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preis 30 kr. ohnePostaufschlag.
Einrückungsgebühr für die
Spaltzeile 3 kr.
Der
Bergsträßer Bote.
Amts- und Verkündigungsblatt für das Bezirksamt Weinheim.
Fünfter Jahrgang.
Weinheim, den 23. März
Deutschland.
Karlsruhe, 19. März. Keine Stehwagen
mehr! Freut euch, ihr Abolitionisten der Steh-
wagen! Eure Ansicht hat gesiegt! Der lachende
Mai 1853 läßt den geringsten der Eisenbahngäste
in Baben sitzend und unter Dach die lieblichen
Fluren des Landes überschauen, und behaglich
ruhend im Fahren kann er sich mit seinen Nach-
barn freuen. Nimmermehr wird in rauher Jah-
reszeit ein eisiger Wind seine Glieder schneidend
durchschauern; nimmermehr werden Ströme von
Regen ihn bis auf das Mark durchnässen; wenn
Schnee und Hagel aus den Wolken stürmen, so
treffen sie nimmermehr den schutzlos Hingestellten.
Ohne Angst vor Erkältung gelangt jetzt die arme,
dürftig gekleidete Mutter mit ihrem Kinde zur
Zeit der Abendkühle in die Heimath. Dank, im
Namen von Tausenden, der Verwaltung der Eisen-
bahn für diese heilsame Aendcrung!
Türkei.
Konstantinopel. Kaum ist die Verwicklung
zwischen der Türkei und Oesterreich glücklich besei-
tigt, so tritt eine neue auf, die durch ihre Schwere
jene schon fast auS dem Gesichtskreis geschoben
hat. Diesmal ist es Rußland, welches das zum
Zerfall ermattete Reich der Osmanli in neue
Drängniß gebracht hat. Der Telegraph hat mit
Blitzesschnelle eine Reihe von bezüglichen Nachrichten
gebracht, die, wie unklar und verworren sie auch
lauten mögen, doch genugsam erkennen lassen, daß
sich in Konstantinopel ein neues Wetter zusammen-
gezogen hat, schwerer als ein anderes seit einem
ganzen Menschenalter.
Mit Recht mußte schon die Wahl der Person,
welche diesmal von St. Petersburg nach Konstan-
tinopel in außerordentlicher Mission abgchen sollte,
auf das Gewicht der Aufträge schließen lassen.
Fürst Menschikoff, ein Nachkomme jenes aus den
Zeiten Peters des Großen bekannten Menschikoff,
ist Kriegsminister und eine auch sonst Sr. Maj.
dem Kaiser von Rußland nahestehende Persönlich-
keit. Die Art seiner Reise, sein Gefolge, der
äußere Pomp entsprach ganz der Bedeutung dieses
Botschafters und seiner Mission. Bevor sich der
Fürst in Odessa nach Konstantinopel einschiffte,
hielt er eine Revue über die russische Flotte im
Schwarzen Meere und über das Ausschiffungs-
korps, welches Rußland seit dem Jahr 1833 im
Hafen von Sebastopol auf dem Kriegsfuße hält.
37 Kriegsschiffe (Linienschiffe, Fregatten und große
Dampfer) und 30,000 Mann Soldaten sollen bei
diesem Anlasse versammelt gewesen sein.
Als er am 28. Febr. mit seinem großen Ge-
folge (worin sich der Admiral Korniloff, der Ge-
neral Niepoytschytskp, jüngere Nesselrode und
Woronzof und andere vornehme Russen befinden)
in Konstantinopel ankam, war die ganze griechische
und russische Bevölkerung zusammengeströmt, und
begrüßte, 150 Popen an der Spitze, ehrerbietigst
den Abgesandten des Zaars.
Fürst Menschikoff trat mit dem ganzen Stolz
eines Sendboten des mächtigen russischen Reichs
gegenüber der schwachen türkischen Macht auf.
Während alle Würdeträger der Pforte, schreibt
man der „A. Z.", aus Anlaß des Besuchs, den
Fürst Menschikoff dem Großwessier abstattete, im
vollsten Schmuck erschienen waren, trug Se. Durch-
laucht sammt den Personen seines Gefolges die
studirteste Einfachheit — wenn man sich nicht
eines noch bczeichneudern Ausdrucks bedienen will —
zur Schau, und verschmähte es, den Minister der
auswärtigen Angelegenheiten, Fuad Effendi, mit
der üblichen Visite zu beehren, wie es Heißt, weil
Letzterer, als man sich im Divan über die Auf-
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Bergsträßer Bote.
