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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 2.1885

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Hartfelder, Karl: Heidelberg und der Humanismus, 1, Erste Blütezeit des Humanismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.52690#0206

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194 Heidelberg und der Humanismus.

ſeines Lebens gelehrt hatte, wes Brot er aß, des Lied zu ſingen,
machte ſich unter dem Beiſtand des Matthias von Kemnat und
des kurfürſtlichen Geheimſchreibers Alexander Bellendörfer an die
Arbeit und verfaßte eine Reimchronik. Die Art und Weiſe, wie
Matthias an dieſem Werke ſich beteiligt hat, iſt noch nicht ganz
aufgehellt. Beheim ſagt zu Anfang ſeines Werkes, daß er ſeine
Chronik „durch Unterweiſung Matthis' von Kemnaten, der das
mehrerteil bei des Kurfürſten Geſchichte perſönlich geweſen ſei,“
gemacht habe. Sodann nennt er Matthias „ſeinen Geſellen“ bei
der Arbeit, den „Mitbeſchreiber dieſes Buchs“, „Mitdichter dieſer
Hiſtorie“ u. ſ. w. Nach dieſen Bemerkungen ſollte man faſt an—
nehmen, daß der Hofkaplan nicht bloß das Material geliefert,
ſondern bei dem Gedichte auch ſelbſt mit Hand angelegt hat.
Nicht undenkbar wäre freilich, daß das „Mitdichten“ ſich bloß auf
Beibringung und Anordnung des Stoffes bezog. Matthias hat
bei Beheims Werken jedenfalls geiſtige Patenſtelle vertreten und
darf einen Teil des eben nicht großen Verdienſtes dieſer Reim—
chronik für ſich beanſpruchen. _

Eein weiterer Vertreter der Frührenaiſſance, der bei ſeinem
gelehrten Vagabundenleben Heidelberg geſtreift hat, iſt Samuel
Karoch von Lichtenberg, oder de monte rutilo, wie er
latiniſiert heißt. Doch iſt bis jetzt nicht bekannt, wann er dahin
gekommen und wann er Heidelberg wieder verlaſſen hat. Wilhelm
Wattenbach, welcher den Spuren dieſes prahleriſchen und würde—
loſen Abenteuerers in den Handſchriften nachgegangen iſt, ſagt:
„Es iſt alſo eine ſichere Thatſache, daß Samuel ſich in Heidelberg
betrunken, auch daß er ſich längere Zeit dort aufgehalten hat.
Ebenſo haben wir keinen Grund zu bezweifeln, daß er dort Vor—
träge gehalten hat.“

Diejenigen zwei Gelehrten, welche ſich mit Karoch guellen—
mäßig bẽſchäftigt haben, nämlich Wattenbach und Voigt, ſprechen
von demſelben in Ausdrücken, welche eine Beſchäftigung mit dieſem
Manne nicht anziehend erſcheinen laſſen. So nennt ihn der erſte
einen „humaniſtiſch gefärbten Bänkelſänger, der eigentlich nur in
der gereimten Poeſie heimiſch war und vermutlich keine Hexameter
zu niachen verſtand,“ und von einem Karochſchen Gedichte ſpricht
er als von einem „Machwerk, in welchem Geſchmackloſigkeit und
Roheit um den Vorrang ſtreiten“. Voigt aber drückt ſich noch
ſtärker aus, wenn er ſagt, Karoch ſtehe „in der Stufenleiter der
geiſtigen Armſeligkeit und der Verlumptheit des Lebens noch be—
deutend unter Peter Luder“. In Italien habe er etwas von der
neuen Poeſie und Eloquenz verlauten gehört und ſich deshalb,
obwohl er davon ſo gut wie nichts, von andern Dingen abex gar
nichts gelernt, zum Dichter berufen gefühlt. In Leipzig ſei er
wié „ein miſerabler Bettler und als eine Art Spaßmacher“ ge—
 
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