Mitteilungen und Berithte.
Aus der Regierungszeit der ſchwediſchen Könige Guſtav IV., Karl XIII.
und Karl XIV. (des erſten Bernadotte).
Von Heinrich Martens.
Es iſt bekannt, daß der König Guſtav IV. von Schweden ſein Land durch
die von ihm befolgte unkluge Politik, durch ſeinen dummdreiſten Trotz gegen die
Uebermacht und durch einen blinden, fanatiſchen Glauben an übernatürlichen
Beiſtand unſäglich unglücklich gemacht hatte. Schon das Jahr 1808 begann für
Schweden unter düſteren und drohenden Ausſichten. Zu Anfang des März—
monats liefen Nachrichten in Stockholm ein, daß die Ruſſen die Grenzen Finn—
lands an verſchiedenen Punkten überſchritten hätten. Der ſchwache Widerſtand,
welcher ſchwediſcherſeits in der Eile geleiſtet werden konnte, war zurückgeworfen
worden, und nachdem die finniſche Armee Befehl erhalten hatte, ſich ohne Wider—
ſtand zurückzuziehen, ſtand das ganze Land dem Feinde offen. Da Schweden
keine Hilfe ſchicken konnte, mußte es Finnland ſeinem Schickſale überlaſſen. Der
allgemeine Unwille, welcher deswegen im ſchwediſchen Volke herrſchte, wurde
noch dadurch vergrößert, daß die Feſtung Speaborg verräteriſcherweiſe dem.
Feinde überliefert wurde. Auch Dänemark verleugnete ſeine gewohnte hinter—
liſtige Politik nicht; mit ſeiner Kriegserklärung an Schweden folgte ein Angriff
im Rücken von Norwegen aus. Demgegenüber waren in Schweden Nieder—
geſchlagenheit, Fehler und Planloſigkeit an der Tagesordnung; die Kriegsleitung
erteilte Ordres, Kontraordres, Desordres.
Das Jahr 1809 begann unter Verhältniſſen, welche eine allgemeine Ver—
nichtung und Auflöſung erwarten ließen, falls nicht ſchleunigſt kräftige Heilmittel
ausfindig gemacht werden konnten. Finnland war bereits verloren, Aland von
den Ruſſen eingenommen; die Ueberreſte der tapferen finniſchen Armee hatten
kapituliert; der Winter war ſo ungewöhnlich ſtrenge, daß die Truppen das Eis
bei den Alands- und Ovarkeninſeln paſſieren konnten; ein ruſſiſches Streifkorps
zeigte ſich bei Grißlehaum, ein anderes ſtattete Umea einen Beſuch ab. Die
unglückliche ſchwediſche Landwehr war infolge Verwahrloſung und mangelhafter
Zeitſchrift für Allgem. Geſchichte ꝛc, 1885. Heft I. 6
Aus der Regierungszeit der ſchwediſchen Könige Guſtav IV., Karl XIII.
und Karl XIV. (des erſten Bernadotte).
Von Heinrich Martens.
Es iſt bekannt, daß der König Guſtav IV. von Schweden ſein Land durch
die von ihm befolgte unkluge Politik, durch ſeinen dummdreiſten Trotz gegen die
Uebermacht und durch einen blinden, fanatiſchen Glauben an übernatürlichen
Beiſtand unſäglich unglücklich gemacht hatte. Schon das Jahr 1808 begann für
Schweden unter düſteren und drohenden Ausſichten. Zu Anfang des März—
monats liefen Nachrichten in Stockholm ein, daß die Ruſſen die Grenzen Finn—
lands an verſchiedenen Punkten überſchritten hätten. Der ſchwache Widerſtand,
welcher ſchwediſcherſeits in der Eile geleiſtet werden konnte, war zurückgeworfen
worden, und nachdem die finniſche Armee Befehl erhalten hatte, ſich ohne Wider—
ſtand zurückzuziehen, ſtand das ganze Land dem Feinde offen. Da Schweden
keine Hilfe ſchicken konnte, mußte es Finnland ſeinem Schickſale überlaſſen. Der
allgemeine Unwille, welcher deswegen im ſchwediſchen Volke herrſchte, wurde
noch dadurch vergrößert, daß die Feſtung Speaborg verräteriſcherweiſe dem.
Feinde überliefert wurde. Auch Dänemark verleugnete ſeine gewohnte hinter—
liſtige Politik nicht; mit ſeiner Kriegserklärung an Schweden folgte ein Angriff
im Rücken von Norwegen aus. Demgegenüber waren in Schweden Nieder—
geſchlagenheit, Fehler und Planloſigkeit an der Tagesordnung; die Kriegsleitung
erteilte Ordres, Kontraordres, Desordres.
Das Jahr 1809 begann unter Verhältniſſen, welche eine allgemeine Ver—
nichtung und Auflöſung erwarten ließen, falls nicht ſchleunigſt kräftige Heilmittel
ausfindig gemacht werden konnten. Finnland war bereits verloren, Aland von
den Ruſſen eingenommen; die Ueberreſte der tapferen finniſchen Armee hatten
kapituliert; der Winter war ſo ungewöhnlich ſtrenge, daß die Truppen das Eis
bei den Alands- und Ovarkeninſeln paſſieren konnten; ein ruſſiſches Streifkorps
zeigte ſich bei Grißlehaum, ein anderes ſtattete Umea einen Beſuch ab. Die
unglückliche ſchwediſche Landwehr war infolge Verwahrloſung und mangelhafter
Zeitſchrift für Allgem. Geſchichte ꝛc, 1885. Heft I. 6