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INNEN-DEKORATION
PROFESSOR DR. OSKAR STRNAD
LEHNSESSEL IN EINEM WOHNRAUM
unterliegt hier dem künstlerischen Wollen und ist nur
Beschauer für die kurze Zeit seiner Aufnahmsfähigkeit..
Lampen sind »Lichtträger«. Licht selbst ist nicht formfä-
hig. Nur den Träger formen. . . Das moderne Licht ist
die Glühbirne: eine Maschine! Die kann niemals Seeli-
sches ausdrücken. Daher nicht bilden, keine »Beleuch-
tungskörper«, keine Lüster daraus bilden wollen. Nicht
mehrere schwächere Birnen statt einer verwenden. Diese
an dünner Kette gehängt (nicht am Kabel hängen lassen.)
oder auf dünnem Stab gestellt; sehr leicht machen. Nie
stärker, als wirklich notwendig ist. Zum Abblenden des
glühenden Drahtes lose, weiche, dünne Stoffe über die
Birne hängen. Das so klein als möglich machen. Nicht
durch den Stoff das Licht färben wollen, nur weißen Stoff
verwenden. Licht immer »zufällig« im Raum anbringen.
Nicht mit ihm »Architektur« machen wollen. Für be-
sondere Tage wirkliche, brennende Kerzen verwenden.
Auch der moderne Ofen ist Maschine. Auch diesen
so klein als möglich machen; auch ihn nicht »bilden«
wollen. Um ihn einen wärmeleitenden Körper bauen (aus
Ziegeln oder Kacheln), ihn selbst aber sichtbar lassen,
Keinen »modernen« Kachelofen machen wollen. Das ist
Romantik, uns heute fremd; gelingt nie rein. Keine alten
Ofen aufstellen. Alles Antiquarische ist Romantik, ist
nur Liebhaberei, aber nicht Leben; macht schwächlich.
Nur wirklich Ererbtes hat Recht mit mir zu leben . .
Das Einrichten der Wohnung: Klarlegen der
Lebens-Forderungen; Wohnen und Arbeiten trennen. Ar-
beitsraum ist nicht Wohnraum, Werkzeug ist nicht Möbel.
Nie verwechseln! (Büro-Schreibtische sind im Wohn-
raum unmöglich.) Vor allem »Wohnräume« — nicht
»Herrenzimmer« und »Speisezimmer« und »Empfangs-
zimmer« wollen.. »Wohnen« ist schließlich »Ausruhen«,
also Sitzen, Liegen und Gehen. Daher vor allem viele
Sessel (auch das Sofa und Bett ist »Sessel«, nicht
Kasten). Vielerlei Formen im selben Raum, sie müssen
alle: Ausruhen möglich machen .. Dann Tische. Diese
aber nicht in den Weg stellen. Den Weg frei lassen.
Auch nicht vors Sofa, immer daneben. Jedes Möbel sich
frei entwickeln lassen. Es ist für den Menschen bestimmt.
Also nicht Garnituren zusammenstellen! Die Tische klein
machen (klappbar), niedrig machen (60—65 cm hoch),
leicht machen, daß sie ohne Mühe weggestellt werden
können. Sonst nur wenig Möbel im Raum, und auch
diese so klein und leicht als möglich machen. Diese immer
so stellen, daß sich ihre Körperlichkeit voll entwickeln
kann. (Jedes Möbel hat seine eigene »Atmosphäre«.) Vor
allem den Raum »rein« erhalten. Nicht mit Bildern, son-
dern mit Stoffen und Blumen »schmücken«. Diese so
oft als möglich wechseln; denn auch der Raum »lebt«.
★
Diese prinzipielle Einstellung zu Raum und Form ist
»Kultur-Zustand«. Diesen vorausgesetzt — ist das Einrich-
ten einer Wohnung eine selbstverständliche Sache.. o. s.
★
»DIE INNERE KRAFT«
Nichts kann so sehr die Bekümmernis abschwächen und
aufheben, wie der im ganzen Leben fortwährende
Gedanke, daß es nichts gibt, was nicht geschehen könnte:
also das Nachsinnen über des Menschen Los, über des
Lebens Gesetz — und unsere Pflicht, ihm zu gehorchen.
Auf diesem Weg nämlich gelangen wir nicht dazu, immer
zu trauern, sondern dazu: nie zu trauern . . Denn wer
über die Natur der Dinge, die Wechselfälle des Lebens,
die Schwächlichkeit des Menschen- Geschlechts nachdenkt,
der wird bei solchen Gedanken nicht trauern, sondern
gerade dann aufs Höchste das Amt des Weisen ver-
richten! . . Gute Gedanken sollen wir uns machen, das
Schlimme vergessen . . Wenn ein Pythagoras, oder So-
INNEN-DEKORATION
PROFESSOR DR. OSKAR STRNAD
LEHNSESSEL IN EINEM WOHNRAUM
unterliegt hier dem künstlerischen Wollen und ist nur
Beschauer für die kurze Zeit seiner Aufnahmsfähigkeit..
