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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 2.1885

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Mitteilungen und Berichte
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Pechtl, Heinrich: Kardinal Mazarins Tod
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https://doi.org/10.11588/diglit.52690#0177

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Mitteilungen und Berichte,

Kardinal Mazarins Tod.
Von Heinrich Pechtl.

Es iſt ſo eigen das Sterben von einem, den ſchon die Mitwelt den Un—
ſterblichen beizählt.

Noch ſtehen ringsumher die ſtolzen Zeugen der Macht, die Merkmale ſeltener
Allgewalt, prunkende Beuteſtücke außerordentlicher Erfolge, der reiche Fruchtſegen.
ganz ungewöhnlichen Glückes unerſchüttert aufrecht, noch rieſelt der Quell der
Gnaden, noch rauſcht und klingt das leiſeſt geſprochene Wort kraftbeſchwingt
weit hinaus durch Berg und Thal, an der Wimper des einen hangen hoffend
und bangend die Blicke von Tauſenden, lauſchen dem letzten Atemzug, dem letzten
Pulsſchlag. Da — mit einemmale ſchwinden die Sinne, in ſtarrer Ruhe bleibt
die Blutwelle — es trübt ſich der Glanz und Schimmer ringsumher, die Farben
erbleichen, tiefe, ſchwere Schatten verſchlingen ſie, und alle die Herrlichkeit ver—
ſinkt wie ein wüſter Traum in Nebel und Nacht, ganz ſo wie bei uns gemeinen
Menſchenkindern.

Das ſchlägt nun mit dem Menſchen auch ſeine Außenwelt in Trümmer
und zwar überall in gleicher Weiſe; gleichwohl ſtirbt aber ein jeder ſo ganz
eigen in ſeiner Art. Wir denken dabei nicht an Magen, Lunge, Leber oder gar
die rätſelvolle Milz, vor einer Krankengeſchichte mögen uns die Muſen in Gnaden
bewahren, mit Schilderung pathologiſcher Zuſtände wollen wir darum niemanden
bedrohen; aber Mazarin, dem Kardinal, dem Regierer der Königin-Mutter, des
Königs und Frankreichs, dem Machterben Richelieus, in den Dämmerungen
ſeines ablaufenden Tagewerkes in die Seele ſehen, das wollen wir.

Kardinal Mazarin, nachdem er den Pyrenäiſchen Frieden (7. November 1659)
abgeſchloſſen und zugleich mit demſelben den Heiratskontrakt zwiſchen dem König
Ludwig XIV. und der Infantin Marie Thereſe unter eigentümlich-außerordentlichen
Schwierigkeiten glücklich zuſtandegebracht hatte, ſtand, größer als ein Feldherr nach
dem Siege einer entſcheidenden Schlacht, auf der Höhe des Glückes und der Gunſt.
„Der Friedenmacher“ hatte nur den Wunſch noch: entweder — Papſt zu werden,
 
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