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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Katsch, Hermann: Vom Theatermaler
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0470

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Lig.Modell der Dekoration im ö. Akt äür das „Deutsche Theater" in Berlin

von Sudermanns „Johannes". entworfen von F. Bukacs.

Vom Theatermaler.

von Hermann Latsch.

enn wir in dem Aufsätze über Deckenmalerei*) dadurch,
daß wir die Gedanken unserer Leser stets an den
Plafond eines Gebäudes zu heften suchten, suggestiv eine
gewisse Ermüdung des Genickes herbeiführten, so wollen
wir heute zur Erholung uns mit den Malern beschäftigen,
die ihre Arbeit stets mit gesenktem Haupte verrichten,
mit den Malern, die ihre Arbeit mit Füßen treten, ehe
dieselbe von uns gesehen und bewundert werden kann —
mit den Theatermalern.

Der Erfolg so manchen Schaustückes ist auf Rech-
nung der „Ausstattung" gesetzt worden und in über-
schwenglichen Worten hört man hie und da eine Auf-
führung der prächtigen Dekorationen wegen loben, ein
Lob, in welches sogar die Künstler meistens einstimmen,
während das Kostümliche niemals deren vollen Beifall
erhält; aber die Männer, die mit nie versagendem Können,
mit unerschöpflicher Erfindungsgabe den Hauptanteil zu
den genannten Erfolgen beitragen, diese Männer kennt
das große Publikum nie. Wenn ein Zeitungsbericht am
Schlüsse sagt, die Maschinerie ist von dem und dem, die
Kostüme aus jenem Atelier, die Dekorationen von X L Co.,
da hat man so die Idee, das sind Geschäfte, aus welchen
man all' die schönen Sachen beziehen kann. Unter denen,
die auf die Arbeiten des Theatermalers angewiesen sind,
werden die Leistungen desselben wohl gebührend gewürdigt,
aber der großen Zahl derer, die sich an dem fertigen
Werk erfreuen, ist es wohl ganz unbekannt, welcher An-
teil dem Maler an der scenischen Ausstattung zufällt

*) „Wie ein Deckenbild gemalt wird". „K. f. A.",
XIII. Jahrg., Heft 6.

und wie er seine Arbeit leistet. Das soll hier in Kürze
beschrieben werden.

Es ist eine eigene Welt, die sich uns aufthut, wenn
wir den Theatermaler in seinem Heiligtums aufsuchen,
und wir wollen das zunächst thun, ohne die daselbst be-
schäftigten Personen zu stören, wir wollen uns zuerst ein-
mal bloß umschauen und wollen versuchen, ohne zu fragen,
in die Geheimnisse des Betriebes einzudringen. Fremd-
artig berührt uns der erste Eindruck, wir sehen einen
ganz ungewöhnlich großen Raum, in welchem ganze
Radfahrerfeste abgehalten werden könnten. Kein Ober-
licht erhellt den Riesensaal, dagegen bestehen die Seiten
desselben fast nur aus Fenstern, zwischen denen die Pfeiler
stehen, die das Dach tragen. Kaum ein aufrecht stehender
Gegenstand unterbricht die weite Fläche, alles scheint hier
am Fußboden gearbeitet zu werden. Veritable Fässer
mit Aufschriften wie „Weiß", „Grün III", „Hellstes
Grün" rc. sind für jeden in einem anderen Zweige der
Malerei Beschäftigten ehrfurchtgebietend durch das Vo-
lumen; der Inhalt würde für ein ganzes Malerleben
ausreichen und wenn es ein tizianisch langes, gesegnetes
wäre! Linker Hand, gleich dicht an der Eingangsthür,
liegen einige Mädchen am flachen Boden und nähen in
Stellungen, wie wir es auf japanischen Bilderbogen ge-
sehen haben. Bei näherer Betrachtung sehen wir, daß
die Mädchen bemüht sind, einige Stücke großmaschiger,
schwarzer, steifer Gaze an eine jedenfalls verkehrt am
Boden liegende, bereits fertig gemalte Dekoration zu
nähen, die aus zarten Ausläufern, Palmwedeln, Baum-
wipfeln, Schlingflanzen besteht und zierlich ausgeschnitten ist
(Fig. 2). Wir denken uns sofort, daß diese zarten Stückchen

Die Aunst für Alle XIII, 2H. §5. September 1898.
 
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