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Amtsbezirk Weinheim [Hrsg.]
Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim (5): Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim — 1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.42484#0070

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Ettenreich beharrlich weigerte, noch ein anderes
Geschenk zu wählen, indem er am Schmerzens-
lager des Monarchen versicherte, daß jeder Wiener
Burger an seiner Stelle nicht anders gehandelt
haben würde, als er selbst, erhielt er noch den
ehrenvollen Auftrag, seine Gattin der Kaiserin
Mutter vorzustellen. Vorigen Sonntag wurde in
der k. k. Hofburg^Pfarrkirche eine stille Messe für
das Wohlergehen Ettenreich's gelesen, welcher die
sämmtlichen hier anwesenden Mitglieder des Kaiser-
hauses beiwohnten. Der Wiener Gemeinderath
ertheilte dem Wackern Manne die große goldene
Salvator-Medaille und dem Obersten O'Donnell
das Bürgerrecht der Stadt Wien. Die „N. M. Z."
will wißen, der letztere habe im Palais des Erz-
herzogs Albrecht in treuer Besorgniß, die Wunde
Les Kaisers möchte vergiftet sein, dieselbe ansge-
saugt. Wir finden in einem andern Blatt Nichts
von Lieser Einzelheit, die wir weder bestätigen,
noch verneinen können.
Die Erzherzogin Sophie verläßt kaum einen
Augenblick das Krankenlager ihres erhabenen Soh-
nes. Außer den Aerzten und den Angehörigen
der kaiserlichen Familie erhält selten Jemand Zutritt
zu dem hohen kranken, um dessen Gemüth nicht
zu stören. Graf Buol wurde berufen, durfte
aber auf Verlangen der Aerzte nicht von geschäft-
lichen Dingen reden. Am 20. d. ließ sich der
Kaiser über den Fortgang der gegen den Meuchel-
mörder I. Nbeny eingeleiteten Untersuchung Bericht
erstatten und hörte dem Vortrag durch einige Zeit
aufmerksam zu. Keine einzige leise Klage über
Schmerz oder eigene Unannehmlichkeit ist seit dem
Momente der vollbrachten That über die Rippen
des Monarchen gekommen, nur die Abscheulichkeit
des Verbrechens eines Meuchelmordes rügte der
Kaiser mit ernsten Worten.
Wien. Die neuesten ärztlichen Berichte über
das Befinden Sr. Nias, des Kaisers sind vom
24. Febr. Darnach scheint jener Zustand gestei-
gerter Erkrankung eingetreten zu sein, der sich
bei solchen Verletzungen normalmäßig bis zu einer
gewissen Höhe erhebt, um dann abnehmend in den
regelmäßigen Genesungsprozeß überzugehcn. Alle
telegraphischen Meldungen laufen ans diese An-
schauung hinaus und unterlassen nicht beizufügen,
Laß etwas Beunruhigendes in dem jetzigen Befin-
den des hohen Patienten nicht liege. Dies vor-
ausgeschickt, lassen wir zunächst ein Bülletin von
7 Uhr Morgens (welches die „Fr. P.-Z." bringt)
folgen. Es lautet: „Se. Maj. der Kaiser haben
nach Mitternacht, mit Ausnahme kurzer Zwischen-
räume, ruhig geschlafen; Allcrhöchstdieselben haben
heute Morgen beim Erwachen den Kopf weniger

schwer und weniger eingenommen gefühlt. Hinzu-
zufügen ist noch, Laß die Krisis, welche die Krank-
heit gegenwärtig durchschreitet, vollkommen normal
ist, obgleich sie bis zum neunten Tage sich noch
verlängern kann, wobei sie jedoch, dem Himmel
sei Dank, durchaus kein beunruhigendes Symptom
bietet. Ein leichter Fieberanfall, der sich gestern
Abend zeigte, ist bald vorübergegangen." Ein
anderes Bulletin (der „N. Münch. Ztg.") von
Morgens 9 Uhr 40 Min. lautet: „Nach der Be-
ruhigung, der man sich schon hingegeben hatte,
war das Wiederauftreten der Eingenommenheit
von Kovf und Augen sehr besorgnißerregend, der
gestrige Tag ein beengter. Ur. Schuch wurde zur
Konsultation zugezogen. Die verflossene Nacht
war mit Unterbrechungen ruhig; doch sind die an-
gedeuteten Erscheinungen von Erschütterung Les
Gehirns nicht gehoben." War diese tel. Meldung
etwas beunruhigend, so konnte die "N. M. Ztg."
schon von Nachmittags eine weitere folgen lassen,
welche die Besorgniß zerstreute. Sie lautet: „Seit
heute Mittag sind die Aerzte beruhigter, die Er-
scheinungen entschieden besser."
— Von Wien sind keine telegraphischen Nach-
richten über das Befinden Sr. Maj. des Kaisers
eingelaufen, die neuer wären, als die oben ange-
gebenen. Von demselben Datum geht der„Darmft.
Ztg." eine telegr. Meldung zu, die also lautet:
„Der Kaiser hat ziemlich gut geschlafen und ist
ohne Kopfschmerzen erwacht." Der Mörder Libeny
wurde vorigen Freitag zum Tod verurtheilt; seine
Hinrichtung erfolgte Samstag Morgens und zwar
durch den Strang. Der Graf O'Donnel und der
Bürger Ettcnreich sind jetzt die populärsten Männer
in Wien, ja in der ganzen Monarchie. DieSal-
vator-Medackle, die Herrn Ettenreich vom Gemein-
derath verabfolgt wurde, wird nur in Len seltensten
Fällen ertheilt und hat einen Werth von 3 bis
4000 fl.
Immer noch bringen die Zeitungen Nachträg-
liches über den Mordanfall auf den Kaiser. Ein
Augenzeuge, der mit seiner Frau einen Spazier-
gang auf der Bastei machte, berichtet der "Schloss.
Zeit." neben manchem Bekannten: //Ich bemerkte
den Monarchen mit dem blanken Säbel in der
Hand, das Ringen des Adjutanten mit dem Mörder,
sowie den gleichzeitigen Angriff eines starken Mannes
auf Leu Ntztern. Dieser Mann soll dem Vernehmen
nach ein Bürger aus Wien sein und Ettenreich
heißen. Alsbald sprang auch ich hinzu und half
den Mörder zu Boden werfen. Nachdem derselbe
gebändigt war, begab ich mich an die Seite Sr.
Majestät, um im Fall einer weitern Gefahr bei-
zustehcn. Während meine Frau den Kaiser auf
 
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