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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Wiederanders, Max: Der Architekt und seine Arbeit
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Riemerschmid, Richard: Der Stil der Zukunft
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0418

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INNEN-DEKO RATION

ARCHITEKT MAX W1EDERANDERS—MÖNCHEN

PAVILLON. »DEUTSCHE GEWERBESCHAU«

DER STIL DER ZUKUNFT

Für unsere Zukunft, und damit auch für ihren »Stil«,
will's mir so scheinen, als wenn das »Mannhafte«
das eigentliche Kennzeichen werden müßte. Uber das
selige, gläubige, von Spiel und Kunst und auch von
schuldlos-grausamem Egoismus umblühte Kindheits-Alter,
wie es uns aus der Antike und aus den Kulturen des
Ostens berückend und lockend anblickt, — und dann
über die Zeit des Gärens, der ruhelosen, gewalttätigen
Jünglingsjahre, — wie sie die endlosen Wirren des von
Sehnsucht glühenden Mittelalters und der protestieren-
den, revolutionierenden, an Zweifeln und an Erkenntnis
reichen Neuzeit des Abendlandes und des neuen Welt-
teils darstellen, — wächst die Menschheit hinaus in das

strengere, der Tat zugewandte »Mannes-Alter«.....

Die vergangenen Jahre haben uns um ein Stück vor-
wärts gestoßen auf diesem Wege zum Mannes-Alter,
in dem Schranken fallen, ein reifer Wille, eine klare Uber-
zeugung die Zügel ergreifen, entschlossenes Handeln mit
den harten Tatsachen fertig werden, und strenge Arbeit
in der Masse und mit der Masse geleistet werden muß. .
Das bedeutet nicht lauter Menschen, die kalte nüchterne
Rechner sind, — im Gegenteil: je mehr reife, entschlos-
sene Männer einander gegenübertreten, desto klarer stellt
sich heraus, daß gemeinsames Arbeiten, gemein-
sames Sich-Bilden und Sich-Gelten-Lassen vorteilhaft
ist. Und dann wird solche »Mannhaftigkeit« auch rühm-

liche Formen annehmen müssen! . Die Gesamtheit näm-
lich, die Gesamt-Gesinnung allein, kann den Formenkreis
der Gesamtheit hervorbringen, und wenn auch, — von
ihr getragen, — die Einzel-Gesinnung des genialen Men-
schen das Entscheidende und Höchste beitragen kann,
so kann solche Einzel-Leistung doch nie die Gesamt-
leistung ersetzen, kann einen »Stil« nie hervorbringen. .

JedeZeit hat irgendwo, vielleicht tief im Verborgenen,
auch ihre guten, edlen Eigenschaften, — in den Werk-
stoffen liegen sie auch immer bereit . . Aus den besten
Kräften ihrer Zeit können die Formen-Schaffenden ihren
Willen nähren, statt aus den bedenklichsten. Nachdrück-
lich wirken sie dann mit, eine Wendung zum Guten her-
beizuführen . . Wenn die »Form« nicht als Äußerlichkeit,
sondern als »Gestalt gewordene Gesinnung« er-
kannt ist, kommt damit auch ihr erzieherischer Wert zum
Vorschein, — der durch die immer gleichbleibende Wir-
kung vielleicht die größte Eindringlichkeit in sich trägt,
die überhaupt erreicht werden kann . . Denn dieser be-
harrliche, stille Einfluß bleibt ganz unbewußt — und so
gibt es auch kein Widerstreben. . Richard riemerschmid.



TJAUPT und GLIEDER. Je vollkommener, reicher
die Kunst wird, desto mehr einzelne Ganze gibt sie uns
in einem größeren einheitlichen Ganzen als voll-
kommene Teile zu genießen. . Friedrich von Schiller.
 
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