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1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr 6.
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ihre Anlage ist im jetzigen Diözesanmuseum
erhalten, die attikageschmückte vierachsige
Fassade in einer Zeichnung des Eigelsteintor-
museums vom Jahre 1844 überliefert11). Der
von Reinald von Dassel begonnene Palastbau
enthielt übrigens mehrere Kapellen 12).
Eine eigenartige Grundrißform hatte nach
einer Zeichnung der Plankammer des Stadt-
archivs (Nr. 165) die dem hl. Lambertus ge-
weihte Kapelle der Domdechanei, ein acht-
eckiger Raum von 13 preuß. Fuß Breite, an
dessen Schrägseiten sich drei halbrunde Nischen
und der Zugang zu einem Nebenraum, wohl
der Sakristei, be-
fanden. Eine ge-
rade Nische, viel-
leicht für den
Altar bestimmt,
war nach Westen
gerichtet; die
Kapelle stieß
dicht an die
Pfaffenpforte. Ob
der Zentralraum
etwa noch aus
der Gründungs-
zeit der Kapelle
(1076) stammte
oder aus der Zeit
des gotischen Stils
— man fand in
der Domdechanei
einige gotische
Baureste —, geht
aus der Grundriß-
zeichnung nicht
hervor; in derselben ist der Raum als „alte
Kapelle" bezeichnet, wohl im Gegensatz zu
dem um 1650 neu errichteten Palaisbau des
Domdechanten Grafen von Fürstenberg.
Die erste, in einem Laienwohnbau er-
wähnte Kapelle ist die dem hl. Nikolaus ge-
weihte des Burggrafenhofes (1257), die aber
zum Heim einiger Nonnen des Augustinerinnen-
ordens gehörte a). Häufiger kommen dagegen
Kapellen in bürgerlichen Wohnhäusern des
XIV. Jahrh. vor: außer den aus dieser Zeit
erhaltenen Beispielen sei die Kapelle des
Overstolzenhofes am Filzengraben ' 1 .-$48) ge-
ll) Abbild, in Baudri, «Organ für christl. Kunst«;,
X. Jahrg. (1860), Heft 1.
") Keussen, »Topographie«, II, Sp. 293b.
") Keussen, »Topographiec, I. Sp. 163b.
Abb. '2. Kamperhof mit Kapellenerker (abgebrochen) nach dem
Aquarell von Scheiner im Eigelsleintormuseum in Köln.
nannt. Im Jahre 1394 erteilte der Papst dem
Johannes Overstolz und seinem Schwager
Heinrich Hardefust das Recht zur Einrichtung
von Hauskapellen 14), deren Lagen noch nicht
zu bestimmen waren. Ob die in dem
romanischen Hause Rheingasse 8 gefundene
Kapelle, von der nichts erhalten ist, aus der
Erbauungszeit des Hauses oder von dem
Umbau, den es durch die Familie van Merle
im XV. Jahrh. erfuhr, herstammte, ist wohl
nicht mehr festzustellen.
Eine der ältesten bekannten Anordnungen
der Hauskapellen ist die in einem Unter-
geschoß eines
Turmes, die
sich bei den
Burgbauten und
Schlössern der
Rheinprovinz und
Westfalens häufig
findet und aus
den starken Mau-
ern des Turm-
unterbaues, die
ein Gewölbe
leicht aufnehmen
konnten, erklären
mag; in solcher
Lage war der
Raum besonders
gesichert und
jedenfalls gleich-
zeitig Kapelle
und letzter Zu-
fluchtsort für die
Menschen und
ihre Wertsachen in Zeiten der Gefahr.
In Köln enthielten die festen, achteckigen
Türme der St.-Georgs-Probstei und des Panta-
leonsklosters in den Untergeschossen scheine
Kapellen, hier eine dem hl. Georg geweihte,
wohl eine Schöpfung des Gründers des Stiftes,
des Erzbischofs Anno, dort die nach einer
Inschrift im Jahre 1100 von Erzbischof Fried-
rich geweihte St.-Laurentius-Kapelle. Vielleicht
gehörten auch die Gewölbe, die sich unten
in den Türmen der Vogtsburg zur Stesse am
St.-Laurenz-Platzund des Hofes zum Irregang
in der Machabäerstraße befanden, Kapellen
an; die reichen Besitzer des Hauses zur
") Stadtbibliothek, Zeitungsausschnitt Merlo I,
S. 104 ff.
1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr 6.
