, der wohl die Kapelle des reichen
Kaufherrn vorstellte. Einander ähnlich sind
u) Stadtarchiv, Schreinsbuch 463, f. 1.ria (1386).
") Auf dem Unteralge wechseln die Wappen da
Reichs und dei Königreichs Böhmen (Hauses Luxem-
burg) al>.
ls) Aufnahmen von Herrn Hainat Holle, Stadt.
Hochhamm t.
19) v. Mehring u. Reischert, Bischöfe und Erz-
bischöfe usw., S. 247.