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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Dollmayr, Hermann: Alte Bilderrahmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0214

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165

Alte Bilderrahmen.

von vr. Lermann Dollmavr.

Nachdruck verboten.

(s^in den letzten Jahren hat man den alten Bilderrahmen
wieder seine besondere Aufmerksamkeit zugewendet.
Man hat in einer Reihe von Vorlageheften und Sammel-
werken*) eine stattliche ^Anzahl beachtenswerter Muster


davon veröffentlicht und hat damit gezeigt, daß man die
Zeit für verflossen erachtete, wo es Künstler und Kunst-
freunde mit Gleichmut, als ein selbstverständlich Ding,
hinzunehmen pflegten, daß ein Handwerker, der Rahmen-
macher, die von ihnen geschaffenen oder erworbenen Werke
der Malerei mit seinem armseligen Gefüge waschgoldener
Leisten herausputze, das er aus immer vorrätigen, klafter-
langen Stäben zurecht schnitt. Man fand es der Würde
einer künstlerischen Arbeit abträglich, ihre Fassung stets
unter denselben bescheidenen Pröbchen zu wählen, die jener
Mann reihenweise geordnet und auf ein Brett genagelt
seinen Kunden vorzulegen Pflegte, ohne sich auch nur im
geringsten um die Tafel zu kümmern, die er mit seiner
Leistung mehr oder minder bleibend zu verunstalten
unternahm.

Die Künstler begannen daher, ihre Rahmen wieder
selbst zu entwerfen und die Sammler lugten sorgfältig

*) Ich verweise hier nur auf die von I. Lessing heraus-
gegebenen Vorbilderhefte der kgl. Museen zu Berlin (ebenda,
E. Wasmuth); auf die Publikation I. v. Falles, Sammlungen
des k. k. österr. Museums für Kunst und Industrie, Abteilung
Rahmen (Wien, Anton Schroll L Cie., 35 M.); auf die jüngst
erschienenen Bilder- und Spiegelrahmen von A. Dürer bis zum
Rokoko von A. Roeper u. H, Boesch (München, Josef Albert,
20 M.), und das prächtige Werk I.e coinici itLlisoe äallL metä, äel
secolo XVo s.I1o scorcio clel sscolo XVI» des CaV. M. Guggen-
heim (Milano, Ulrico Hoepli, 50 L-), denen die Illustrationen
dieses Aufsatzes entnommen sind.

nach den stillen Winkeln aus, wo noch einige gute Stücke
dem Verderben entronnen waren, das ihnen drohte, als
man in der Mitte des vorigen Jahrhunderts bei dem
allgemeinen Bilderraubzuge überall die Gemälde aus ihnen
herausriß und in die Museen schleppte, die Rahmen selbst
aber zerbrach, verschleuderte oder an ihrem Orte gleich-
gültig stehen ließ, weil man der guten Sache keinen besseren
Dienst zu leisten vermeinte, als wenn man alles unifor-
mierte, wie die Souveräne ihre Soldaten. Heute begreift
man es kaum mehr, daß man es je versehen konnte, daß
das Kunstwerk ein Individuum ist, das sein Kleid nach
seinem eigenen Schnitt verlangt und in einem fremden
Rock nur eine klägliche Rolle spielt. Man sieht den
Rahmen nicht mehr als ein zufälliges Ornament an,
sondern als den notwendigen Bestandteil jedes Tafel-
bildes, ohne den es nur halb seine Wirkung thut. Doch,
wir wollen unfern Blick nicht auf die Gegenwart und die
Zukunft richten, sondern wollen untersuchen, mit welchen
Augen ihn die vergangenen Zeiten betrachteten und was
für eine Aufgabe sie ihm zuwiesen.

Da sehen wir denn, daß der Rahmen nicht bloß
die Fläche, die dem Künstler zur Belebung gegeben war,
oder den scharfen Ausschnitt, den er sich aus der Natur
zur Nachbildung erwählt hatte, fest umreißen und wirksam
betonen sollte; denn dazu hätte ihm, wie bei den Wand-
 
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