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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Kunowski, Lothar: Deutsche Kunst über alles
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0565

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D

EUTSCHE KUNST ÜBER ALLES. ist kein neugebackenes Land, kei n Amerika. Es ist
VON LOTHAR VON KUNOWSKI. ein uralter Baum, der sich zu verjüngen erstaunliche

Kräfte zeigt. Deutschland ist alt und neu zugleich.
Es besitzt Tradition und es besitzt Zukunft.

Nur städtebauende Länder können eine führende
Rolle in der bildenden Kunst haben. Wenn man
durch Italien oder Frankreich fährt, ist man er- „Deutsche Kunst über alles!" Ich

staunt, so wenig Neubauten in allen Ortschaften zu meine' daß es Zeit ist> dieses Wort zu Prägen. Oder
sehen. Wenn man Deutschland bereist, sieht man haben etwa andere Leute uasere großen Bahnhöfe
beinahe kein Dorf ohne funkelnagelneue rote Dächer gebaut? Sind es nicht deutsche Architekten, welche
neuer Häuser. Manche Städte sind in wenigen die Riesenarbeit bewältigten, neuzeitliche Schulen,
Jahrzehnten doppelt so groß geworden. Ueberall Regierungsgebäude, Museen, Justizpaläste, Rat-
riecht es nach frischem Kalk. Dennoch bietet der häuser, Theater zu entwerfen und zu bauen? Es
Kern deutscher Städte und Dörfer eine fast über- gibt kein Land mit soviel großen Bierhäusern, Cafes
schwängliche Fülle alter Kunstkeime. Deutschland und Restaurants. Nirgends gibt es eine solche Weit-
räumigkeit in den Straßen,
auf Plätzen, in Warenhäusern.
Nirgends gibt es soviel
Räume und Nischen für Bild-
hauerarbeit oder Wände für
Wandmalerei. Es ist ein
wahres Paradies für den
schaffenden Künstler, wenn
anders er ein kühner, froher
Geist ist*) So viele Wohnungen
kann man in keinem anderen
Lande mit so wenig Geld
einrichten. Man hat gesagt:
„Die Kunst stirbt" und man-
cher glaubt daran. Das kann
man in Frankreich sagen,
aber nicht in Deutschland.

Man darf nicht immer nur
mit der Lupe des Tadlers
durch das Land gehen. Es
wird viel und froh gearbeitet.
Es gibt große Dampfer mit
neuen, deutschen Einrichtun-
gen. Es gibt verjüngte Hotels
in deutschem Stil. Es gibt
Ausstellungsgebäude im Aus-
land, deren wir uns nicht zu
schämen brauchen. Ein gro-
ßes Volk ist kein eiliges Volk.
Es wächst auch in der bilden-
denKunst langsam und siegreich.

Wir haben sehr viele Ein-
flüsse von Ausländern ge-
habt. Das ist kein Schaden.
Ein großes Volk lernt von
jedem, wenn er etwas Gutes
kann. Aber es ist doch an
der Zeit, seinen Hut abzu-
nehmen vor dem, was
deutsche Künstler in den
letzen zwanzig Jahren gelei-
stet haben. Eigentlich ist
wohl diese große Erhebung
von München ausgegangen,
aber Berlin und die andern

PORTRÄTBÜSTE DER FRA17 GEHEIMRAT M. MARMOR. TH. V. GOSEN-BRESLAU. *) Freilich auch nicht zu vergessen:

wenn er Aufträge erhält! Die bchnftl.

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