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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Schneider, Joseph: Friedhof und Grabmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0220

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393

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

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auch die Grabmäler kleiner und einigermaßen
einheitlich sein in allen Dimensionen (Abb. 1
u. 2). Man vermeide unter allen Umständen
den blendendweißen Marmor wie den schwarz-
polierten Granit, nehme statt dessen Muschel-
kalkstein, Tuffstein, verschiedene andere Kalk-
steine oder farbige Marmorarten, wie besonders
den Untersberger. Diese Steinarten sind in
jedem Klima haltbar und nehmen eine präch-
tige Patina an, die
jedenfalls mit der
Pflanzenwelt im schön-
sten Einklang steht.
Für bescheidene Grab-
kreuze, die auch für
wenig Geld in sehr
schöner Form geschaf-
fen werden können,
nehme man Eichen-
oder ein gutes Nadel-
holz oder Schmiede-
eisen und bemale sie
geschmackvoll mit teil-
weiser Vergoldung
(Abb. 2).

Ein besonders wich-
tiges Erfordernis ist,
daß man den Erd-
boden nicht, wie es lei-
der soviel geschehen,
durch viele kleine
Wege und hohe Stein-
oder Gittereinfas-
sungen zerschneidet
und so den Eindruck
der Enge verstärkt,
sondern durch eine
einheitliche Rasen-
decke bis fest an die
Grabhügel eine ruhige,

zusammenschließende Fläche schafft (Abb. 1
u. 2). Es sei hier besonders betont, daß
eine Besserung in den meisten Punkten nicht
von der Rücksichtnahme der einzelnen Grab-
stätteninhaber auf die Gesamtwirkung zu
erwarten ist, sondern nur von behördlichen
Vorschriften. In München, wo man heute
besonders vorbildliche Friedhöfe nach den

Abb. 5 Grabmal in Muschelkalkstein mit teilweiser Ver-
goldung (von Bildhauer Schneider).

Prüfung und Genehmigung einer Sachver-
ständigenkommission vorgelebt wird.

Auf diese Weise wird das Publikum ge-
schützt vor den Geschmacklosigkeiten der
Grabmalindustrie. Ein Entwurf, und sei er
nur zu einem hölzernen Grabkreuz, muß aus
der Hand eines künstlerisch gebildeten Bild-
hauers hervorgellen, und es ist weit besser,
ein schönes Kreuz wiederholt sich öfter, so
daß die Kosten des
Entwurfs für das ein-
zelne gering werden,
als daß man die ge-
fühllose Massenware
der Fabrikanten wählt.
Man lasse sich auch
nicht dadurch beirren,
daß die Fabrikanten
sagen, sie beschäftigten
in ihrem Betriebe auch
Künstler.

Die Ausführung
eines einfachen Grab-
mals kann nach dem
Entwürfe und den An-
gaben eines Künstlers
sehr wohl von einem
guten Handwerker be-
sorgt werden, und so
wird das Grabmal
nicht teurer, aber
sehr viel besser wie
die Fabrikwaren, die
schon durch das große
Lager sehr viel Ver-
zinsung erfordern. Daß
man sich bezüglich
Anschaffung zunächst
an den geistigen Ur-
heber eines Entwurfs,

nicht an einen Händler, Fabrikanten oder
Handwerker, wendet, um sich zu orientieren,
ist selbstverständlich. Man schaffe innerhalb
der durch die Rücksicht auf das Gesamtbild
gezogenen Grenzen Grabmäler, in denen sich
ein selbständiges Empfinden eines tüchtigen
Bildhauers und hin und wieder auch der
Lebensinhalt des Verstorbenen ausspricht,
Ideen des städtischen Baurats Grässel ge- | dann wird auch bei großer Einfachheit etwas
schaffen hat, verdankt man die Durchführung Gutes im einzelnen und Abwechslung bei
der letzteren den bestimmten städtischen Vor- aller Harmonie im ganzen herauskommen.
Schriften, die unter anderem auch verlangen, Über die Form der einzelnen Grabdenkmäler
daß von jedem Grabmal erst ein Entwurf zur läßt sich im Rahmen dieses Aufsatzes nui
 
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