Lampen sind »Lichtträger«. Licht selbst ist nicht formfä-
hig. Nur den Träger formen. . . Das moderne Licht ist
die Glühbirne: eine Maschine! Die kann niemals Seeli-
sches ausdrücken. Daher nicht bilden, keine »Beleuch-
tungskörper«, keine Lüster daraus bilden wollen. Nicht
mehrere schwächere Birnen statt einer verwenden. Diese
an dünner Kette gehängt (nicht am Kabel hängen lassen.)
oder auf dünnem Stab gestellt; sehr leicht machen. Nie
stärker, als wirklich notwendig ist. Zum Abblenden des
glühenden Drahtes lose, weiche, dünne Stoffe über die
Birne hängen. Das so klein als möglich machen. Nicht
durch den Stoff das Licht färben wollen, nur weißen Stoff
verwenden. Licht immer »zufällig« im Raum anbringen.
Nicht mit ihm »Architektur« machen wollen. Für be-
sondere Tage wirkliche, brennende Kerzen verwenden.
Auch der moderne Ofen ist Maschine. Auch diesen
so klein als möglich machen; auch ihn nicht »bilden«
wollen. Um ihn einen wärmeleitenden Körper bauen (aus
Ziegeln oder Kacheln), ihn selbst aber sichtbar lassen,
Keinen »modernen« Kachelofen machen wollen. Das ist
Romantik, uns heute fremd; gelingt nie rein. Keine alten
Ofen aufstellen. Alles Antiquarische ist Romantik, ist
nur Liebhaberei, aber nicht Leben; macht schwächlich.
Nur wirklich Ererbtes hat Recht mit mir zu leben . .
Das Einrichten der Wohnung: Klarlegen der
Lebens-Forderungen; Wohnen und Arbeiten trennen. Ar-
beitsraum ist nicht Wohnraum, Werkzeug ist nicht Möbel.
Nie verwechseln! (Büro-Schreibtische sind im Wohn-
raum unmöglich.) Vor allem »Wohnräume« — nicht
»Herrenzimmer« und »Speisezimmer« und »Empfangs-
zimmer« wollen.. »Wohnen« ist schließlich »Ausruhen«,
also Sitzen, Liegen und Gehen. Daher vor allem viele
Sessel (auch das Sofa und Bett ist »Sessel«, nicht
Kasten). Vielerlei Formen im selben Raum, sie müssen
alle: Ausruhen möglich machen .. Dann Tische. Diese
aber nicht in den Weg stellen. Den Weg frei lassen.
Auch nicht vors Sofa, immer daneben. Jedes Möbel sich
frei entwickeln lassen. Es ist für den Menschen bestimmt.
Also nicht Garnituren zusammenstellen! Die Tische klein
machen (klappbar), niedrig machen (60—65 cm hoch),
leicht machen, daß sie ohne Mühe weggestellt werden
können. Sonst nur wenig Möbel im Raum, und auch
diese so klein und leicht als möglich machen. Diese immer
so stellen, daß sich ihre Körperlichkeit voll entwickeln
kann. (Jedes Möbel hat seine eigene »Atmosphäre«.) Vor
allem den Raum »rein« erhalten. Nicht mit Bildern, son-
dern mit Stoffen und Blumen »schmücken«. Diese so
oft als möglich wechseln; denn auch der Raum »lebt«.
★
Diese prinzipielle Einstellung zu Raum und Form ist
»Kultur-Zustand«. Diesen vorausgesetzt — ist das Einrich-
ten einer Wohnung eine selbstverständliche Sache.. o. s.
★
»DIE INNERE KRAFT«
Nichts kann so sehr die Bekümmernis abschwächen und
aufheben, wie der im ganzen Leben fortwährende
Gedanke, daß es nichts gibt, was nicht geschehen könnte:
also das Nachsinnen über des Menschen Los, über des
Lebens Gesetz — und unsere Pflicht, ihm zu gehorchen.
Auf diesem Weg nämlich gelangen wir nicht dazu, immer
zu trauern, sondern dazu: nie zu trauern . . Denn wer
über die Natur der Dinge, die Wechselfälle des Lebens,
die Schwächlichkeit des Menschen- Geschlechts nachdenkt,
der wird bei solchen Gedanken nicht trauern, sondern
gerade dann aufs Höchste das Amt des Weisen ver-
richten! . . Gute Gedanken sollen wir uns machen, das
Schlimme vergessen . . Wenn ein Pythagoras, oder So-