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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Geron, Heinrich: Speisezimmer und Küche
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Tagore, Rabindranath: Segen der Arbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0068

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INNEN-DEKORATION

Koch? Aber man hüte sich, aus der Küche ein nüchternes
»Speise-Laboratorium« zu machen. Und man verwahre
sich davor, ihr den magischen Anstrich eines Druden-
Tempels zu geben, in dem zauberkundig Gesind mit dem
Rührlöffel die Geheimnisse der Kochkunst hütet. Die
Küche ist Zubereitungsraum, dieses und sonst nichts
macht ihr Wesen aus, so soll sie proper und freundlich
und appetitlich sein. Hier haben alle Dinge den Reiz des
althäuslichen Musikalismus, der geschruppte Boden, die
blinkende Kachelung, die blendend weiß getünchte Wand
und Decke, das bläulich-weiß Gestrichene: Richt-Tisch,
Stühle, Wandbretter und Gesims, die geschmirgelten
Handplatten, die blitzblanken Messingteile, der gebürstete
Spülstein, das Handbrett mit Hack- und Schneidmaschine
und der Bröselmühle, die Paniermehl mahlt, das Gesims
mit allen Geräten, Stämpern und Schuppern und Löffeln
und Reibeisen, mit Wellholz und Nudelbrett und Wieg-
hacke, der Aufsatz mit der Wage, der Gewürzkasten,
der Küchenschrank mit seinen dreißig Abteilen, der
Fliegenschrank und die Speisekammer mit ihren Regalen,

die Mehl- und Salzfässer an der Wand.....und dazu

die große Symphonie der Ordnung: in Reih und Glied
die Töpfe und Häfen und Kannen und Kumpen und
Teller und Gläser und Näpfe und Kessel und Pfannen
und Schüsseln und Backformen und alles was Geschirr
heißt, damit der Küchengeist so wacker exerziert. Die
eigentliche Musik der Küche aber kennt nur der Hand-
werker, wenn er sagt: es brät und bäckt und schmort und
brutzelt und wurlt und wellt, und noch eine andere Art
Genüsse kennt nur er, die Skala köstlicher Gerüche,

würziger Düfte und feiner Dämpfe, die ein Uneinge-
weihter wohl nie ganz versteht. . . . Ich erinnere mich,
vor Jahren einen vortrefflichen Mann gekannt zu haben,
der, wenn er übermüdet oder mißgelaunt oder von Sorgen
geplagt war, in seine Küche ging, um in ein paar Minuten
zu guter Laune zu kommen. Dieser Mann hat sicher in
seinem Hause die ideale Küche gehabt!.. Heinrich geron.



SEGEN DER ARBEIT.

In den Upanishad heißt es: »Nur mitten im Wirken
und Schaffen wirst Du wünschen, hundert Jahre zu
leben.« . . Kein Geschöpf muß so schwer arbeiten wie
der Mensch — und doch hat er immer wieder freiwillig
die Last neuer Mühen auf sich genommen. Er hat die
Wahrheit entdeckt, daß er größer ist als seine Gegenwart,
und daß der Stillstand sein Leben und den wahren Zweck
seines Daseins zerstört . . Darum nimmt der Mensch
Mühen und Leiden des Lebens auf sich, um über
seine Gegenwart hinauszuwachsen und das zu
werden, was er noch nicht ist. . . rabindranathtagore.

*

Der Mensch vervollkommnet sich durch seine Arbeit.
Die ganze Seele des Menschen wird von dem Augen-
blick an, wo er sich an eine zweckmäßige Arbeit macht,
in einen gewissen Grad von Harmonie versetzt. . . In der
Arbeit ist unvergänglicher Adel und Heiligkeit. Für
einen Menschen, der wirklich und ernsthaft arbeitet,
gibt es immer wieder Hoffnung. Nur in der Trägheit
allein liegt beständige Verzweiflung . . thomas carlyle

JEAN KRAMER. BRUNNEN-ANLAGE AM HAUSE B. TERRAKOTTEN: BILDHAUER CARSTEN KÜHL
 
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