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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Dollmayr, Hermann: Alte Bilderrahmen
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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Kunstliteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0220

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l-0

Alte Lilderrahmen. Don De. Hermann Dollmatzr.

äia.


schwach betont
Blättern und
daß man noch
andentete Mg.
die sich in den

gebrochen, mit Wap-
pen, Kronen und Em-
blemen dazwischen.
Der ganze Schmuck
der Dächer und Fas-
saden wird im kleinen
wiederholt, was zu-
letzt den Anstoß gab,
um die für die Haus-
andacht bestimmten
Bilder ähnliche Al-
täre zu bauen, wie
sie in den Kirchen
der Messe dienten.

Langsam aber stetig
verlor sich von da an
die strenge Architek-
tur. Die starren Li-
nien des Fensters, des
Portales wurden mit
Zierraten verdeckt,
die Umrisse des Ge-
mäldes nur mehr
und alles in ein dichtes Gewinde von
Blumen verschlungen Mg. 16). Kaum
hie und da ein Gitterwerk nach Laubenart
17). Ten Anfang dazu machten die Putti,
strengen Architekturen bereits zwischen die
Giebelstücke eingenistet hatten, um die sie Blumenkränze
flochten oder von denen sie herab Schleier und Bänder
wehen ließen. Allen solchen Schmuck, den man einem
Fenster bei festlichen Gelegenheiten zu geben pflegt, bildete
der Rahmen nach. Weinreben und Baumzweige rankeu
sich unü.ihn herum (Fig. 18), der unsterbliche Akanthus
klettert bald zierlichlocker, bald derb geschlossen (Fig. >9)
an seinem leichten Gestelle hinauf, bunte Bügel flattern
zwischen seinen Blättern und die Schmetterlinge der Kunst,
die Amoretten, schaukeln sich auf den Rosenkelchen. Ab
und zu mischt sich auch eine allegorische Figur darunter
Mg. 20), oder ein heraldisches Tier, das den Fesseln
seines steifen Wappens entsprungen ist.

Das Rokoko ersetzt den vergänglichen Blumenschmuck
durch seine Muschelformen (Fig. 21 und 23), baut sie
an allen Kanten auf, bildet wunderliche Spitzen daraus,
knickt als Feind alles Regelmäßigen die ihm überall zu
lange gradhinlaüfenden Ränder ein, schiebt die Seiten aus
ihrer Symmetrie und bewegt den Kontur, bis er aller Regel
Hohn spricht. Jeder neue Rahmen, der uns in die Hände
fällt, zeigt, wie man das Thema zu variieren verstand,
bald einfach den Satz wiederholend, bald ihn umschreibend,
oder seine Zierglieder mit großer Kunst erweiternd. Hatte
die Malerei den Vorzug der führenden Stimme, so ge-
bührte dem Rahmen das Verdienst der stilvollen Begleitung
und wenn sich unsere Großväter mit ihrer nüchternen
Kleidung am besten im steifen „Ochsenaugenrahmen" aus-
nahmen, so verlangte dafür die stolze Gewandung unserer
Ahnen mit ihren Seidenzeugen, den Spitzen und Feder-
hüten eine Umrahmung, die gleich den Wellen ihrer
Allongeperrücken, jeder festen Linie abhold war und ein
lockeres System krauser Schnörkel einzig nach ihrem Ge-
schmacke fand.

Erst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, als man
dem Allzubewegten wieder strengere Formen entgegensetzte,

suchte man von neuem die feste Leiste oder den starren
Reifen hervor, faßte sein Kunstwerk eng damit zusammen,
schnitzte (Fig. 22) am oberen Rande des Rahmens, um
seinen Tragring, die Masche einer einfachen Bandschleife
nach, welche die Meinung erwecken sollte, daß sie das
Ganze, gegen jeden Unfall sicher, an dem Nagel in der
Wand festhalte, und steckte höchstens ein Lorbeerzweiglein
oder ein Bergißmeinnichtstcngelchen dahinter, wie es das
Rähmchen hat, in dem Großmutter als Braut Großvater
ihre Silhouette zum Gedächtnis ihrer jungen Liebe schüchtern
verehrte.


ft 8. Berlin. Hugo-Vogels Wandmalereien in
Merseburg. Oft, und besonders eindringlich in dieser Zeit-
schrift, wurde schon darüber geklagt, daß moderne Maler keine
Geschichtsbilder mehr malen. Solange die Modernen kämpften,
thaten sie gut, an der Historie vorbeizugehen. Sie fanden Besseres
und für ihre Ziele Nützlicheres zu malen. Aber daß die Sieg-
haften sich das dankbare Gebiet der Historienmalerei zurückerobern
würden, wäre leicht vorherzusagen gewesen. Der Hinweis auf
die Dichtkunst hätte dafür genügt. Mancher kampfesfrohe, mo-
derne Dichter hat wieder historische Stoffe bearbeitet. Dichter
und Maler können des geschichtlichen Vorwurfs nicht durchweg
enlraten. Und wie sich Geschichte modern dichten läßt, so auch
modern malen. Freilich von der Geschichtsmalerei, wie sie dieses
Jahrhundert grobzog, wird sich die neueste unterscheiden müssen.
Sie wird darauf verzichten, die Weltgeschichte zu illustrieren, von
Gelehrten sich das Programm schreiben zu lassen und Vorzugs-
 
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