Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0266
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Geron, Heinrich: Altes und Neues vereint
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INN EN-DEKORATION
ALTES UND NEUES VEREINT
Unsere Wohnung sei so eingerichtet«, schreibt J. v.
Falke, »daß sie uns erlaubt, dasjenige, dessen wir
müde geworden sind, mit dem Besseren und Bequemeren,
wie es die im Fortschritt begriffene Zeit erschafft, zu
vertauschen; sie möge uns gestatten, Neues, das wir er-
worben haben, dem Alten gefällig einzufügen und mit
dem veränderten und gewachsenen Bedürfnis auch Ver-
änderungen und Erweiterungen vorzunehmen! So wird
die Geschichte unseres Lebens in der Geschichte
unserer Wohnung sich anmutig abspiegeln. . . Durch
solche Ve reinigung ererbten oder angesammelten Haus-
rats muß keineswegs der Eindruck der Unruhe, des Un-
passenden und Störenden eintreten . . Hat ein künstle-
rischer Sinn geherrscht, bindet ein ruhiger Hintergrund
das Zerstreute zusammen, so fühlen wir uns überrascht
von der malerischen Haltung und der harmonischen Wir-
kung, und niemand fällt es ein, daran Anstoß zu nehmen,
daß hier Jahrhunderte und Weltteile auf Zollänge anein-
andergerückt sind« .. »Die Erfahrung lehrt«, — sagt Licht-
wark, »daß, wer auf irgend einem Gebiet zu sammeln be-
ginnt, eine Wandlung in seiner Seele anheben spürt. Er
wird ein freudiger Mensch, den eine tiefere Teilnahme er-
füllt, der ein offeneres Verständnis zeigt für die Dinge« . .
Nun sind die schönen alten Dinge aus der Zeit unserer
Vorväter wieder höchlichst zu Ansehen gekommen:
Schränke und Truhen, Stühle und Lüster, Hinterglas-
malerei, Wachsbilder und Fayencen, gotische Plastik, Sil-
houetten, Krückstöcke und Tabatieren .. oh, diese Dinge
sind schön, ich sage kein Wort gegen sie. Aber sich einzig
und immer mit ihnen zu umgeben, hat manche Gefahr.
Wo bleibt das lebendige Verhältnis zu Dingen, wenn sie
Antiquitäten bleiben? . . Man mag diese Dinge wohl
haben, — auch ich liebe sie maßlos, — aber man muß
mit ihnen leben, wohnen und wirklich sein können,
Sammler sein heißt: kostbare, schöne Dinge, zerstreutes
Altes und Neues vereinigen, zu neuer, lebendiger Ein-
heit binden, heißt: diese Dinge lieben und in Liebe sie
wieder zum Leben erwecken, — sonst ist man nichts
als der sammelwütige Hüter schöner Schätze, ein elegi-
scher Museumsdiener in seinem eigenen Heim .. h. geron.
INN EN-DEKORATION
ALTES UND NEUES VEREINT
Unsere Wohnung sei so eingerichtet«, schreibt J. v.
Falke, »daß sie uns erlaubt, dasjenige, dessen wir
müde geworden sind, mit dem Besseren und Bequemeren,
wie es die im Fortschritt begriffene Zeit erschafft, zu
vertauschen; sie möge uns gestatten, Neues, das wir er-
worben haben, dem Alten gefällig einzufügen und mit
dem veränderten und gewachsenen Bedürfnis auch Ver-
änderungen und Erweiterungen vorzunehmen! So wird
die Geschichte unseres Lebens in der Geschichte
unserer Wohnung sich anmutig abspiegeln. . . Durch
solche Ve reinigung ererbten oder angesammelten Haus-
rats muß keineswegs der Eindruck der Unruhe, des Un-
passenden und Störenden eintreten . . Hat ein künstle-
rischer Sinn geherrscht, bindet ein ruhiger Hintergrund
das Zerstreute zusammen, so fühlen wir uns überrascht
von der malerischen Haltung und der harmonischen Wir-
kung, und niemand fällt es ein, daran Anstoß zu nehmen,
daß hier Jahrhunderte und Weltteile auf Zollänge anein-
andergerückt sind« .. »Die Erfahrung lehrt«, — sagt Licht-
wark, »daß, wer auf irgend einem Gebiet zu sammeln be-
ginnt, eine Wandlung in seiner Seele anheben spürt. Er
wird ein freudiger Mensch, den eine tiefere Teilnahme er-
füllt, der ein offeneres Verständnis zeigt für die Dinge« . .
Nun sind die schönen alten Dinge aus der Zeit unserer
Vorväter wieder höchlichst zu Ansehen gekommen:
Schränke und Truhen, Stühle und Lüster, Hinterglas-
malerei, Wachsbilder und Fayencen, gotische Plastik, Sil-
houetten, Krückstöcke und Tabatieren .. oh, diese Dinge
sind schön, ich sage kein Wort gegen sie. Aber sich einzig
und immer mit ihnen zu umgeben, hat manche Gefahr.
Wo bleibt das lebendige Verhältnis zu Dingen, wenn sie
Antiquitäten bleiben? . . Man mag diese Dinge wohl
haben, — auch ich liebe sie maßlos, — aber man muß
mit ihnen leben, wohnen und wirklich sein können,
Sammler sein heißt: kostbare, schöne Dinge, zerstreutes
Altes und Neues vereinigen, zu neuer, lebendiger Ein-
heit binden, heißt: diese Dinge lieben und in Liebe sie
wieder zum Leben erwecken, — sonst ist man nichts
als der sammelwütige Hüter schöner Schätze, ein elegi-
scher Museumsdiener in seinem eigenen Heim .. h. geron.