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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Sponsel, Jean Louis: Das moderne Plakat, [1]
DOI Artikel:
Mendelsohn, Henriette: Das Kunstjahr 1897
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0137

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von Ludwig Hollfeld. — Das Aunstjahr 18I7. Von Henriette Mendelsohn. 103

LirLÜclis in Bergamo sind für die Zeitschrift „Emporium" für jede Monatsnummer künstlerische Ankündi-
gungen angefertigt, deren Urheber aber meist nicht genannt werden. Das Mailänder Haus G. Ricordi L Co.
hat ebenso wie für seine Notenumschläge, so auch für die Opernankündigungen eine Reihe tüchtiger Künstler
zu gewinnen gewußt, die in der Hauptsache die Technik und Stilistik Cherets und seiner Pariser Nachfolger
mit vielem Geschick anfzuwenden wissen. Den eigenartigsten Charakter tragen bisher aber einige in Rom ent-
standene Plakate, unter denen die von Mataloni in dem Istltuto cartoZraüco itmliano für Auersches Gas-
glühlicht (s. Bilderbeilage) und für Auersches Petroleumglühlicht hergestellten die künstlerisch bedeutendsten sind.
Besonders das erstere von beiden ist ein ohne Anlehnung an fremde Manier entstandenes und in seiner Weise
vollkommenes Kunstwerk. In seiner vornehmen Stilisierung und der sorgfältigen, wohldurchdachten Komposition
hat es noch am ehesten Verwandtschaft mit der Kunstweise eines Grasset. Die Wahl des Motives zeugt von
hoher künstlerischer Reife seines Meisters, und die Ueberlegenhcit des Glühlichtcs vor dem gewöhnlichen Gas-
licht kommt in dem Bilde zu augenfälligem Ausdrucke. Es sind für die fortgeschrittenste Plakatrichtung viel-
leicht etwas zu viel Farbenplatten angewandt, auch sind nicht besonders leuchtende Farben verwendet worden.
Indessen sind in Bezug auf den ersten Punkt wohl die reichen Mittel der Besteller maßgebend gewesen; und
von einer unnützen Verschwendung von Farbenplatten, wie sie im Verhältnis zu dem Erreichten an den alten
chromolithographisch hergestellten Plakaten in der Regel zu bemerken ist, kann in einem solchen Falle durchaus
nicht gesprochen werden. Das Blatt hat Plakatstil und es ist ein hohes dekoratives Kunstwerk. In seinen
nackten Farben erinnert es etwas an Freskotechnik und diese Farben geben zugleich einen ruhigen Hintergrund,
von dem aus die Leuchtkraft des Glühlichtes, soweit solche überhaupt im Bilde gezeigt werden kann, zu leb-
hafter, überzeugender Wirkung gelangt. Wenn Meister wie Mataloni dem Plakate in Italien ihre Kräfte
widmen, so wird der künstlerische Charakter des modernen italienischen Plakates immer sehr hoch stehen.

(Ein zweiter Artikel folgt im nächsten Heft.)

Das Aunstzahr 1897.

von Denriette Mendelsohn. Nachdruck u°rbo.°n.

as Jahr 1897 war das Jahr der Kunstausstellungen
par exceilence. Wohin man den Wanderstab setzte,
in Nord und Süd die großen Internationalen, während
im Herzen Europas der Festruf „Evviva Böcklin" alles
übertönte.

Man konnte bereits Anfang Mai in Kopenhagen
beginnen, als noch der Regen durch das schlecht gefügte
Dach auf eine schlecht gefügte Ausstellung hernieder-
träufelte, als noch Gräser zwischen den Balken des Fuß-
bodens als Kassandrazcichen aufschossen — ein vorzeitiges
Symbol der ständigen Oede. Man konnte „Allerheiligen"
in München endigen, als man die Kataloge bereits zu
halben Preisen verkaufte, und der Herbstnebel manches
rein „Persönliche" Werk mildernd dämpfte.

Dazwischen eine vornehme Ausstellung in Stock-
holm, eine raffiniert elegante in Dresden und eine
einfache, aber höchst sympathische in Venedig.

Was war das Kunstereignis dieses Jahres? Keine
neue maßgebende Künstlerpersönlichkeit, keine keimende
neue Richtung. Nur die Quittung über gewisse Strö-
mungen der Gegenwart.

Von einem Kampf zwischen modern oder unmodern
ist nicht mehr die Rede — auch der materielle Sieg ist
auf seiten der Neuen: der schlagende Beweis ist das Re-
sultat der Dresdner Ausstellung. Bewußt oder unbewußt,
mit mehr oder weniger Talent ziehen alljährlich selbst
ältere Künstler ins Lager der Jungen: der Nachahmungs-
trieb ist so gut ein Naturgesetz wie das Beharrungs-
vermögen.

Innerhalb der neuen Kunst selbst herrscht längst
eine Doppelrichtung. Das Jahr 1897 zeigt bei allen
Nationen eine Steigerung nach der Seite der antinatura-
listischen Bewegung. Ihr Stoffgebiet ist die Phantasie:
ihre Vortragsweise verklungene Künstepochen oder fernen

Völkern entlehnt. Nur Holland hält noch treu den
alten Fahneneid des Realismus. Auch an norwegischen
Gestaden landeten nur vereinzelt Meerfrauen und Heilige.

Allen voran mit vollen Segeln eilt Belgien, Eng-
land und Schottland ins Land der Phantastik.

Leon Ad. rvillette fee.
 
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