Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0253
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Rathenau, Walther: Schaffensfreude und Verantwortung
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INNEN-DEKORATION
241
ARCHITEKT LUDWIG KOZMA—BUDAPEST
HALLE IM HAUSE EINES KUNSTFREUNDES
SCHAFFENSFREUDE UND VERANTWORTUNG
Ehrgeiz hat in dieser Welt nie anders gewirkt«, so
urteilt Walter Rathenau in seinem Werk: »Me-
chanik des Geistes«, — »als schlaue Praktiken, kleine
Mittel und mittlere Zufalls-Erfolge. Näheren wir uns
aber den wahrhaft Großen, den Schöpfern der Gedanken
und Werke, so erkennen wir Menschen, die der Sache
dienen.. Die Leidenschaft, die sie bewegt, ist die gleiche,
die den echten Künstler, den Forscher, den Handwerker
und Bauern beseelt, sie heißt: Schaffens-Freude.
Ein weiteres Hochgefühl des tätigen Menschen muß sich
in ihnen zur herrschenden Empfindung steigern, zum Be-
wußtsein: zu einem Wirken berufen zu sein, das den
ganzen Menschen hinnimmt, das den rastlosen Kampf
gegen die eigene Unvollkommenheit verlangt, das nicht
ohne weiteres übertragbar ist und daher die Würde einer
persönlichen Last und Notwendigkeit verlangt. Dieses
Bewußtsein bezeichnen wir mit dem Namen der Ver-
antwortung . . Schaffens - Freude und Verantwortung
werden noch lange die menschliche Betriebs-Gemein-
schaft erhalten und führen, wenn der Motor des Ehr-
geizes längst erkaltet ist, und diese Kräfte werden um
so reicher und reiner wirken, je weniger sie vom Lohn,
Üppigkeit und äußerer Ehre versucht, bedrängt und be-
schmäht werden« . . »Unter solchen Bedingungen nimmt
die Arbeit eine neue Form an, deren Anfänge wir
heute schon erkennen . . Das große, aller Veredelung
zugrunde liegende Gesetz der »wiedergeborenen Natur«
tritt hier dann in besonderer Erscheinung zutage: was
ursprünglich aus Gier und Furcht geschah, geschieht aus
innerem Bewußtsein. Arbeit wird nicht Selbstzweck, aber
Menschenpflicht, Sache der Gemeinschaft. Daß mate-
rielles Glück nur im Schaffen und in der Verantwor-
tung gegeben ist, daß Arbeit: Menschenrecht und Men-
schendienst bedeutet, das ist der tiefe Sinn unseres welt-
lichen Standes« . . »Nur die Gesinnung, eine »innere
Wiedergeburt« schafft das neue Leben; den Gesinnungen
des neuen Lebens aber folgen widerstandslos Einrich-
tungen, Gesetze und Menschen« . . »Mit der Liebe zu
Menschen und Dingen wird wieder Wesentlichkeit auf-
steigen. Der materielle Beruf bleibt ernst, denn die Ver-
antwortung schützt ihn vor spielerischer Verflachung, aber
er verliert seine Endgültigkeit. Der Mensch richtet sich
auf und blickt wieder zu den Gestirnen empor, er wird zum
Freund der Menschen, der Dinge und der Mächte« . . R.
1922. VII. 2
241
ARCHITEKT LUDWIG KOZMA—BUDAPEST
HALLE IM HAUSE EINES KUNSTFREUNDES
SCHAFFENSFREUDE UND VERANTWORTUNG
Ehrgeiz hat in dieser Welt nie anders gewirkt«, so
urteilt Walter Rathenau in seinem Werk: »Me-
chanik des Geistes«, — »als schlaue Praktiken, kleine
Mittel und mittlere Zufalls-Erfolge. Näheren wir uns
aber den wahrhaft Großen, den Schöpfern der Gedanken
und Werke, so erkennen wir Menschen, die der Sache
dienen.. Die Leidenschaft, die sie bewegt, ist die gleiche,
die den echten Künstler, den Forscher, den Handwerker
und Bauern beseelt, sie heißt: Schaffens-Freude.
Ein weiteres Hochgefühl des tätigen Menschen muß sich
in ihnen zur herrschenden Empfindung steigern, zum Be-
wußtsein: zu einem Wirken berufen zu sein, das den
ganzen Menschen hinnimmt, das den rastlosen Kampf
gegen die eigene Unvollkommenheit verlangt, das nicht
ohne weiteres übertragbar ist und daher die Würde einer
persönlichen Last und Notwendigkeit verlangt. Dieses
Bewußtsein bezeichnen wir mit dem Namen der Ver-
antwortung . . Schaffens - Freude und Verantwortung
werden noch lange die menschliche Betriebs-Gemein-
schaft erhalten und führen, wenn der Motor des Ehr-
geizes längst erkaltet ist, und diese Kräfte werden um
so reicher und reiner wirken, je weniger sie vom Lohn,
Üppigkeit und äußerer Ehre versucht, bedrängt und be-
schmäht werden« . . »Unter solchen Bedingungen nimmt
die Arbeit eine neue Form an, deren Anfänge wir
heute schon erkennen . . Das große, aller Veredelung
zugrunde liegende Gesetz der »wiedergeborenen Natur«
tritt hier dann in besonderer Erscheinung zutage: was
ursprünglich aus Gier und Furcht geschah, geschieht aus
innerem Bewußtsein. Arbeit wird nicht Selbstzweck, aber
Menschenpflicht, Sache der Gemeinschaft. Daß mate-
rielles Glück nur im Schaffen und in der Verantwor-
tung gegeben ist, daß Arbeit: Menschenrecht und Men-
schendienst bedeutet, das ist der tiefe Sinn unseres welt-
lichen Standes« . . »Nur die Gesinnung, eine »innere
Wiedergeburt« schafft das neue Leben; den Gesinnungen
des neuen Lebens aber folgen widerstandslos Einrich-
tungen, Gesetze und Menschen« . . »Mit der Liebe zu
Menschen und Dingen wird wieder Wesentlichkeit auf-
steigen. Der materielle Beruf bleibt ernst, denn die Ver-
antwortung schützt ihn vor spielerischer Verflachung, aber
er verliert seine Endgültigkeit. Der Mensch richtet sich
auf und blickt wieder zu den Gestirnen empor, er wird zum
Freund der Menschen, der Dinge und der Mächte« . . R.
1922. VII. 2