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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Schumacher, Fritz: Aus meinem Londoner Skizzenbuch, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0035

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AuF meinem Londoner Skizzenduch.

von Frlh Schumacher.


man als Fremder über ein Land urteilt, wird
man immer verallgemeinern, zum Guten, wie zum
Bösen. Man sieht nur die schöne Farbe, die der Fluß
am Waldesufer hat, wenn man am Lande steht, und
wenn^man in der Mitte fährt, beachtet man vor allem
den Schutt, der in der Strömung treibt. —

Den Darwinschen Entwickelungsgedanken wird niemand
für die Kunst in Anspruch nehmen, der Museen durch-
wandert. In der Kunst macht es eben das Einzelwesen
und nicht die Entwickelungskette, die immer wieder neu
an Einzelwesen anknüpft. Ein wirklicher Künstler kann
überhaupt nicht durch einen anderen wirklichen Künstler
„übertroffen" werden,
und deshalb ist hier
Zeitepoche und Ent-
wicklung völlig gleich-
gültig. —

Wenn man durchs
Londoner Siraßen-
leben fährt, wundert
man sich, daß diese
Stadt in der Kunst
nicht statt präraphae-
litischer Feinfühler
lauter Hogarths her-
vorbringt; nur bis-
weilen, wenn man in
ein nervös-ätherisches
Frauenantlitz sicht,
versteht man's. —

Hogarth hätte das
Zeug dazu gehabt, ein
für alle Zeiten unge-
wöhnlich populärer
Künstler zu werden,
aber bei ihm be-
währt sich das Wort:

und habe der
Liebe nicht, so bin
ich nichts". Wie
anders betrachtet sein
deutscher Vetter Cho-
dowiecki, der bei uns
neuerdings wieder so
geschätzt wird, das
Leben. Sein Name
neben dem Hogarths
schildert den Unter-
schied zweier Völker
besser als manche Ab-
handlung. —

Die National Por-
trait Gallery giebt den
Schlüssel zu den stau-
nenswerten Erschei-
nungen eines Rey-
nolds und Gains-
borough. In England
reißt von Holbein an

die wirklich gute Por- Der Noniixonist Anton Bruckner.

trätkunst überhaupt nicht ab. Männer wie Dobson, Leih
und Walker sind interessante Zwischenglieder zwischen
Van Dyck und jenem frischen Aufschwung des 18. Jahr-
hunderts. —

Es hängt Wohl mit Shakespeares Erscheinung zu-
sammen, daß der Schauspieler hier von jeher in Kunst
und Leben eine solch ungewöhnliche Rolle spielt. Kean
und Garrick gehören noch heute zu den populärsten
Figuren Londons, deren Edelmut in den beliebtesten
Stücken wahre Orgien feiert. John Philip Kembles
Bild ist wohl das ausfallendste der ganzen National
Portrait Gallery und ohne seine Schwester Mrs. Sid-
 
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