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Amtsbezirk Weinheim [Editor]
Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim (5): Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim — 1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.42484#0161

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Der

Bergstraßer Bote.
Amts- und Verküiidigungsblatt für das Bezirksamt Weinheim.
Fünfter Jahrgang.


Weinheim, den 29. Mai


Schweiz.
(Karlsruher Zeitung.)
Die Abberufung des Grafen Karnikj, öster-
reichischen Geschäftsträgers bei dem schweizerischen
Bundesrath, ist nunmehr erfolgt, und seinerseits
hat der Bundesrath mit der Abberufung des
schweizerischen Geschäftsträgers in Wien, Hrn.
Steiger, darauf geantwortet. Dadurch ist das
zwischen beiden Staaten obschwebende Zerwürfniß
in ein neues Stadium getreten; es ist damit aus-
gesprochen , daß Oesterreich von weitern direkten
diplomatischen Verhandlungen keinen Erfolg mehr
erwartet und nicht nur davon vorerst gänzlich
Umgang nimmt, sondern auch die eventuelle An-
wendung neuer Netorsionsmittel in Aussicht stellt,
um zu seinem Rechte zu gelangen. Der Ernst
der Situation ist nach diesem Vorgang nicht zu
mißkennen, und man fühlt es aus Allem heraus,
daß derselbe in der Schweiz auch nicht mißkannt
wird. Man fängt dort an, zu begreifen, daß
man es diesmal mit einem ganz andern Gegner
zu thun hat, als man seit 1815 einen hatte, und
daß ganz andere Gefahren drohen, als sie in den
seitherigen Differenzen mir dem Ausland vorgc-
kommcn sind.
Das eben ist ohne Zweifel der Hauptgrund
aller Verwicklungen, die die Schweiz seit einem
Menschenalter mit andern Staaten hatte, daß sie
durch das üble Verständniß ihrer völkerrechtlichen
Lage aus einer schiefen Stellung in die andere
gerathen mußte. Durch die Völkerverträge wurde
der Schweiz Neutralität Zugestandcn; die Neutra-
lität ist nicht etwa ein Recht, welches sich die
Schweiz erkämpft, sondern ein Geschenk, welches
ihr um so lieber verliehen wurde, weil der euro-
päische Frieden darin zugleich eine weitere Stütze
zu erhalten schien. Statt dieses Geschenk sorgsam

aufzubewahrcn und sich durch vorsichtige Pflege
der daraus entspringenden völkerrechtlichen Bezie-
hungen und Verbindlichkeiten den Gebern dankbar
zu erweisen, that die Schweiz ihr Möglichstes,
dasselbe zu kompromittiren. Willkommen in allen
Fällen zur Abwehr noch so gerechter Begehrungen
der' auswärtigen Staaten, gebrauchte sie es als
Bollwerk zum versteckten Angriff auf dieselben und
hätte sich längst desselben als einer Fessel entledigt,
wenn nicht Klugheitsrücksichten bis fetzt immer noch
davon zurückgehalten hätten.
Offenbar war die Neutralität der Schweiz
unter der Voraussetzung zugestanden worden, daß
sie das Ihrige zur Aufrechthaltung der europäischen
Verträge und des auf ihnen ruhenden Friedens
der andern Staaten beitragen und ihre eigene Haus-
ordnung nach Maßgabe derselben handhaben würde.
Das Eine wie das Andere ist nicht cingetroffen.
Seit dem Jahr 1830 hat der modern-radikale
Geist in dem Alpenlande seine Stätte aufgcschlagen,
einen Kanton nach, dem andern erobert, die alten
Verfassungen umgestürzt und endlich auch die Ver-
faffungsgrundlagen der Eidgenossenschaft unter-
graben. Die Parteiwillkür trat an die Stelle des
Rechts; unaufhörliche revolutionäre Erschütterungen
ließen die Kantone zu keiner Ruhe gelangen und
machten die Herstellung kräftiger Negierungen un-
möglich; was sich früher in Bern, später im
Aargau, dann in Tessin, dann in Genf und
Waadt und Freiburg rc. begeben hat, ist nur eine
zusammenhängende Kette von Erschütterungen, in
denen der Geist der Revolution sich oft genug in
seiner ganzen schmählichen Nacktheit kundgegebcn
hat, und noch kundgibt. Daß bei dem Ueberhand-
nehmen dieses Geistes auch die Verfassung der
Gesammtschweiz keinen Widerstand leisten konnte,
ist natürlich; sie fiel in dem von dem Radikalis-
mus entzündeten Bruderkriege, und diejenige, die
 
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