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preis 30kr. ohne Postaufschlag.
Der
Einrückungsgebühr für die
Spaltzeile 3 kr.
Bergstraße? Bote.
Amts- und Verkündigungsblatt für das Bezirksamt Weinheim.
Fünfter Jahrgang.
Weinheim, den 9. Oktober L8L3.
Deutschland.
(Schluß.)
Konstanz, 28. Sept. In der Schlußver-
handlung wiederholte die Angeklagte das in der
Voruntersuchung abgelegte Geftändniß; jedoch mit
der wesentlichen Beschränkung, daß sie nicht den
Vorsatz gehabt habe, ihren Mann zu tödtcn, son-
dern daß ihr allerdings sehr großer Fehler nur
darin bestehe, ihrem Manne beim Einnchmen der
Schwefelsäure nicht gesagt zu haben, es seien dies
keine Hosmännische und keine Magentropfcn, son-
dern Vitriolöl, was sie damit zu entschuldigen
suchte, sic sei von der Leidenschaft für den Lehrer
so ganz erfaßt gewesen, daß sie an Nichts als an
diesen gedacht habe. Den Widerspruch, der in
dieser Behauptung gegenüber ihrem ganzen Beneh-
men und Verhalten während und nach der Krank-
heit ihres Mannes liegt, wußte sie durchaus nicht
zu lösen. Im Uebrigen machte sie ihre Aussagen
mit Bestimmtheit und Sicherheit, ihr Betragen
während der Verhandlung war anständig und
bescheiden; sie weinte und schluchzte häufig, beson-
ders wenn man auf ihr eheliches Verhältniß zu
sprechen kam. Sie zitterte an Häuden und Füßen,
als der Lehrer als Auskunftsperson einvernommen
wurde, und wagte denselben nicht anzusehcn. Der
Lehrer, ein schon 50 Jahre alter Mann, erklärte
mit Offenheit, daß er sich mit der Angeklagten
vergangen habe, und behauptete, daß Beide gleich
gefehlt haben. Nachdem von dem Hofapothekcr
Jack von Salem als Chemiker und von dem
Großh. Physikus Heitz von dort, sowie von dem
hofgerichtlichen Medizinalreferenten Großh. Phpsikus
Stöhr von Mößkirch umständliche und gründliche
Gutachten über die stattgehabte Vergiftung abge-
geben worden waren, erhob sich der Großh. Staats-
anwalt, Hofg.-Nath Haager, welcher ein klares
Bild von diesem Drama entwarf, und sodann
ausführtc, daß hier alle Voraussetzungen zum
Thatbestand des Verbrechens der vorsätzlichen Töd-
tung durch Vergiftung vorhanden seien. Der Ver-
theidiger machte in Bezug auf den Thatbestand
einige Einwendungen und machte ferner geltend,
daß die Angeklagte, durch heftige Leidenschaft er-
faßt, in einem unzurechnungsfähigen Zustande ge-
handelt habe. Von dem Gr. Staatsanwalt wurde
in der Replik die Anklage in allen Theilen auf-
recht erhalten und nachgewiesen, daß die Angeklagte
vor und während der That mit Schlauheit, List,
(Überlegung und Planmäßigkeit und nach der
That mit Verschlagenheit und Verstellungskunst,
also im zurechnungsfähigen Zustande, gehandelt
habe. Der Großherzogl. Staatsanwalt, nachdem
er noch bemerkt hatte, daß nach unserer Gesetzge-
bung der Verführer und Ehebrecher nicht bestraft
werden könne, da eine Klage von den beiderseitigen
beleidigten Ehegatten nicht erhoben worden sei und
wegen des Todes derselben nicht habe erhoben wer-
den können, schloß mit folgender, einen tiefen Ein-
druck machenden Ansprache an die Geschwornen:
//Ich verhehle es Ihnen nicht, daß, wenn Sie
das Schuldig aussprechen, die Todesstrafe gegen
die Angeklagte nach dem Gesetz erkannt werden
muß und erkannt werden wird. Allein dies kann
und darf Sie nicht zurückschrecken, das Schuldig
auszusprechen, wenn Sic von der Schuld über-
zeugt sind, was nach dem Ergedniß der Unter-
suchung und Verhandlung nicht anders sein kann.
