diekrich nan Niem. .
Von
Theodor Cindner.
L
Das 14. und 15. Jahrhundert, welche das Ende des Mittel—
alters, den Anfang der Neuzeit umfaſſen, ſind der allgemeinen
Kenntnis unſerer Geſchichte in der Regel ziemlich fremd und
gelten oft für wenig auziehend. Das ungünſtige Urteil wie
das mangelhafte Wiſſen, welche ſich gegenſeitig bedingen und be—
einfluſſen, ſtammen aus mehreren Gruͤnden. Daß die geſchichtliche
Forſchung dieſe Zeiten bisher viel weniger berückſichtigt hat als
die vorhergehende und die nachfolgende Periode, iſt nicht allein
maßgebend. Die überreiche Fülle der Ereigniſſe in jenen Jahr—
hunderten läßt ſich ſchwer unker einheitliche Geſichtspunkte bringen,
und eine Scheidung des Wichtigen vom Unwichtigen iſt auf den
erſten Blick nicht leicht durchführbar; der tief einſchneidenden Vor—
gänge, welche an ſich die Aufmerkſamkeit feſſeln, gibt es für die
außerliche Betrachtung nicht allzu viele. Selbſt große Geſtalten
ſcheinen nur ſpärlich vorhanden zu ſein, und erſt, wer tiefer in
die Dinge hineinſieht, erkennt, daß namentlich das 15. Jahr—
hundert eine Fülle von bedeutenden Männern hervorgebracht
hat, denen allerdings häufig die Möglichkeit, ſich ganz und voll
zu entwickeln, durch die Verhältniſſe beſchränkt oder vorenthalten
wurde. Am wenigſten aber iſt bekannt, daß die beiden Jahr—
hunderte auf dem Gebiete des ſocialen und geiſtigen Lebens eine
Bedeutung haben, welche ihre Erforſchung zu einer zwar ſchwierigen,
aber auch höchſt dankbaren Aufgabe macht, und gerade hier muß
der Schwerpunkt der Erkenntnis liegen. Wer in dieſer Zeit nur
die troſtloſen, nie ruhenden und ewig gleichförmigen inneren
Fehden ergründen will, wer nur den Einzelheiten des großen und
kleinen politiſchen Treibens nachjagt, wird weder ſelbſt befriedigt
werden, noch andere befriedigen. Wenn irgendwo, gilt es hier,
Zeitſchrift für Allgem. Geſchichte c., 1885. Heft VI. 27
Von
Theodor Cindner.
L
Das 14. und 15. Jahrhundert, welche das Ende des Mittel—
alters, den Anfang der Neuzeit umfaſſen, ſind der allgemeinen
Kenntnis unſerer Geſchichte in der Regel ziemlich fremd und
gelten oft für wenig auziehend. Das ungünſtige Urteil wie
das mangelhafte Wiſſen, welche ſich gegenſeitig bedingen und be—
einfluſſen, ſtammen aus mehreren Gruͤnden. Daß die geſchichtliche
Forſchung dieſe Zeiten bisher viel weniger berückſichtigt hat als
die vorhergehende und die nachfolgende Periode, iſt nicht allein
maßgebend. Die überreiche Fülle der Ereigniſſe in jenen Jahr—
hunderten läßt ſich ſchwer unker einheitliche Geſichtspunkte bringen,
und eine Scheidung des Wichtigen vom Unwichtigen iſt auf den
erſten Blick nicht leicht durchführbar; der tief einſchneidenden Vor—
gänge, welche an ſich die Aufmerkſamkeit feſſeln, gibt es für die
außerliche Betrachtung nicht allzu viele. Selbſt große Geſtalten
ſcheinen nur ſpärlich vorhanden zu ſein, und erſt, wer tiefer in
die Dinge hineinſieht, erkennt, daß namentlich das 15. Jahr—
hundert eine Fülle von bedeutenden Männern hervorgebracht
hat, denen allerdings häufig die Möglichkeit, ſich ganz und voll
zu entwickeln, durch die Verhältniſſe beſchränkt oder vorenthalten
wurde. Am wenigſten aber iſt bekannt, daß die beiden Jahr—
hunderte auf dem Gebiete des ſocialen und geiſtigen Lebens eine
Bedeutung haben, welche ihre Erforſchung zu einer zwar ſchwierigen,
aber auch höchſt dankbaren Aufgabe macht, und gerade hier muß
der Schwerpunkt der Erkenntnis liegen. Wer in dieſer Zeit nur
die troſtloſen, nie ruhenden und ewig gleichförmigen inneren
Fehden ergründen will, wer nur den Einzelheiten des großen und
kleinen politiſchen Treibens nachjagt, wird weder ſelbſt befriedigt
werden, noch andere befriedigen. Wenn irgendwo, gilt es hier,
Zeitſchrift für Allgem. Geſchichte c., 1885. Heft VI. 27