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ihre Anlage ist im jetzigen Diözesanmuseum
erhalten, die attikageschmückte vierachsige
Fassade in einer Zeichnung des Eigelsteintor-
museums vom Jahre 1844 überliefert11). Der
von Reinald von Dassel begonnene Palastbau
enthielt übrigens mehrere Kapellen 12).
Eine eigenartige Grundrißform hatte nach
einer Zeichnung der Plankammer des Stadt-
archivs (Nr. 165) die dem hl. Lambertus ge-
weihte Kapelle der Domdechanei, ein acht-
eckiger Raum von 13 preuß. Fuß Breite, an
dessen Schrägseiten sich drei halbrunde Nischen
und der Zugang zu einem Nebenraum, wohl
der Sakristei, be-
fanden. Eine ge-
rade Nische, viel-
leicht für den
Altar bestimmt,
war nach Westen
gerichtet; die
Kapelle stieß
dicht an die
Pfaffenpforte. Ob
der Zentralraum
etwa noch aus
der Gründungs-
zeit der Kapelle
(1076) stammte
oder aus der Zeit
des gotischen Stils
— man fand in
der Domdechanei
einige gotische
Baureste —, geht
aus der Grundriß-
zeichnung nicht
hervor; in derselben ist der Raum als „alte
Kapelle" bezeichnet, wohl im Gegensatz zu
dem um 1650 neu errichteten Palaisbau des
Domdechanten Grafen von Fürstenberg.
Die erste, in einem Laienwohnbau er-
wähnte Kapelle ist die dem hl. Nikolaus ge-
weihte des Burggrafenhofes (1257), die aber
zum Heim einiger Nonnen des Augustinerinnen-
ordens gehörte a). Häufiger kommen dagegen
Kapellen in bürgerlichen Wohnhäusern des
XIV. Jahrh. vor: außer den aus dieser Zeit
erhaltenen Beispielen sei die Kapelle des
Overstolzenhofes am Filzengraben ' 1 .-$48) ge-
ll) Abbild, in Baudri, «Organ für christl. Kunst«;,
X. Jahrg. (1860), Heft 1.
") Keussen, »Topographie«, II, Sp. 293b.
") Keussen, »Topographiec, I. Sp. 163b.
Abb. '2. Kamperhof mit Kapellenerker (abgebrochen) nach dem
Aquarell von Scheiner im Eigelsleintormuseum in Köln.
nannt. Im Jahre 1394 erteilte der Papst dem
Johannes Overstolz und seinem Schwager
Heinrich Hardefust das Recht zur Einrichtung
von Hauskapellen 14), deren Lagen noch nicht
zu bestimmen waren. Ob die in dem
romanischen Hause Rheingasse 8 gefundene
Kapelle, von der nichts erhalten ist, aus der
Erbauungszeit des Hauses oder von dem
Umbau, den es durch die Familie van Merle
im XV. Jahrh. erfuhr, herstammte, ist wohl
nicht mehr festzustellen.
Eine der ältesten bekannten Anordnungen
der Hauskapellen ist die in einem Unter-
geschoß eines
Turmes, die
sich bei den
Burgbauten und
Schlössern der
Rheinprovinz und
Westfalens häufig
findet und aus
den starken Mau-
ern des Turm-
unterbaues, die
ein Gewölbe
leicht aufnehmen
konnten, erklären
mag; in solcher
Lage war der
Raum besonders
gesichert und
jedenfalls gleich-
zeitig Kapelle
und letzter Zu-
fluchtsort für die
Menschen und
ihre Wertsachen in Zeiten der Gefahr.
In Köln enthielten die festen, achteckigen
Türme der St.-Georgs-Probstei und des Panta-
leonsklosters in den Untergeschossen scheine
Kapellen, hier eine dem hl. Georg geweihte,
wohl eine Schöpfung des Gründers des Stiftes,
des Erzbischofs Anno, dort die nach einer
Inschrift im Jahre 1100 von Erzbischof Fried-
rich geweihte St.-Laurentius-Kapelle. Vielleicht
gehörten auch die Gewölbe, die sich unten
in den Türmen der Vogtsburg zur Stesse am
St.-Laurenz-Platzund des Hofes zum Irregang
in der Machabäerstraße befanden, Kapellen
an; die reichen Besitzer des Hauses zur
") Stadtbibliothek, Zeitungsausschnitt Merlo I,
S. 104 ff.