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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Schneider, Joseph: Friedhof und Grabmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0219

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1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST _ Nr. 12.

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kommeneres an Friedhöfen ersinnen können,
wie den mit schönen Baumreihen und Mauer
eingeschlossenen Kirchhof mit der Kirche.
Und wie würde eine solche Anlage sich dem
neuzeitlichen Plane des Städtebaues hinsicht-
lich Schaffung großer Grünflächen und Park-
anlagen innerhalb der Großstädte herrlich
einfügen; nicht minder würde sie auch wieder
der schönste Schmuck der Dörfer werden.
Solange aber die heute ausschlaggebenden
Anschauungen die Verwirklichung solcher
Pläne verhindern, könnte man statt dessen,
wenigstens bei den in der Umgebung der
Großstädte gelegenen großen Friedhöfen, wie
es zum Beispiel in Freiburg i. B. vor ca.
200 Jahren geschehen, in der Mitte des Fried-
hofs eine besondere kleine Kirche mit voll-
ständiger Einrichtung für den Gottesdienst
errichten. Das Mindeste aber, was man als
Mittelpunkt eines jeden Friedhofs aufstellen
sollte, wäre ein großes Hochkreuz in monu-
mentaler Form. Hier möchte ich besonders
die im frühen Mittelalter beliebte Darstellung
des lebenden Gekreuzigten als König mit der
Krone empfehlen, die den Erlösungsgedanken,
den Sieg über den Tod, in gesteigerter Form
ausspricht.

Wie der Friedhof durch solch' einen hoch-
ragenden Mittelpunkt, der auch durch eine
etwas freie Lage hervorgehoben werden dürfte,
gleichzeitig einen Orientierungspunkt bekommt,
wenn die Hauptwege auf denselben auslaufen,
so bildet eine hohe, berankte Umfassungs-
mauer mit schattigen Baumreihen einen an-
genehmen Abschluß, eine weihevolle Raum-
wirkung, und gleichzeitig finden an der Mauer
entlang eine Menge Grabstätten mit Wand-
denkmälern den schönsten Platz. Sehr schön
sind oft die als äußerer Abschluß aufgebauten,
ganz um den Friedhof herum geführten, nach
innen auf Säulen und mit Bögen überwölbten,
nach außen auf hoher Mauer errichteten
Arkaden, unter denen die Grüfte und Wand-
denkmäler besonders günstig sich anordnen
(Abb. 3).

Es wurde schon der Übelstand betont,
daß nicht selten die Mietskasernen der Groß-
städte bis fest an die Friedhofsmauer vor-
gerückt sind. Es kann natürlich eine be-
friedigende Anlage nur geschaffen werden,
indem auch die direkte äußere Umgebung des
Friedhofs einen harmonischen Übergang zum
freien Felde oder zu bebauten Flächen bildet.

Am besten löst sich die Frage, wenn der
Friedhof in einem vorhandenen Waldkom-
plexe angelegt wird oder wenn der sehr zu
begrüßende Gedanke bedeutender neuzeit-
1 licher Städtebaukünstler verwirklicht würde,
den Großstädten in ihrem Innern weite
Grünflächen und Parkanlagen zu geben, denen
die Friedhöfe in schöner, weitausgedehnter
gärtnerischer Anlage eingefügt werden sollen.
Zum mindesten sollte man den Friedhof durch
Herumlegen einiger Baumreihen vor der
direkten Nähe der Hinterfronten vieler Häuser
schützen.

Die eigentlichen Gräberfelder können in
sehr verschiedener Weise den praktischen und
ästhetischen Anforderungen entsprechend an-
gelegt werden, je nach der verfügbaren Boden-
fläche und dem Bedarf an Grabstätten. In
Amerika hat man Friedhöfe in Form von
riesengroßen Wald- und Parkflächen angelegt,
die den Nebenzweck von Erholungsstätten
haben. In diesen sind die Grabstätten weit
verstreut an idyllischen Waldwegen angelegt
oder für die Minderbegüterten zu kleinen,
dichtbesetzten Gräberfeldern zusammenge-
schlossen, die in Waldlichtungen wie Dorf-
friedhöfe aussehen. Auch in Hamburg-Ohls-
dorf hat man unter Leitung des Architekten
Cordes eine ähnlich großzügige Anlage ge-
schaffen, die sich durch manche ruhige,
idyllische Waldpartien und prächtige Park-
bilder auszeichnet. Solch riesengroße Wald-
flächen aber stehen nicht an vielen Orten zur
Verfügung; doch auch mit viel kleineren
Bodenflächen, besonders wenn solche bereits
einen Waldbestand enthalten, kann man die
denkbar schönsten Friedhöfe anlegen. Das
beweist besonders der vom Architekten Grässel
in München geschaffene, vorbildlich scheine
Waldfriedhof, der ebenfalls herrliche Wald-
partien enthält, aber auch in den dicht-
besetzten Gräberfeldern durchaus angenehm
berührt (Abb. 1 u. 2). Wir haben hier den
Beweis, worauf es ankommt: Die großen Grab-
stätten mit entsprechend hohen Denkmälern
müssen durch grüne Laubwände abgeschlossen
werden; nie dürfen große und kleine Grab-
denkmäler direkt neben- oder hintereinander
stehen, sondern Ordnung und Gesetzmäßigkeit
müssen Ruhe und Harmonie in das Gesamt-
bild bringen. — Wo es wegen der Ausnutzung
des Bodens unbedingt notwendig ist, die
Gräber nahe zusammen zu bringen, da müssen
 
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