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Weinheim, den 23. März
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Karlsruhe, 19. März. Keine Stehwagen
mehr! Freut euch, ihr Abolitionisten der Steh-
wagen! Eure Ansicht hat gesiegt! Der lachende
Mai 1853 läßt den geringsten der Eisenbahngäste
in Baben sitzend und unter Dach die lieblichen
Fluren des Landes überschauen, und behaglich
ruhend im Fahren kann er sich mit seinen Nach-
barn freuen. Nimmermehr wird in rauher Jah-
reszeit ein eisiger Wind seine Glieder schneidend
durchschauern; nimmermehr werden Ströme von
Regen ihn bis auf das Mark durchnässen; wenn
Schnee und Hagel aus den Wolken stürmen, so
treffen sie nimmermehr den schutzlos Hingestellten.
Ohne Angst vor Erkältung gelangt jetzt die arme,
dürftig gekleidete Mutter mit ihrem Kinde zur
Zeit der Abendkühle in die Heimath. Dank, im
Namen von Tausenden, der Verwaltung der Eisen-
bahn für diese heilsame Aendcrung!
Türkei.
Konstantinopel. Kaum ist die Verwicklung
zwischen der Türkei und Oesterreich glücklich besei-
tigt, so tritt eine neue auf, die durch ihre Schwere
jene schon fast auS dem Gesichtskreis geschoben
hat. Diesmal ist es Rußland, welches das zum
Zerfall ermattete Reich der Osmanli in neue
Drängniß gebracht hat. Der Telegraph hat mit
Blitzesschnelle eine Reihe von bezüglichen Nachrichten
gebracht, die, wie unklar und verworren sie auch
lauten mögen, doch genugsam erkennen lassen, daß
sich in Konstantinopel ein neues Wetter zusammen-
gezogen hat, schwerer als ein anderes seit einem
ganzen Menschenalter.
Mit Recht mußte schon die Wahl der Person,
welche diesmal von St. Petersburg nach Konstan-
tinopel in außerordentlicher Mission abgchen sollte,
auf das Gewicht der Aufträge schließen lassen.
Fürst Menschikoff, ein Nachkomme jenes aus den
Zeiten Peters des Großen bekannten Menschikoff,
ist Kriegsminister und eine auch sonst Sr. Maj.
dem Kaiser von Rußland nahestehende Persönlich-
keit. Die Art seiner Reise, sein Gefolge, der
äußere Pomp entsprach ganz der Bedeutung dieses
Botschafters und seiner Mission. Bevor sich der
Fürst in Odessa nach Konstantinopel einschiffte,
hielt er eine Revue über die russische Flotte im
Schwarzen Meere und über das Ausschiffungs-
korps, welches Rußland seit dem Jahr 1833 im
Hafen von Sebastopol auf dem Kriegsfuße hält.
37 Kriegsschiffe (Linienschiffe, Fregatten und große
Dampfer) und 30,000 Mann Soldaten sollen bei
diesem Anlasse versammelt gewesen sein.
Als er am 28. Febr. mit seinem großen Ge-
folge (worin sich der Admiral Korniloff, der Ge-
neral Niepoytschytskp, jüngere Nesselrode und
Woronzof und andere vornehme Russen befinden)
in Konstantinopel ankam, war die ganze griechische
und russische Bevölkerung zusammengeströmt, und
begrüßte, 150 Popen an der Spitze, ehrerbietigst
den Abgesandten des Zaars.
Fürst Menschikoff trat mit dem ganzen Stolz
eines Sendboten des mächtigen russischen Reichs
gegenüber der schwachen türkischen Macht auf.
Während alle Würdeträger der Pforte, schreibt
man der „A. Z.", aus Anlaß des Besuchs, den
Fürst Menschikoff dem Großwessier abstattete, im
vollsten Schmuck erschienen waren, trug Se. Durch-
laucht sammt den Personen seines Gefolges die
studirteste Einfachheit — wenn man sich nicht
eines noch bczeichneudern Ausdrucks bedienen will —
zur Schau, und verschmähte es, den Minister der
auswärtigen Angelegenheiten, Fuad Effendi, mit
der üblichen Visite zu beehren, wie es Heißt, weil
Letzterer, als man sich im Divan über die Auf-