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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Haendcke, Berthold: Die Aktkunst in der deutschen Malerei und Plastik während des 19. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0155

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DIE AKTKUNST IN DER DEUT-
SCHEN MALEREI UND PLA-
STIK WÄHREND DES 19. JAHR-
HUNDERTS. VON B. HAENDCKE.

Keinem Volke Europas ist seiner Eigenart
nach die Nacktkunst, also Formkunst schlecht-
hin, so fremdartig wie dem deutschen. Der
Deutsche hat die Neigung, die Werke der
Kunst von seinem formenden Willen, nicht von
seinem künstlerischen Schauen abhängig zu
machen. Die bildende Kunst wird deshalb un-
ausgesetzt mit der redenden in Verbindung
gebracht. Die Nacktkunst muß sich aber der
schlichten Formvorstellung zu eigen geben, will
sie sich ganz aussprechen. Wenn trotzdem
die Bewältigung des Problems der Nacktkunst
von unsern Künstlern, die doch nur dem Sollen
ihrer Zeit folgen, gefordert wird, so müssen
bedeutsame und unbedingt zu beachtende
Gründe dazu vorliegen. Wie sich die deutsche
Malerei und Plastik in den verflossenen Jahr-

hunderten mit dieser Aufgabe abgefunden hat,
habe ich in meinem Buche „Der unbekleidete
Mensch in der christlichen Kunst seit 19 Jahr-
hunderten" darzulegen versucht. Die deutsche
Nacktkunst des XIX. Jahrhunderts steht natürlich
auf den Errungenschaften der früheren Zeiten,
geht jedoch zugleich so ganz anders geartete
Wege, daß sie für sich betrachtet werden darf.

Die Kultur des XVIII. Jahrh. war, wie seit
der Glanzzeit des Mittelalters nicht mehr, wieder
eine internationale geworden; allerdings war
diesmal der Grundton nicht klerikal, sondern
höfisch, nicht kirchlich, sondern weltlich. Die
lebensheitere Antike mußte deshalb von neuem
die Oberhand erhalten. Die deutsche Nackt-
kunst gesundete an ihr. Drei Meister stehen
voran: Raffael Mengs, Raffael Donner und
Gottfried Schadow. Mengs versuchte die wieder-
erstehende Antike, die Renaissance in den
venezianischen Malereien und die Natur zu ver-
binden. Er folgte hierin nur den in seinen
„Betrachtungen über den guten Geschmack in

LANDHAUS O. WALTZ, Haupthaus von der Einfahrt aus gesehen

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Arch.: W. EPSTEIN-ZEHLENDORF
 
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