Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0353
DOI article:
George, Hugo C.: Die neue Handwerksromantik
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INNEN-DEKORATION
341
PROF. PAUL
LANG-KURZ
STUTTGART.
FRISIERTISCH
DIE NEUE HANDWERKS-ROMANTIK
Jede »Typisierung« ohne wesentlichen und engen Zu-
sammenhang mit dem Raum-Gedanken bedeutet ein
Steril-Werden des Formgefühls, eine Erstarrung, die immer
wesensleer bleiben muß. Ein wirklich gutes Möbel wird
der naiv-handwerklichen Art der Entstehung nie
entbehren können, es soll diese in ihrer unmittelbaren
Wirkung wiedergeben und nicht zu verbergen suchen.
Diese »Primitivität« des Handwerklichen ist selbstver-
ständlich nicht als Unvollkommenheit, sondern als Höchst-
leistung sorgfältiger Handwerks - Arbeit gedacht. Ob
solche echte Handwerks-Kunst heute noch gedeihen kann
und in ihrem Wert wieder erkannt wird, — das ist die
wesentliche Frage. . Ich glaube, daß die Loslösung der
rein handwerklichen Arbeit von der maschinellen
Massen-Produktion das Heil für unsere Wohnungen be-
deuten wird. Die Leistung jedes einzelnen Handwerkers
muß wieder »für sich« sprechen. Der natürliche Konflikt
zwischen schaffender Hand, Material und Werkzeug
muß wieder zur »handwerklichen Romantik« wer-
den, -— als Zeugnis für die Rückkehr des neuen Men-
schen zur individuellen Gestaltung . . hugo gorge.
Die kunsttechnische Qualität ist an das Einzelstück
gebunden, dessen Bestandteile die abwägenden Sinne
des Künstlers wählen und dem die Nerven der bildenden
Hand immer neue lebendige Form geben. Mechanik
und Massenware kann »geschmacklich« beeinflußt werden,
Kunst aber ist von der eigenwilligen Eingebung des
Augenblickes abhängig und durch die persönliche Voll-
endung des Werkes durch Menschenhand bedingt. Hat
der Rausch der Arbeit Seele ins Werk getragen, so ist
es Kunst . . Ich möchte am liebsten, daß man nicht mehr
von »Kunst« spräche, sondern daß wir, die wir uns damit
befassen, das Recht hätten, uns »Handwerker« zu nennen.
Unsere Arbeit soll uns wieder stolz machen, uns teil
haben lassen an dem, was früher die Handwerks - Ehre
galt. Ich weiß, daß man unserer Arbeit bereits vorwarf,
sie sei nicht im Geiste unserer Zeit der Autos und der
Flugzeuge, sondern durch das starke Betonen des Hand-
werklichen eine »romantische Richtung«. Nun gut:
die soll's auch sein! Nichts tut uns so not, als ein wenig
Romantik, um das Dasein schöner zu gestalten, um das
Leben überhaupt erträglich zu machen. . peter Behrens.
1922. x. 3.
341
PROF. PAUL
LANG-KURZ
STUTTGART.
FRISIERTISCH
DIE NEUE HANDWERKS-ROMANTIK
Jede »Typisierung« ohne wesentlichen und engen Zu-
sammenhang mit dem Raum-Gedanken bedeutet ein
Steril-Werden des Formgefühls, eine Erstarrung, die immer
wesensleer bleiben muß. Ein wirklich gutes Möbel wird
der naiv-handwerklichen Art der Entstehung nie
entbehren können, es soll diese in ihrer unmittelbaren
Wirkung wiedergeben und nicht zu verbergen suchen.
Diese »Primitivität« des Handwerklichen ist selbstver-
ständlich nicht als Unvollkommenheit, sondern als Höchst-
leistung sorgfältiger Handwerks - Arbeit gedacht. Ob
solche echte Handwerks-Kunst heute noch gedeihen kann
und in ihrem Wert wieder erkannt wird, — das ist die
wesentliche Frage. . Ich glaube, daß die Loslösung der
rein handwerklichen Arbeit von der maschinellen
Massen-Produktion das Heil für unsere Wohnungen be-
deuten wird. Die Leistung jedes einzelnen Handwerkers
muß wieder »für sich« sprechen. Der natürliche Konflikt
zwischen schaffender Hand, Material und Werkzeug
muß wieder zur »handwerklichen Romantik« wer-
den, -— als Zeugnis für die Rückkehr des neuen Men-
schen zur individuellen Gestaltung . . hugo gorge.
Die kunsttechnische Qualität ist an das Einzelstück
gebunden, dessen Bestandteile die abwägenden Sinne
des Künstlers wählen und dem die Nerven der bildenden
Hand immer neue lebendige Form geben. Mechanik
und Massenware kann »geschmacklich« beeinflußt werden,
Kunst aber ist von der eigenwilligen Eingebung des
Augenblickes abhängig und durch die persönliche Voll-
endung des Werkes durch Menschenhand bedingt. Hat
der Rausch der Arbeit Seele ins Werk getragen, so ist
es Kunst . . Ich möchte am liebsten, daß man nicht mehr
von »Kunst« spräche, sondern daß wir, die wir uns damit
befassen, das Recht hätten, uns »Handwerker« zu nennen.
Unsere Arbeit soll uns wieder stolz machen, uns teil
haben lassen an dem, was früher die Handwerks - Ehre
galt. Ich weiß, daß man unserer Arbeit bereits vorwarf,
sie sei nicht im Geiste unserer Zeit der Autos und der
Flugzeuge, sondern durch das starke Betonen des Hand-
werklichen eine »romantische Richtung«. Nun gut:
die soll's auch sein! Nichts tut uns so not, als ein wenig
Romantik, um das Dasein schöner zu gestalten, um das
Leben überhaupt erträglich zu machen. . peter Behrens.
1922. x. 3.