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Amtsbezirk Weinheim [Editor]
Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim (5): Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim — 1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.42484#0262

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Meersburg, 18. Aug. Auch in diesem
Jahr zeigt sich die Traubcnkrankheit wieder in
hiesiger Gegend, aber, wie seit einigen Jahren,
nur au alten, hochgezogenen Neben, an den soge-
nannten Trüdern; die nieder gezogenen, einer
peuocischeu Verjüngung unterworfenen Neben in
den Weinbergen dagegen sind noch ganz frisch und
gesund. Dieser Umstand dürfte uns einen Wink
geben, daß die Ursache der Traubenseuche in der
überhaupt sehr unpraktischen hohen Erziehungsart
der Neben ohne regelmäßige Verjüngung zu suchen
sei. Diese Behauptung findet auch in den Erfah-
rungen aus jenen Gegenden und Ländern, in
welchen die Krankheit schon leit Jahren verheerend
wirkt, ihre vollkommene Bestätigung, da gerade
daselbst die hohe Erzichungsweisc an Bäumen und
die möglichste Ausnützung der Neben bis zu ihrem
Abstchen eingeführt ist.
Koblenz, 18. Aug. Heute Mittag gegen
1 Uhr verkündete der Donner der Kanonen und
das Aufziehen der Fahnen auf unfern FortS, sowie
auf den Thürmcn und öffentlichen Gebäuden der
Stadt, die Ankunft der Erzherzogin Marie Henrika
von Oesterreich, jetziger Kronprinzessin von Bel-
gien, welche mit einem kleinen Gefolge und ihrem
Stiefbruder, dem Erzherzog Stephan, in zwei
Wagen, von Schloß Schaumburg kommend, hier
eintraf. Am Rhein, wo alle Schiffe und Häuser,
sowie die Brücke in buntem Flaggenschmuck prangten,
verließ die hohe Reisende den Wagen, um das
mit ihrem weitern Gefolge schon früher von Bieb-
rich angekommene Dampfboot //Ariadne" zu bestei-
gen, welches sie nach Köln zu bringen bestimmt
ist. Hier an der Landungsbrücke war ihr Seitens
unserer Generalität und der Behörden der festlichste
Empfang bereitet, während eine ausgestellte zahl-
niche Ehrenwache, die Mufikkorps unserer Besatzung
und eine zahllose Menschenmenge sie begrüßten.
Nach einem Aufenthalte weniger Minuten, während
welcher sie die Glückwünsche des kommandirenden
Generals und einiger andern hohen Personen er-
widerte, begab sie sich an Bord. Eine Ehren-
wache und ein Musikkorps begleiteten sie.
Die Persönlichkeit der Prinzessin, welche ich
ganz in der Nähe zu betrachten Gelegenheit hatte,
macht den angenehmsten Eindruck. Sie besitzt eine
edle Gestalt, welche, verbunden mit der jugcnd-
lichui Frische ihres wohlgeformten Antlitzes und
einer eben so ungezwungenen als anspruchslosen
Haltung, augenblicklich für sie einnimmt.
Naumburg, 16. Aug. In diesen Tagen
wurde hier das Haupt einer weitverzweigten Räu-
berbande, welche längere Zeit hindurch auf den
Dörfern der nächsten Umgegend ihr Wesen getrieben

hatte, gefänglich eingebracht. Dieses gefährliche
Individuum, das schon mehrmals die Gefängnisse
durchbrochen und sich frei zu machen gewußt hatte,
war längere Zeit der Schrecken der Umgegend und
die Gendarmerie hatte umsonst auf ihn gefahndet,
bis es endlich einem Streifzuge der Bauern eines
Dorfes gelang, sich feiner Person in einem Wäld-
chen zu bemächtigen, in welchem er, mit Pistolen
bewaffnet, sich verborgen gehalten hatte. Von den
geraubten Gegenständen, die die Bande in einein
schwer zugänglichen Steinbruche verborgen hatte,
ist bereits ein zweispänniger Wagen voll hier ein-
gebracht worden, doch sollen auch noch anderwärts
Niederlagen sich befinden. Auf die Helfershelfer
wird ebenfalls gefahndet.
Wien, 17. Aug. Wir sind gestern Abend
durch eine freudige Botschaft überrascht worden.
Der Kaiser hat die Aushebung des Belagerungs-
zustandes auf den 1. September anberaumt, auf
denselben Tag, von welchem an er im vorigen
Jahre die Zuständigkeit über Preßangelegenheiten
den ordentlichen Behörden zugewiesen. Das war
mithin ein Probejahr, das nach Wunsch ausge-
fallen. Der Jubel in der Stadt ist außerordent-
lich, und die Feier des kaiserlichen Geburtstages
wird morgen um so glänzender ausfallen. Von
allen Seiten hört man schon, daß die Einwohner
eine Beleuchtung zu veranstalten wünschen; ich
zweifle nicht, daß sie die Erlaubniß dazu erhalten.
Uebrigcns ist die Wirkung der Aufhebung des
mit äußerster Milde gehandhabten Ausnahmezu-
standes, so gewaltig sie immer sein mag, doch nur
eine moralische. Für ordentliche Leute gab es nir-
gends eine hemmende Beschränkung. Die Gast-
häuser waren offen bis Mitternacht, die Kaffee-
häuser bis 1 Uhr; auch jetzt werden sie schwerlich
ihr Gas länger leuchten lassen, und zuweilen sogar
dürfte der Wirth schmerzlich den Rückhalt vermissen,
welchen ihm der Ausnahmezustand bot, wenn er
einem Nachtschwärmer die Thüre wies. Doch
eben, weil die Wirkung vorwiegend eine moralische
ist, greift sie um so tiefer. Die Verfügung des
Kaisers erklärt das alte Verhältniß der Liebe und
des Vertrauens für vollkommen wieder hergestellt;
diese Erklärung wird mit herzlicher Freude ausge-
nommen und mit dem Bewußtsein, daß sie wohl-
begründet ist in allen ihren Voraussetzungen.
Aus Ischl wird auf telegraph. Wege berichtet,
daß der Kaiser Franz Joseph von Oesterreich sich
mit der Prinzessin Elisabeth, der zweiten Tochter
des Herzogs Mar von Bayern, verlobt hat.
Frankreich.
Ueber Marseille geht die Nachricht aus Kon-
 
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