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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 2.1885

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Mitteilungen und Berichte
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H.: Ein Tumult in Neapel im Jahre 1728
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https://doi.org/10.11588/diglit.52690#0645

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Mitteilungen und Beridste,

Ein Tumult in Neapel im Jahre 1728.

Der obere Teil des alten Neapel kann ebenſo als eine geiſtliche Gegend
bezeichnet werden, wie der untere als eine kommerzielle. Wer Volksgewühl,
bunte Läden, Geſchrei, kurz was man Volksleben nennt, ſehen will, geht durch
die engen Gaſſen von Pendino und Porto, wer ſich an verhältnismäßiger Stille
zwiſchen hohen Mauern, hie und da durch eine Palaſtpforte oder Kirchenthür
unterbrochen, erholen will, durchwandert die ebenſo engen Gaſſen, welche ſich
zwiſchen der letzten der großen parallelen Arterien Neapels, der Via dell' Anti—
caglia, ſo genannt von den Ueberreſten römiſcher Bauten, welche die Straße
überbrücken, und der alten Stadtmauer im Weſten und Norden hinziehen. Hier
drängt ein ehemaliges oder jetzt noch benutztes Kloſter das andere, ſo daß man
die Furcht begreifen kann, welche im vorigen Jahrhundert manche erfüllte, es
möchte ſchließlich der ganze Grund und Boden der Stadt Neapel in geiſtliche
Hände kommen.

Einen gewaltigen Raum nimmt hier das große Hoſpital der Incurabili,
die Caſa ſanta, ein, das ſich beſtändig zum Wohle der leidenden Menſchheit und
auch zum Nutzen der Studien erweitert hat, da es, nach Art der engliſchen
Spitäler, als nichtoffizielle mediziniſche Schule dient. Es wurde im An—
fang des 16. Jahrhunderts durch eine wohlthätige reiche Frau, Maria Longo,
geſtiftet. Die Pflege der Kranken übernahmen zwei neben dem Hoſpital ent—
ſtandene Nonnenklöſter vom 3. Orden des heil. Franziskus, gebildet aus
Frauen, welche ſich vom unſittlichen Leben zu Bußübungen und guten Werken
geflüchtet hatten; das eine genannt della Monaca di Legno, man weiß nicht
weshalb; das andere, von ſtrengerer Zucht, della Riforma. Im Hoſpital der
Incurabili waren in früherer Zeit außer gewöhnlichen und unheilbaren Kranken
auch Wahnſinnige, die eine beſondere weiße Kleidung trugen. Südlich ſtieß
an den weſtlichſten Teil der Incurabili das Kloſter der Hieronymitenmönche
ßrom Volke Padri Bottizelli genannt) S. Maria delle Grazie, und an dieſes
wieder im Süden das adlige Nonnenkloſter Regina Coeli, beide jedoch im
Oſten noch von den Gebäuden jener Franziskanernonnen begrenzt.
 
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