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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Pietsch, Otto: Die neue Richtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0469

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NEUE RICHTUNG VON OTTO Jelzt versucnten es die drei mit dem Kubismus.

* „ Doch auch über ihren kubistischen Bestrebungen

PlhlbLH, HhlDLLÖLKU. waltete ein Unstern. Als sie einst in Abwesenheit

Jules Meunier, Francois Piquart und Charles ihres kubistischen Meisters in dessen Atelier saßen,

Roche hatten das geineinsam, daß sie in Paris emsig bemüht, einen ehrwürdigen Greis, in seine

wohnten, zwanzig Jahre zählten und ehrgeizig würfelartigen Bestandteile zerteilt, auf die Leinwand

waren. Als sie die Bilder der Kubisten und darauf zu bringen, klopfte es, und ein Geldbriefträger brachte

die der Futuristen kennen gelernt hatten, gelangten für Jules Meunier eine Anweisung über 300 Francs,

sie zu der Einsicht, daß man seinen Ehrgeiz auf Jules Meunier ahnte zwar nicht, von wannen ihm

dem Wege der Malerei am raschesten und eindring- dieses klingende Glück kam, und wurde auch durch

lichsten befriedigen könne, und beschlossen, sich den Namen des Absenders dem Verstehen um keine

dieser Kunst hinzugeben. Nüance näher gebracht, heimste den Betrag aber

Da sie gute Kameraden waren, die alles gemein- willig und dankbar ein. Nach vier Tagen stellte sich

sam taten, so befreundeten sie sich mit einem der heraus, daß ihr Meister, der Kubist, der Empfänger

Herren der Futuristengruppe. Sie waren nicht un- des Geldes war. Er hieß auch Meunier und mit

intelligent und erlernten das Handwerksmäßige ihrer dem Vornamen ebenfalls Jules. Jules Meunier, der

Kunst sehr rasch. Ehe sie jedoch dazu vordrangen, Schüler, erklärte sich zwar sofort bereit, falls hier

einen Menschen, ein Haus oder einen Straßenbahn- ein Mißverständnis obwalten sollte, den Rest der

wagen künstlerisch, d. h. in seine einzelnen Teile dreihundert Francs, der aus 8 Francs 75 Centimes

zerlegt zu sehen, kam es zu einem jähen Bruch bestand, zur Verfügung zu stellen. Hier nun erwies

zwischen ihnen und ihrem Meister. Ninette, ein sich der Meister aber ebenso scharfkantig wie seine

allerliebstes Persönchen, das diesem Meister in Würfelkunst. Er nannte die drei Freunde elendes,

Liebe ergeben war, fand auch an Francois Piquart räuberisches Gesindel, sprach ihnen jede Spur von

Gefallen und zögerte nicht, ihm die Beweise dieser Talent ab und ersuchte sie, die acht Stiegen zu ihm

Gemütsstimmung zu geben. Der Futurist kam bei nicht wieder hinaufzusteigen.

einer solchen Beweisführung einmal unvermutet da- Die Freunde beschlossen jetzt, sich dem Im-

zu. Obwohl er als moderner Mensch kommu- pressionismus anzuschließen. Diese Richtung war

nistischen Anschauungen durchaus zugänglich war, zwar schon Epigonenkunst und begann, den Bürger

versagte sein Kommunismus hier vollständig, und zu beglücken. Es trieb sie bei diesem Beschluß

er löste sofort alle Beziehungen zu Francois Piquart jedoch auch eine Art Rachegelüst. Sie gedachten,

und seinen Freunden. den toten Impressionismus neu zu beleben, ihn zu

STUDIE

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ARNOLD WALDSCHMIDT
 
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