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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Meyer, Karla: Heim-Gestaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0172

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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT LEO NACHTLICHT —BERLIN OBERE DIELE IM HAUSE DR. S. —GRUNEWALD

H EIM-G E S TA LTU N G

Wenn man Besuch macht und in ein Zimmer geführt
wird, ist es immer angenehm, wenn die Dame des
Hauses nicht gleich erscheint, — sodaß man Zeit hat,
umherzugehen und den Raum auf sich wirken zu lassen.
Aber wie oft ist er derart, daß man am liebsten sofort
wieder hinausliefe! Die Möbel schematisch aufgestellt wie
im Geschäft, wo man sie kaufte, der Wandschmuck
minderwertig und schlecht gehängt, Decken, Kissen, Tep-
pich: vielleicht jedes für sich ganz hübsch, aber in der
Zusammenstellung unmöglich. Der ganze Raum so un-
harmonisch, unpersönlich, daß man nicht begreift, wie
man darin leben kann. — Ein anderes Zimmer hinwieder:
nicht größer, nicht reicher und doch: es lebt, es hat Seele,
die Gegenstände kennen sich untereinander, sie bilden
eine innere Einheit! Der Tisch mit der Lampe und dem
Teppich; das Sofa mit den Bildern darüber, die die leicht
gerundete Linie der Lehne wiederholen; neben der Liege
an der Wand ein kleines Bücherbort, sodaß man ohne
Mühe greifen kann, was man für die Ruhestunde eines jeden
Tages nötig hat; der Eckschrank mit den Tassen und
dem Silberzeug der Großmutter, von denen jedes Stück
eine Geschichte hat; der Fensterplatz: auf weißem Fell
Nähtisch und ein bequemer Stuhl, daneben die kleine
Truhe, in der alles verschwindet, was man schnell aus
der Hand legen möchte; und dann die Schreibtisch-Ecke,

die allerpersönlichste! Viele kleine Gegenstände auf dem
Schreibtisch, die man gern in der Hand hält, Notwendiges
und Uberflüssiges, Bilder und Bildchen an der Wand,
Photographien, Erinnerungen aller Art. — In dieser, der
persönlichsten Ecke des Zimmers, darf man sich schon
etwas gehen lassen, darf ruhig auch ein Ding mal einen
Anflug von »Kitsch« haben. Es hat eben Affektionswert,

das gibt ihm hier seine Daseins-Berechtigung......

Ich bin Optimistin. Ich sage: aus jeder Wohnung
läßt sich mit den vorhandenen Möbeln und Sachen ein
»Heim« machen. Und Gott sei Dank, daß das so ist.
Die Hauptsache ist nur, daß man die rechten Sachen zu-
sammenstellt, und daß sie mit den kleinen Gegenständen
des Zimmers zu einer Einheit verbunden werden. Auch
minderwertige alte Möbel lassen sich mit einigem Ge-
schick oft noch in ihrer Wirkung verbessern. Und wie
viele von uns sind noch in der glücklichen Lage, daß aus
der guten alten Zeit Möbel vorhanden sind, vielleicht ver-
borgen in irgend welchen Räumen. Kommode, Eckschrank,
Spiegel aus schönem Mahagoni-, Eschen- oder Birnbaum-
holz. Es gibt noch viele Häuser, wo man solche Sachen
»finden« kann. Und welche Freude, wenn es dann ans
Umkramen und Einrichten geht! Wenn jedes Möbel einen
andern Platz bekommt, wenn Bilder umgerahmt und um-
gehängt werden, wenn Dinge, die früher nicht beachtet
 
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