//Das Leben ist der Güter höchstes nicht; der Uebel
größtes ist die Schuld.// Das Vaterland und die
bürgerliche Gesellschaft, welche die höchsten und
theuersten Güter des menschlichen Lebens in Ihre
Hände gelegt und Ihrem Gewissen anvertraut hat,
erwartet von Ihnen, daß Sie keiner Regung eines
falschen Mitleids oder der Empfindsamkeit Raum
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Der
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handlung wiederholte die Angeklagte das in der
Voruntersuchung abgelegte Geftändniß; jedoch mit
der wesentlichen Beschränkung, daß sie nicht den
Vorsatz gehabt habe, ihren Mann zu tödtcn, son-
dern daß ihr allerdings sehr großer Fehler nur
darin bestehe, ihrem Manne beim Einnchmen der
Schwefelsäure nicht gesagt zu haben, es seien dies
keine Hosmännische und keine Magentropfcn, son-
dern Vitriolöl, was sie damit zu entschuldigen
suchte, sic sei von der Leidenschaft für den Lehrer
so ganz erfaßt gewesen, daß sie an Nichts als an
diesen gedacht habe. Den Widerspruch, der in
dieser Behauptung gegenüber ihrem ganzen Beneh-
men und Verhalten während und nach der Krank-
heit ihres Mannes liegt, wußte sie durchaus nicht
zu lösen. Im Uebrigen machte sie ihre Aussagen
mit Bestimmtheit und Sicherheit, ihr Betragen
während der Verhandlung war anständig und
bescheiden; sie weinte und schluchzte häufig, beson-
ders wenn man auf ihr eheliches Verhältniß zu
sprechen kam. Sie zitterte an Häuden und Füßen,
als der Lehrer als Auskunftsperson einvernommen
wurde, und wagte denselben nicht anzusehcn. Der
Lehrer, ein schon 50 Jahre alter Mann, erklärte
mit Offenheit, daß er sich mit der Angeklagten
vergangen habe, und behauptete, daß Beide gleich
gefehlt haben. Nachdem von dem Hofapothekcr
Jack von Salem als Chemiker und von dem
Großh. Physikus Heitz von dort, sowie von dem
hofgerichtlichen Medizinalreferenten Großh. Phpsikus
Stöhr von Mößkirch umständliche und gründliche
Gutachten über die stattgehabte Vergiftung abge-
geben worden waren, erhob sich der Großh. Staats-
anwalt, Hofg.-Nath Haager, welcher ein klares
Bild von diesem Drama entwarf, und sodann
ausführtc, daß hier alle Voraussetzungen zum
Thatbestand des Verbrechens der vorsätzlichen Töd-
tung durch Vergiftung vorhanden seien. Der Ver-
theidiger machte in Bezug auf den Thatbestand
einige Einwendungen und machte ferner geltend,
daß die Angeklagte, durch heftige Leidenschaft er-
faßt, in einem unzurechnungsfähigen Zustande ge-
handelt habe. Von dem Gr. Staatsanwalt wurde
in der Replik die Anklage in allen Theilen auf-
recht erhalten und nachgewiesen, daß die Angeklagte
vor und während der That mit Schlauheit, List,
(Überlegung und Planmäßigkeit und nach der
That mit Verschlagenheit und Verstellungskunst,
also im zurechnungsfähigen Zustande, gehandelt
habe. Der Großherzogl. Staatsanwalt, nachdem
er noch bemerkt hatte, daß nach unserer Gesetzge-
bung der Verführer und Ehebrecher nicht bestraft
werden könne, da eine Klage von den beiderseitigen
beleidigten Ehegatten nicht erhoben worden sei und
wegen des Todes derselben nicht habe erhoben wer-
den können, schloß mit folgender, einen tiefen Ein-
druck machenden Ansprache an die Geschwornen:
//Ich verhehle es Ihnen nicht, daß, wenn Sie
das Schuldig aussprechen, die Todesstrafe gegen
die Angeklagte nach dem Gesetz erkannt werden
muß und erkannt werden wird. Allein dies kann
und darf Sie nicht zurückschrecken, das Schuldig
auszusprechen, wenn Sic von der Schuld über-
zeugt sind, was nach dem Ergedniß der Unter-
suchung und Verhandlung nicht anders sein kann.
//Das Leben ist der Güter höchstes nicht; der Uebel
größtes ist die Schuld.// Das Vaterland und die
bürgerliche Gesellschaft, welche die höchsten und
theuersten Güter des menschlichen Lebens in Ihre
Hände gelegt und Ihrem Gewissen anvertraut hat,
erwartet von Ihnen, daß Sie keiner Regung eines
falschen Mitleids oder der Empfindsamkeit Raum