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Amtsbezirk Weinheim [Hrsg.]
Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim (5): Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim — 1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.42484#0062

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fischen demokratischen Presse allerhand Musterungen
laut, aus denen man auf einen Tag der Rache,
auf eine sicilianische Vesper oder dem sehnliches
schließen konnte. Bereits am 5. d. M. erzählte
man sich in Mailand, daß eS am folgenden Tag
losgehen werde. Am Abend desselben Tages vor-
genommene zahlreiche Verhaftungen und die Flucht
von etwa zweihundert milanesischen Familien aus
tcssinischcs Gebiet zeigten, daß die Behörden eben
so gut unterrichtet, als die vorgeschobenen armen
Teufel der Emente instruirt waren. Der trotzdem
versuchte Putsch vom 6. mußte mißlingen. Schon
am 7. war in Turin das Gerücht von gleichzeitig
in Mailand, Verona, Mantua u. s. w. ausge-
brochencn Aufständen verbreitet; dasselbe Gerücht
durchlief den Kanton Tessin und fand von dort
zunächst in der schweizerischen, sodann in der deut-
schen und französischen Presse Verbreitung. Woher
Liese Gerüchte, da doch nur in Mailand ein Putsch-
versuch gemacht war? Woher die in Mailand
verbreiteten noch abenteuerlicheren Gerüchte, z. B.
über Gefechte, die in Como, Pavia, Loti und
Brescia zwischen Croaten und Magyaren stattge-
funden haben sollten, über den Hcraumarsch von
40,000 Piemontesen zur Unterstützung des Aus-
standes u. s. w.? Die Proklamation Mazzini's
und Kossuth'S, diese Blasphemien gegen den ge-
sunden Menschenverstand und die Menschheit über-
haupt, lassen keinen Zweifel mehr aufkommen über
die Quelle der Gerüchte sowohl, als über die
Anstifter des wahnsinnigen, verbrecherischen Unter-
nehmens. Wir wissen nicht, ob die Nachricht
verschiedener Blätter, wonach Mazzini sich wäh-
rend des Aufstandes zuwartend in Lugano befand,
gegründet ist oder nicht, das aber wissen wir, daß
Las in London in Permanenz tagende Nevolutions-
comite durch seine Emmissare die unheilvolle That
wie die Gerüchte hervorgerufen hat. Daß die
Schweiz und Piemont die wichtigsten Außenstatio-
nen des Londoner Comite'S sind, ist nach den oben
angeführten Thatsachen außer Zweifel. Demzu-
folge hat die österreichische Regierung die strengste
militärische Cernirung der Schweizergrcnze unge-
ordnet, und die Turiner Negierung scheint eine
ähnliche Maßregel dadurch von sich abwenden zu
wollen, daß sie die lombardischen Flüchtlinge selbst
an dem Überschreiten der österreichischen Grenze
verhindert. Aber das fragen wir, kann Oester-
reich, kann Europa sich dabei beruhigen? Oester-
reichs Gefahr ist Europas Gefahr: Europa so
wenig als Oesterreich können zur Ruhe und zum
Genüsse des Friedens gelangen, so lange cs in
Europa eine Stätte gibt, in der die Revolutionäre
aller Nationen ungehindert und ungestraft die Pech-

kränze winden dürfen, mit denen sie heute diesen,
morgen jenen Punkt des Continents in meuterische
Flammen zu setzen versuchen. Wie lange wird
der Continent auch nur die enormen Kosten der
militärischen Ueberwachung tragen können, die ihm
die Gastfreundschaft des britischen Jnselvolks auf-
erlegt? Wahrlich es ist hohe Zeit, Laß Altengland
selbst ein Einsehen nimmt, oder daß, Oesterreich
voran, die europäischen Mächte insgesammt ein
ernstes Wort in dieser ernsten Sache mit ihm
reden. Nach Zerstörung des Hauptlagers werden
die vorgeschobenen Posten von selbst verschwinden.
Wien, 17. Febr. Se. K. K. Majestät haben
Len in den Mailänder Spitälern befindlichen, bei
dem Attentate am 6. d. verwundeten Soldaten
einen Beweis der A. h. Gnade und des Mitge-
fühls gegeben, indem Se. Maj. den bedeutenden
Betrag von 550 Dukaten aus A. h. Ihrer Pri-
vaichatoulle anzuweisen und denselben in Beträgen
von 5 Dukaten an die leichter, und von 10 Du-
katen an die schwerer Verwundeten zu verteilen
befohlen.
— 18. Febr. Die erste Nachricht über das
ruchlose Attentat auf das Leben Sr. Maj. des
Kaisers, die uns auf gewöhnlichem Wege zugeht,
ist die der „Oesterr. Corresp.", welche folgende
kurze Anzeige bringt: „Ein schändliches Attentat
ist so eben auf die allerhöchste Person Sr. Maje-
stät verübt worden. Se. Majestät wurden heute
um halb 1 Uhr während eines Spazierganges
auf der Bastei nächst dem Kärnthnerthore von
einem Individuum meuchlerisch von rückwärts an-
gefallen , und mit einem Küchenmeffer in der Gegend
des Hinterhauptes verwundet. Die Wunde ist
nach dem Ausspruche der Acrzte nicht gefährlich.
Der Mörder wurde auf der That von dem Se.
Majestät begleitenden Flügeladjutanten ergriffen.
Für die glückliche Rettung Sr. Majestät wird
heute 6 Uhr Abends in der St.-Stephans-Kirche
ein Io ckoum abgehalten."
Aus telegraphischen Mittheilungen anderer
Blätter fügen wir noch felgende Notizen bei: Die
schwarze That geschah, als ter Kaiser über die
Brustwehr nach dem im Graben ererzircndcn Mili-
tär sah; diesen Augenblick benützte der Mörder,
um den Monarchen meuchlerisch von hinten anzu-
fallen. Nur die Geistesgegenwart des Grafen
O'Donnell verhinderte die Vollendung des Mordes.
Er schlug den Elenden nieder; auch der Kaiser
zog den Degen. Der Namen des Mörders, der
sehr verschieden geschrieben worden ist, scheint
LaSlo Lemenpi zu sein. Er ist aus Stuhlwcißen-
burg in Ungarn.
 
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