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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Schloss Moldau
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0364

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SCHLOSS MODLAU i. Schles. VORDERANSICHT

SCHLOSS MODLAU.

Unweit der alten ehrenfesten Stadt Sagan in
Schlesien, am Rande dunkler Forsten und doch
der weiten welligen Ebene turmbewehrt vorge-
lagert, grüßt Schloß Modlau ins Land, einer der
ältesten Herrensitze der schönen Provinz.

Es ist ein echter deutscher Renaissancebau,
der da mit seinen beiden runden Ecktürmen
aufragt und das ihn rechts flankierende kleine
Beamtenhaus behütet, das ebenso wie dieser
Hauptbau ganz und gar die Würde und Behag-
lichkeit des deutschen Renaissancestils vereinigt.
Dies alte feste Schloß ward am Anfang des
16. Jahrhunderts errichtet, aber durch spätere
Anbauten, welche die klare und schöne Form
des Hauptbaues gänzlich verleugneten, wurde
der Gesamteindruck von Schloß Modlau in man-
cher Beziehung beeinträchtigt. Erst in jüngster
Zeit, unter der Herrschaft des jetzigen Besitzers,
des Grafen von Rittberg, sollte das alte Schloß
eine neue Jugend erleben. Durch die Berliner
Architekten Hugo und Otto Schellenberg wurde
eine Umgestaltung des ganzen Schlosses, nament-
lich der Anbauten, herbeigeführt und im Geiste
der alten Stilart ein neues harmonisches Ganze

Arch.: HUGO und OTTO SC HELLEN BERG

geschaffen, das als Beispiel einer guten Restau-
ration auch über das Schlesierland hinaus Be-
achtung verdient.

In früheren Zeiten, als das Leben der Allge-
meinheit viel weniger hastig vorwärtsstürmte,
fand man gut erhaltene Schlösser naturgemäß
noch häufiger. Heutzutage sind diese Dokumente
des Gewesenen viel seltener. Aus diesem Grunde
muß der Architekt mit solchen Schlössern anders
umgehen, als mit Bauten, an denen eine weni-
ger nachwirkende Tradition hängt. Während
man nun früher über Besitztümer wie diese
eigentlich grob materialistisch dachte, ist heute,
Gott sei Dank, die Anschauung, daß man die
baulichen Vermächtnisse denkwürdiger Epochen
hüten und pflegen muß, Gemeingut fast aller
Gebildeten gewoiden. Denn es gibt kaum
etwas, was die Vergangenheit so lebendig redend
in die Gegenwart hinüber retten kann, wie ein
Repräsentationsgebäude von edler architektonischer,
man könnte fast sagen persönlicher Würde.

Von dieser Anschauung sind auch die Bau-
meister ausgegangen, die Schloß Modlau von den
späteren baulichen Untaten befreiten, und unter
völliger Bewahrung des ursprünglichen Charakters
aus einem innerlich schon etwas unbequem ge-
 
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