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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Rudolf Gudden: ein zeitgenössischer deutscher Künstler
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Weihnachtsbücherschau
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RUDOLF GUDDEN

recht hat nichts als die Freiheit des Genusses
gebracht und die persönliche Verantwortung durch
die allgemeine Fürsorge abgelöst. So scheint der
Traum von einem irdischen Paradiese in Er-
füllung zu gehen, das Wort von dem Frieden
auf Erden soll keine fromme Prophezeiung mehr
sein, und die Ruhe des Friedhofes ist durch das
Gesetz von der Gleichheit gesichert." Q.

Weihnachtsbücherschau.

Meister der Zeichnung. Herausgegeben von
Prof. Hans W. Singer. Verlag von Baumgärtners
Buchhandlung in Leipzig. — Zeichnungen
von Otto Greiner. 52 Tafeln mit Licht-
drucken; Einleitung von Prof. Hans W. Singer.
Zeichnungen von William Strang. 50 Tafeln
mit Lichtdrucken; Einleitung von Prof. Hans
W. Singer.

Diese beiden Bände zählen zweifellos zu den
vortrefflichsten und eindrucksvollsten der ganzen
Serie, die sich erfreulicherweise so gut eingeführt
hat. Das Greiner-Werk gibt einen außerordent-
lich reichen Einblick in die Arbeitswelt des
Künstlers, vermittelt einen Begriff von seiner
eminenten Zeichenkunst, zeigt ihn namentlich in
seinen charakteristischen Studien am besten. In
seiner Einleitung weist der Herausgeber besonders

darauf hin, daß Greiner zu den wenigen deutschen
Künstlern gehört, die sich dauernd in Italien
ihre künstlerische Heimat bewahrt haben; der
Inhalt der ganzen Greinerschen Kunst ist der
«schöne Mensch», und deshalb fühlt er sich
künstlerisch ganz in Italien zu Hause. Denn
die Schönheit des menschlichen Körpers hat
sich dort ganz anders erhalten können als in
den von allen Tyranneien des Gesellschaftslebens
und der Mode beherrschten nordischen Ländern.
Greiners unmittelbar zupackende Zeichenkunst
kommt in diesen Tafeln o-länzend zum Ausdruck;
so in den Studien zum <Bacchantenzug», zum
Dantestich, zu dem am meisten bekannt ge-
wordenen Gemälde «Odysseus und die Sirenen»,
zur «Hexenschule» und in den vielen anderen
Akt- und Gewandstudien. Die deutsche Nei-
gung zu weitgehendster Detaillierung verleugnet
sich auch bei diesem unter italienischer Sonne
schaffenden Künstler nie. — Das zweite Werk,
welches mit der Kunst des Schotten Strang näher
bekannt macht, darf nicht weniger Interesse be-
anspruchen. Er ist ein tvpischer Sohn des
Inselreichs, liebt treue, saubere Arbeit, die recht
flexibel ist und bald einen zarten Strich hat,
bald von kräftigerer Struktur erscheint. Das
Interessante an diesem Zeichner ist aber, daß
er in England, wo der Naturalismus nie Boden
fand, als der einzige Naturalist gelten kann. Er

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