Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

DOI article:
Kühnel, Ernst: Die Entwicklung des Orient-Teppichs
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0523

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
metrisch stilisiert und kaum erkennbar,
in die Feldmusterung ein, von der sich der
Buchstabenfries schon bewußt wirkungsvoll
abhebt. Drei kostbare, in der technischen
Ausführung übrigens noch ziemlich grobe
Beispiele aus dieser Richtung sind uns in
der Moschee Ala ed-din in Konia, der mittel-
alterlichen Hauptstadt Kleinasiens, erhalten,
: »SjBjp ^| die ältesten Teppiche, die sich überhaupt

nachweisen lassen, allem Anschein nach
schon bei Gründung der Moschee, d. h. um
die Mitte des 13. Jahrhunderts, gestiftet Bei
einem von ihnen (Abb. 1) ist der Grund in
Reihen von Achtecken aufgeteilt, deren jedes
eine Innenzeichnung von baumartigen Ge-
bilden aufweist; bei dem zweiten Exemplar
sind die Oktogone so eng zusammengerückt,

Abb. 1: BRUCHSTÜCK EINES MITTELALTERLICHEN
TEPPICHS IN DER MOSCHEE ALA-EDDIN ZU KONIA.

D

IE ENTWICKELUNG DES
ORIENT-TEPPICHS. gaei@
VON DR- ERNST KÜHNEL.

Die Knüpfarbeit ist nicht, wie man
heute noch vielfach annimmt, ein uralter
Bestandteil orientalischer Kultur, sondern
eine aus praktischen Bedürfnissen hervor-
gegangene, zunächst vielleicht als Schutz
gegen die Kälte gedachte Erfindung
nomadisierender Volksstämme. Die Turk-
menen scheinen es gewesen zu sein, die
diese Technik so ausbildeten, wie sie noch
heute geübt wird, und durch die ihnen
nahestehenden Seldschuken mag in früh-
islamischer Zeit der Gebrauch des Teppichs
auch in die Kulturgegenden Vorderasiens
gedrungen sein. Der Dekor stand da-
mals sicherlich noch auf der untersten
Stufe: bescheidene, geometrisch-lineare,
stereotyp wiederkehrende Muster in
wenigen grellen Farben, zunächst noch
ohne Unterscheidung von Feld und Borte.
Letztere dürfte erst in Aufnahme ge-
kommen sein, als die Teppicherzeugung
schon zur Volkskunst in höherem Sinne
geworden, d. h. mit den Kulturzentren in
engere Berührung getreten war. Denn
allem Anschein nach bestanden die ältesten
Bortenmotive aus arabisch - kufischen
Schriftzügen, die rein dekorativ, ohne alle
inhaltliche Bedeutung verwendet, aller-
dings keinerlei Schulbildung voraus
setzten, aus dem engeien Vorstellungs-
kreise primitiver Völker aber doch bereits
merklich herausführen.

In dieser ersten Phase des eigentlichen
Kunst-Teppichs dringen bereits einzelne

nn ,. , , Abb. 2: ANATOLISC'HER TEPPICH MIT TIERMOTIVEN. ANFANG

Pflanzenmotive, wenn auch streng geo- des is.jahrh. (kaiseb friedrich-müseum, Berlin.)

DIE KUNSTWELT III, 14. 441
 
Annotationen