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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Lang, Hugo: "Ausbildung der Sinne"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0102

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INNEN-DEKORATION

SANATORIUM AM KÖNIGSPARK — LOSCHWITZ

ERKER IN DER HALLE DES HAUPT-HAUSES

■AUSBILDUNG DER SINNE«

Ist das Streben nach Wohnlichkeit, das Verlangen nach
Form, Harmonie der täglichen Umgebung, die nach-
drückliche Beschäftigung mit Art und Gestaltung all der
Dinge des äußeren Lebens, etwas im Grunde Uberflüs-
siges? Ist es ungeistiges Genießertum, — oder lassen
sich tiefere, im Geistigen gegründete Rechtfertigungen
solcher materiell gerichteter Lebens-Äußerungen des Kul-
turmenschen finden? . . Sind nicht auch hier polwärts
gerichtete Kräfte am Werk? Haben nicht alle Dinge den
Drang nach einer »höheren Form«, nach Durchgeistigung?
Metalle, Stein, Holz, die Stoffe der Pflanzen, die Stoffe
der Tiere, sie alle dienen dem Menschen, um durch ihn
erhöht zu werden . . Wie soll anders, als im Dienst der
elementaren Bedürfnisse des Menschen, in Haus und
Hausrat, in den Schöpfungen des Handwerks und
der Kunst, die Materie diese Belebung, Beseelung er-
fahren? . . . Und wie können anders unsere Hände das
Leben, das durch die Dinge zu uns reden will, erfassen
und formen, als dadurch, daß wir unsere Sinne und
Nerven, diese einzigen Organe der Vermittelung zwischen
Geist und Materie immer feinfühlender gestalten? . .
Unbestechliche Prüfer, untrügliche Bewerter der Es-
senzen der Dinge, Anzeiger von Störungen und von Har-
monien sind unsere Sinne. Stumpfen wir diese feinenWerk-

zeuge ab, so berauben wir uns des Kontaktes mit der Natur,
entziehen uns einer Aufgabe, die uns gesetzt ist. Und je
mehr wir sie schärfen, umso tiefer dringen wir ein in alle
Äußerungen und Verkörperungen des lebendigen Geistes.

Prüfend, wenn auch oft unterbewußt, nimmt unser Ge-
hör all die tausend Schwingungen der Töne und Geräusche
des Alltags und der häuslichen Umgebung auf. Es vermerkt
die Klangfarbe, den Tonfall der Stimmen. Erschreckend
scharf scheidet das hörende Ohr Gut und Böse. Gerne
duldet es rhythmische Geräusche, sinnvolle Geräusche der
Arbeit, es bäumt sich aber gegen den sinnlosen Lärm. . .
Die Harmonie, den rhythmischen Ausdruck des tief-
sten Leidens und der höchsten Freude suchend, schuf das
Gehör die edlen Instrumente: Sorgt, daß die Musik im
Hause zum Genuß und nicht zur Plage werde! Übt Rück-
sicht! Allem Geistigen ist Ruhe dienlich, Lärm ist Unkultur.

+ _'

Nach physischer und seelischer Wärme im Heim ver-
langt unser Gefühl. Es bescheidet sich mit dem, was ihm
geboten wird, aber prüft stets und kennt das Bessere . .
Entscheidende Stimme in der Beurteilung alles Ge-
brauchs-Gerätes haben die »Tastkörperchen«, engverbün-
det zumeist mit dem kontrollierenden Auge. Sie wägen,
 
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