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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Lorenz, Felix: Der Königsberger Graphiker Heinrich Wolff
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Haeckel, Ernst: Die Natur als Künstlerin
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0604

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DER KÖNIGSBERGER GRAPHIKER HEINRICH WOLFF

Statt des musikalichen Vergleichs kann ich auch
einen kulinarischen benutzen: was mir nicht
schmeckt, lasse ich einfach liegen, ohne wesent-
liches Interesse daran, ob sich einige Mitmenschen
einen Genuß an dem mir unverdaulichen vor-
reden. Natürlich ergibt sich's schon durch mein
Lehramt, daß ich auch alle modernen Bewe-
gungen verfolgen muß, um meinen Schülern
Rede zu stehen, denn nichts entfremdet uns die
Jugend leichter, als Mangel an Orientiertheit.
Aber ich lehne dann, nicht mit Entrüstung, aber
mit völliger Kälte alles ab, was mir nicht klingt,
noch schmeckt. So kam ich stets mit der
Jugend gut aus.

Sehr amüsiert habe ich mich oft, wenn ich
der Ueberzeugung begegnete, daß es heute ganz
unmöglich sei, gute Künstler noch zu über-
sehen. Das sei das Vorrecht der überwundenen
alten Kritik gewesen. Ich bin vielmehr fest
überzeugt, daß die Schätzung unserer heutigen
Kunst später sehr abweichen wird von der gegen-
wärtigen Schätzung. Zur Beförderung des
historischen Sinnes sowie der Bescheidenheit
habe ich mir oft gewünscht, daß eine Ecke
einer Kunstzeitschrift nur hübschen Zitaten
aus alten Kritiken gewidmet sein möge."

Der guten Anregung, die Heinrich Wolff hier
am Schluß seiner künstlerischen Bekenntnisse
gibt, werden wir mit Vergnügen bereits vom
nächsten Heft ab öfter Folge geben zu Nutz
und Frommen der Zeitgenossen. Die Sdiriftl.

DIE NATUR ALS KÜNSTLERIN. VON
ERNST HAECKEL.*) aoooaaaooo

Wahrend der fünfzig Jahre meiner Forschungen
ist es mir häufig begegnet, daß teilnehmende
Freunde und zufällige Besucher, denen ich meine
Zeichnungen zeigte oder auch die Objekte selbst
unter dem Mikroskop vorführen konnte, in lebhaftes
Erstaunen über die Schönheit und Mannigfaltigkeit
dieser „verborgeneu Kunstwerke der Natur" ge-
rieten. Enthusiastische Bewunderer, Naturfreunde
wie Künstler, riefen aus: Wie ist es möglich, daß
die Natur mit soviel Geschmack und Erfindungskraft
so auserlesene Kunstwerke produziert? Wie ist es

'■'■■> Indem wir diesen so instruktiven Aufsatz des berühmten
Jenenser Gelehrten hier wiedergeben, weisen wir gleichzeitig auf
die Neuerscheinung der kleinen Ausgabe seines bedeutenden
Werkes „Kunstformen der Natur" hin, das aus 25 farbigen und
5 schwarzen Bildertafeln mil Kunstformen der anorganischen und
der organischen Natur nebst erläuterndem Text besteht und zu
wohlfeilem Preise im Verlag des Bibliographischen Instituts in
Leipzig erschienen ist.

An seinem achtzigsten Geburtstage vollendete Ernst Haeckel
diese kleine Ausgabe der „Kunstformen der Natur", jenes Werkes,
das seit einem halben Menschenalter der N'aturbetrachtung neue
oder doch wenigstens bequemer zu erreichende Hilfsmittel schuf
und dem Kunstgewerbe als ebenso ursprüngliche wie uner-
schöpfliche Fundgrube diente. Das Erscheinen dieser „Kleinen
Ausgabe" wird allen Natur- und Kunstfreunden und namentlich
denjenigen Jüngern des Kunstgewerbes und den Graphikern, die
sich bisher zur Anschaffung des weit kostspieligeren Hauptwerkes
nicht entschließen konnten, hochwillkommen sein. Die reizvolle
Kunstformensammlung bietet aber auch für jeden, der sich für
Haeckels vielumstritiene Persönlichkeit interessiert, besonderes
Interesse, weil es [ von ihm eine ganz andere Seite als die
monistische in Erinnerung bringt.
 
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