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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Sponsel, Jean Louis: Das moderne Plakat, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0130

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D.iF moderne Malmt.

von Ludwig Rollfeld.

7?Vue Bewegung für das moderne künstlerische Plakat ist
bei uns immer noch in der ersten Entwickelung. Wie
glänzende Erfolge die Plakatkünstler auch schon errungen
haben mögen, wie viel über die neue Kunst der Straße auch
schon geschrieben sein mag, wie oft auch die Aufmerksamkeit
der Menge durch Konkurrenzen und Ausstellungen auf jenes
Gebiet hingelenkt wurde, man ist trotz alledem noch nicht
allgemein daran gewöhnt, in dem Plakat ein Kunstwerk zu
erblicken, weil eben die große Mehrzahl aller Plakate noch
einen durchaus unkünstlcrischen Charakter trügt. Das Pu-
blikum verlangt aber auch noch gar nicht, daß das Plakat
ein Kunstwerk sein solle. Das Publikum, das ist die große
Masse der Menschen, die noch nicht dazu erzogen sind, selbst-
ständig zu denken und sich über ihre Empfindungen Rechen-
schaft zu geben, hat überhaupt zur Kunst und zu jeder
kulturellen Weiterentwickelung nur ein sehr kühles Verhältnis.
Es ahnt noch kaum erst etwas von der gewaltigen Bewegung,
die allenthalben in unseren Kulturländern erwacht ist, und
die darauf hinzielt, die Kunst nicht als ein Erzeugnis des
Luxus und als Sonderbesitz der Reichen zu haben, sondern
sie überall, sowohl auf der Straße, wie in den öffentlichen
Gebäuden, ebenso wie in der Villa des vermögenden Mannes,
so auch in der Mietwohnung des Arbeiters, als Allgemein-
besitz des Volkes, tagtäglich unser Leben umgeben zu lassen
und auch bei dem einfachsten Gebrauchsgegenstand sie ange-
wandt zu sehen. Die künstlerischen Kräfte sind zahlreich
genug vorhanden, um dieser uralten, aber in unserem Jahr-
hundert lange genug verkannten Offenbarung wieder zum
lebendigen Ausdruck zu verhelfen. Sie suchen jetzt wieder,
anstatt durch Nachahmung von Stilformen früherer Perioden,
im engen Anschluß an die Formen der ewig jungen Natur
den praktischen Bedürfnissen des Lebens unserer Zeit sich
dienstbar zu machen. Erst wenn diese Bestrebungen breiteren
Erfolg errungen haben werden, und wenn wieder das Volk sowohl in seinem privaten wie in dem öffentlichen Leben
zu einer einheitlichen kulturellen Blüte emporgehoben sein wird, erst dann läßt sich hoffen, daß unter anderm
auch dem künstlerischen Ausdruck der Reklame allgemeine Beachtung geschenkt werden wird. Vorläufig aber
beweist uns die große Masse der schlechten Plakate auf den Straßen und in den Schauläden der Tabak- und
Spezereihändler, daß das Kunstempfinden der Menge durch einzelne, wirklich künstlerische Werke noch nicht
soweit hat herangebildet werden können, um an jenen traurigen Erzeugnissen Anstoß zu nehmen.

Das wird aber wohl die Plakatkünstler um so weniger in ihren Bestrebungen, der Kunst ein neues
großes Gebiet zu erringen, erlahmen lassen, als ja ihnen, die vielfach als Pioniere der „Kunst für Alle"
thätig gewesen sind, neuerdings durch das allgemeine Streben nach künstlerischer Ausgestaltung des Lebens
zahlreiche Bundesgenossen allenthalben erstanden sind. In der Bildung des Geschmacks sind immer die Künstler
vorangegangen, die Massen sind nur langsam nachgefolgt. Auf dem Gebiete des modernen künstlerischen
Plakates aber haben wenigstens die Kunstfreunde und Kunstforscher sehr bald die hohe Bedeutung der neuen
Entwickelung schätzen gelernt und haben mit allen ihren Kräften die Künstler in ihren Bestrebungen zu unter-
stützen gewußt.

Am schnellsten und am lebhaftesten ist dies in Paris der Fall gewesen, obwohl schon vorher in London
anerkannte Künstler mit Wort und Beispiel für das künstlerische Plakat gewirkt hatten. Die lauteste und aus-
gcbreitetste Anerkennung fand der bis jetzt fruchtbarste französische Plakatkünstler, seitdem er im Dezember 1889
eine Ausstellung seiner Werke veranstaltet hatte: Jules Chsret. Ein Sammler und Kunstschriftsteller, Ernest
Maindron, hatte schon vorher den Ruhm des modernen Plakates und seines hervorragendsten künstlerischen
Vertreters verkündet, doch wurden die Pariser erst durch jene Ausstellung von Lithographien und Zeichnungen
Cherets für die neue Kunst der Straße erwärmt. Man betrachtete von jetzt ab mit ungleich größerem

Die Reklame. F. LeDuesne pinx.

Abotographieverlag von Braun, Llement L Lo. in Dörnach.

Die Kunst für Alle XIII, 7. 1. Januar 1898.
 
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