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Amtsbezirk Weinheim [Hrsg.]
Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim (5): Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim — 1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.42484#0114

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führer des Vereins, Levy. Unter den Aerzten des
Vereins sind Abarbanell, Nies, Falkenthal als
Agitatoren der Umsturzpartei vielfach bekannt ge-
worden ; im Vcrwaltungsrache des Vereins befindet
sich der Kandidat Kannegießer, Buchdrucker Ditt-
rnann und andere Personen, die schon in politischer
Untersuchung gestanden." Bisher habe es noch
an Thatsachen gesehlt, um gegen den Verein poli-
zeilich zu verfahren, da er seine Zwecke niemals
offen gezeigt habe. "Solche Thatsachen hat die
in den letzten Tagen hiersclbst erfolgte Aufhebung
eines weitverzweigten hochverrätherischcn Komplotts
zur Genüge geliefert. In den Papieren dieses
Komplotts wir!) cs vielfach ganz klar ausgesprochen,
daß dasselbe seine Hauptstärke in dem Gesundheirs-
pflegevercin habe, und dieser Ausspruch erhält
dadurch seine thatsächlichc Bekräftigung, daß alle
Personen, welche in dem entdeckten verbrecherischen
Komplott eine hervorragende Stellung einnahmen,
eine gleich hervorragende Stellung auch in dem
Gcsundheitspflegcverein behaupten: 1) Der Jnkul-
pat Goldarbeiter Schütz ist zur Zeit Vorsitzender
des Vereins, 2) der Drechsler Pape sitzt im Vor-
stande, 3) Schlößer Nottmann war im vorigen
Jahre Mitglied des Vorstandes, 4) Kaufmann
Levy ist Geschäftsführer des Vereins, 5) der
Hauptinkulpat vr. Falkenthal ist Arzt des Vereins,
6) Strumpfwirker Panzer ist Kassendeputirter,
7) Bäckermeister Krebs gleichfalls, 8) Messerschmied
Golddammcr ist im Verwaltungsrathe, 9) Ma-
schinenbauer Nöder gleichfalls, 10) Schlosser Ne-
bclthau, ll) Schuhmacher Wiersich, 12) Stein-
gutoarbciter Nickel gleichfalls; ein großer Thcil
der implizirtcn Personen sind Mitglieder des Vereins."
Der Mitwirkung der Staatsanwaltschaft bedurfte
es zur Auflösung des Vereins nicht, da nach §. 16
Les Vcreinsgesetzes diese nur dann erforderlich ist,
wenn sich ein Verein formell als politischer Verein
deklarirt hat.
Stettin, 5. April. Aus Pommern berichten
die Zeitungen einen traurigen Fall sektircrischer
Ertravaganz. In dem Dorfe KleimSwirscn in
der Gegend von Köslin hielt ein Bauer Namens
Karl Zicmcke, wie es scheint von einem Schneider
Namens Quardocus inspirirt, seit einiger Zeit
Betstunden in seinem Hause. Es bildete sich nach
und nach eine Gesellschaft von "Betgenossen" von
12 bis 15 Personen, die sich regelmäßig in dem
Hause Ziemcke's, welches verschlossen und Lessen
Fenster verhängt waren, versammelte. Ein Vor-
fall, der am letzten Osterfest vorkam, lenkte end-
lich die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Treiben
in diesem Hause. Am 20. v. M. verließ ein
Wagen das Gehöft des Zicmcke, auf welchem sich

schwerkrank der Maurer Quardocus aus Bublitz,
der Bruder des Schneider-Apostels, befand. Er
wurde nach einem Spital bei Treblin im Rum-
melsburger Kreise gebracht und liegt noch jetzt dar-
nieder. Sein Körper zeigt schwere Verletzungen,
und die Betgcnossen geben zu, ihn "gezüchtigt zu
haben, weil der Teufel ihn ihm mächtig gewesen
sei."
Es zeigte sich nun, daß die Sekte es sich na-
mentlich auch angelegen sein ließ, den Teufel aus
ihren Adepten zu treiben, und zwar dadurch, daß
sie dieselben von unten nach oben zollweise gräu-
lich zcrbläute. Sofort schritt die Behörde ein und
entdeckte in dem Hause noch eine Leiche, welche
auf dem Bett des Betzimmers lag und stark ange-
schwollen und mit braunen Flecken angclaufen,
übrigens erkaltet war. Es ist der Bauer Kosch-
nick aus Latzig. Die Mitglieder der Sekte gestanden
sogleich offen, daß Jener vom Teufel besessen ge-
wesen und dcßhalb von "Gott" gezüchtigt sei;
Gott würde ihn aber auch wieder erwecken. Die
Sektirer sind arretirt, die Gerichte sind in Thä-
tigkeit.
Aus Stettin vom 4. April schreibt die Stet-
tiner Zeitung: "Ein trauriger Vorfall erregt in
unserer Stadt allgemeines Bedauern. Ein sehr
angesehener und wohlhabender Mann war seit
längerer Zeit erkrankt und ärztliche Mittel wie
ein Badecur blieben erfolglos; der Zustand des
Kranken warb immer bedenklicher und man con-
sultirte endlich einen berühmten Arzt aus Berlin,
der kurz erklärte, der Kranke sei vergiftet. In
der Stube befanden sich nämlich seit vielen Jah-
ren ausgestopfte Vögel, welche, um conservirt zu
werden, vielfach mit starken Dosen von Arsenik
bestreut waren; die schädliche Ausdünstung hat die
trostlose Wirkung ausgeübt, daß man Grund hat,
an dem Aufkommen Lieser hochgestellten Persön-
lichkeit zu zweifeln."
Frankreich.
Nach einer tcl. Meldung, die der französischen
Negierung zugegangen ist, wurde die französische
Flotte auf ihrem Weg in die griechischen Gewässer
durch einen starken Sturm beim Eingang des Archi-
pels gezwungen, in den Hafen von Milo einzu-
laufen. Die Fregatte "La Sanö" hatte ihren
Weg fortgesetzt und war in Athen angekommen.
Die Dampfkorvettc "Caton", mit Herrn v. Lacour
an Bord, war am 29. v. M. in Messina, um
Steinkohlen einzunehmen; am 30. setzte sie ihren
Weg fort.
 
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