Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0124
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"Mehr Laune im Heim"
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112
INNEN-DEKORATION
ARCHITEKT MAX W1EDERANDERS IN MÜNCHEN
WOHNZIMMER-MÖBEL. SCHWARZ- UND ROTLACK
»MEHR LAUNE IM HEIM!«
Mehr Humor, mehr gute Laune in unsere Zimmer!
Was kann uns denn anderes helfen in dieser schweren
Zeit als Frohsinn und ein bißchen Freude? Wie lustig
lassen sich manchmal Bilder hängen! Wie leicht ist es,
die paar Möbel so zu rücken, daß sie nicht mürrisch
herumstehen, sondern bewegt, anmutig und graziös! . .
Ich erinnere mich, daß im Wohnzimmer meiner seligen
Großmutter ein alter Barockspiegel hing aus geblasenem
Glas, der entzückend verzeichnete; er ist mir in meiner
Jugend Anlaß von tausend Späßen und vielem Gelächter
geworden. Als man in meinem Elternhaus einst den Be-
such eines als steif und hochoffiziell verschrienen Vetters
erwartete, räumten wir alles bewegliche Möbel aus dem
Empfangszimmer, und in die Mitte des Zimmers, auf den
Teppich, genau unter die Hängelampe wurde ein alter
ehrwürdiger, höchstmonströser Großvaterstuhl plaziert,
und über diesen witzigen Empfang befreundete sich der
steife, offizielle Vetter bald aufs herzlichste mit uns, und
das neueingerichtete Besuchs - Kabinett blieb wohl ein
halbes Jahr in diesem Gelegenheitszustand.......
Wahrlich, die nüchterne Sachlichkeit und der trockene
Ernst scheinen die Taufgaben unserer jungen Generation
zu sein. Aber es muß beileibe nicht alles erdacht, er-
grübelt und ertüftelt sein! Unsere jungen Leute machen
fast alle den Fehler, daß sie aus der Theorie zum prak-
tischen Leben wollen, aber man ist seit Adam Riese immer
nur aus der Nutzanwendung auf die Theorie gegangen.
Auch die meisten Künstler dieser Zeit sind so, sie theo-
retisieren, grübeln zu viel, sie arbeiten viel zu bewußt, —
anstatt »frisch von der Leber weg« zu schaffen! . . a. v. s.
INNEN-DEKORATION
ARCHITEKT MAX W1EDERANDERS IN MÜNCHEN
WOHNZIMMER-MÖBEL. SCHWARZ- UND ROTLACK
»MEHR LAUNE IM HEIM!«
Mehr Humor, mehr gute Laune in unsere Zimmer!
Was kann uns denn anderes helfen in dieser schweren
Zeit als Frohsinn und ein bißchen Freude? Wie lustig
lassen sich manchmal Bilder hängen! Wie leicht ist es,
die paar Möbel so zu rücken, daß sie nicht mürrisch
herumstehen, sondern bewegt, anmutig und graziös! . .
Ich erinnere mich, daß im Wohnzimmer meiner seligen
Großmutter ein alter Barockspiegel hing aus geblasenem
Glas, der entzückend verzeichnete; er ist mir in meiner
Jugend Anlaß von tausend Späßen und vielem Gelächter
geworden. Als man in meinem Elternhaus einst den Be-
such eines als steif und hochoffiziell verschrienen Vetters
erwartete, räumten wir alles bewegliche Möbel aus dem
Empfangszimmer, und in die Mitte des Zimmers, auf den
Teppich, genau unter die Hängelampe wurde ein alter
ehrwürdiger, höchstmonströser Großvaterstuhl plaziert,
und über diesen witzigen Empfang befreundete sich der
steife, offizielle Vetter bald aufs herzlichste mit uns, und
das neueingerichtete Besuchs - Kabinett blieb wohl ein
halbes Jahr in diesem Gelegenheitszustand.......
Wahrlich, die nüchterne Sachlichkeit und der trockene
Ernst scheinen die Taufgaben unserer jungen Generation
zu sein. Aber es muß beileibe nicht alles erdacht, er-
grübelt und ertüftelt sein! Unsere jungen Leute machen
fast alle den Fehler, daß sie aus der Theorie zum prak-
tischen Leben wollen, aber man ist seit Adam Riese immer
nur aus der Nutzanwendung auf die Theorie gegangen.
Auch die meisten Künstler dieser Zeit sind so, sie theo-
retisieren, grübeln zu viel, sie arbeiten viel zu bewußt, —
anstatt »frisch von der Leber weg« zu schaffen! . . a. v. s.