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Amtsbezirk Weinheim [Hrsg.]
Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim (5): Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim — 1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.42484#0017

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D e r
Bergsträßer Bote.
Amts- und Verkündigungsblatt für das Bezirksamt Weinheim.
Fünfter Jahrgang.

H" 4. Weinheim, den 16. Januar L8LZZ.

Sardinien.
(Karlsruher Zeitung.1
Kaum irgend einem größern Staat wird es
so schwer, die revolutionären Nachwirkungen zu
überwinden, als dem Königreiche Sartinien. Der
häufige Ministerwechscl, die Kampfcshitze aus der
Tribüne, die bis in die Fundamente des Staats-
gebäudes hi'nabgchenden Spaltungen, die zügel-
lose Sprache der Presse, die tumultuarischen Volks-
szeuen, das ungebärdige Treiben der Flüchtlinge
und vieles Andere lassen auch den Fernstehenden
erkennen, wie hoch die politischen Leidenschaften
hier noch gehen und wie Vieles noch zu geschehen
hat, damit ein besserer Stand der Dinge cintrete.
Viele Gründe wirken hier zusammen; sie lie-
gen theils in der Stellung des Königreichs zu
den benachbarten Staaten, theils in seiner Bezie-
hung zur nationalen und revolutionären Partei,
theils in seiner neuern und neuesten Geschichte,
theils in lokalen Einrichtungen und Zuständen.
Sardinien war seit der großen französischen Re-
volution einer der Hauptschauplätze der kriegerischen
Ereignisse; cs wurde mit den Ideen Frankreichs
erfüllt und sah, auch nachdem es wieder selbstän-
dig geworden war und die Staatcnordnung eine
ganz andere Gestalt angenommen hatte, in diesem
Lande den natürlichen Stützpunkt seiner Zukunft-
gedanken , die glänzend genug waren.
Ans den politischen Umgestaltungen, die in
den Verträgen von 1815 ihren Abschluß fanden,
war das Königreich Sardinien als der bedeutendste
italienische Staat hervorgegangcn. Allerdings
wurden Territorien in ihm vereinigt, welche hin-
sichtlich ihrer Geschichte, Gesittung und geistigen
wie materiellen Interessen nicht am besten Harmo-
nium; aber das absolute Königthum wußte die
Differenzen des provinziellen Partikularismus

niederzuhalten, und da das Volk leicht das kern-
hafteste unter den italienischen Volkostämmen und
das Land mit nicht geringen Hilfsquellen gesegnet
ist, so stand Sardinien nicht nur an Ausdehnung
seines Gebietes, sondern auch an innerer Kraft
allen andern Staaten der Halbinsel voran. Auch
während der politischen Stürme im Anfang der
zwanziger Jahre hat sich dieses gezeigt; wenigstens
ist Sardinien damals leichter über dieselben hin-
ausgekommen, als die andern italienischen Staaten.
Diese Stürme waren die.Folge einer Agitation
im großartigsten Styl, betrieben von siner politi-
schen Sekte, der der Carbonari, die, schon ältern
Ursprungs, sich die Herbeiführung der „Einheit
und Freiheit Italiens" und wohl auch den Sturz
der geistlichen Herrschaft zum Ziel gesetzt hatte.
Es war ein Geheimbund von wohlbcrechncter
Organisation, mit unsichtbaren Oberen, manuich-
sachen Abstufungen, und auch durch das Religiös-
Phantastische gewisser äußern Formen ganz geeig-
net, das leicht erregbare italienische Volk anzu-
locken. Der Carbonarismus, der ursprünglich
am stärksten im Königreich Neapel auftrat, gewann
bald eine solche Verbreitung, daß er seine Ver-
zweigungen durch ganz Italien hatte. Auch Sar-
dinien war in seine Netze verstrickt worden, und
zwar um so mehr, je eifriger es sich die Agitato-
ren angelegen sein ließen, in diesem die andern
italienischen Staaten an Diacht überragenden Lande
Einfluß zu gewinnen. Beim Volke fanden die
Geheimlehren des Bundes den lebhaftesten An-
klang, und die freiheitlichen Ideen hatten ohnehin
noch von den Revolutionszeiten her ihren Boden.
Man schwärmte von der Vertreibung der Frem-
den vom italienischen Boden, von einer Einheit der
ganzen apcnninischcn Halbinsel unter freien Insti-
tutionen, von der Wiederkehr aller nationalen
Herrlichkeiten, wie sie in den alten und mittleren
 
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