Magentropfcn verlangte, einen ganzen Eßlöffel
voll Schwefelsäure angeblich als Magentropfen,
welche er rasch hinunterstürzte. Auf diesen giftigen
Schluck erfolgten die heftigsten Vergiftungszufälle,
als: heftiger Schmerz in der Magengegeud, Brech-
reiz, starkes Würgen, Leibschmerzen, entstellte,
hervorgetricbene Augen, Eiskälte der Gliedmaßen,
Zuckungen, Ohnmächten rc. Nichtsdestoweniger
rief die Frau des Lindegger erst nach einer Stunde,
als ihr Mann nicht mehr sprechen konnte, ihre
Nachbarn um Hilfe herbei. Beim Eintreffen ihrer
Nachbarn sagte sie Nichts davon, daß ihr Mann
Etwas eingenommen habe. L>ie vergoß keine Thrä-
nen, obgleich der Leidenszustand ihres Mannes so
qualvoll war, daß mehrere der anwesenden Per-
sonen es nicht länger mit ansehen konnten, und
deßhalb das Krankenzimmer verließen. Sie wollte
auch, obgleich von anderen Personen aufgefordert,
den Arzt nicht holen lasten. Endlich verschied
Lindegger unter den qualvollsten Schmerzen. Es
entstand sogleich das allgemeine Gerücht, daß der-
selbe von seiner Frau vergiftet worden sei. Bei
ter alsbald vorgenommenen Inspektion und Sektion
fanden sich solche Veränderungen, Zerstörungen
und Geschwüre in der Speichelröhre, im Magen
und Zwölffingerdarm, wie sie die Vergiftung mit
Schwefelsäure zu verursachen pflegt. Sodann
lieferte die chemische Analyse im akademischen Laba-
ratorium zu Freiburg sowohl, als in der Apotheke
zu Salem das Ergebnis;, daß in dem Magcn-
und Darininhalt eine Quantität von beinahe 3
Drachmen Schwefelsäure vorhanden war. In dem
Bettanzuge des Lindegger fanden sich Flecken und
Löcher, ebenso auf dem Stubenboden vor der Bett-
lade des Entseelten Flecken, welche, chemisch unter-
sucht, die Gegenwart von Schwefelsäure zu er-
kennen gaben. Endlich wurde in der Nähe des
Lindegger'schcn Hauses das Bodenstück eines zer-
brochenen Fläschchens mit dem Neste einer Mistig-
keit aufgefunden, welche sich bei der chemischen
Untersuchung als freie Schwefelsäure hcrausstellte.
Von den Gerichtsärzten und einem Chemiker wurde
auch das Eudgutachten dahin abgegeben, daß bei
Johann Lindegger eine Vergiftung durch Schwefel-
säure stattgesunden habe und daß diese Vergiftung
die einzige Todesursache sei. Im Anfänge hatte
die Frau Lindegger standhaft jede Theilnahme an
dem Tode ihres Mannes gcläugnet, später eine
Zeit lang mit vieler Wahrscheinlichkeit darzustellen
gesucht, daß ihr Mann aus Jrrthum und Ver-
wechslung Schwefelsäure zu sich genommen habe.
Zuletzt aber schritt sie nach einem 5 Stunden lang
dauernden Verhöre, von der Macht der Wahrheit
und des Gewissens überwältigt, zu einem reumü-
thigen Geständnisse, daß sie ihren Mann auf die
oben angegebene Weise vergiftet habe. Zu ihrer
Entschuldigung trug sie nur vor, ihre leidenschaft-
liche Neigung zu dem Lehrer sei durch Eifersucht,
da sie befürchtet, daß sie ihn verliere, daß er eine
Andere hcirathe, auf den höchsten Grad gestiegen,
so daß sie wie von Sinnen gekommen sei; sie sei
noch am 16. Mai Mittags bei dem Lehrer gewesen,
welcher sie wieder eifersüchtig gemacht, wodurch
sie fast verrückt worden sei, und in diesem Ge-
müthszustande sei sie znr Ausführung ihres schon
längst gefaßten Entschlusses, ihren Mann zu tödten,
geschritten. Sie versichert aber, daß der Lehrer
ihr deßfalls keinen Rath und keinen Auftrag er-
theilt, auch von ihrem Vorhaben Nichts gewußt
habe, daß der Lehrer überhaupt an der Tödtung
ihres Mannes keine andere Schuld trage, als daß
er sie zum Ehebruch verleitet habe.
(Schluß folgt.)
Karlsruhe, 3. Okt. Unsere Stadt hat
heute ein reiches Festkleid angelegt. Fahnen, Laub-
gewinde und sonst mancher Schmuck ziert die Straßen,
in denen eine freudige Menge, die mit jedem neuen
Bahnzug wächst, wogt. Auch der Himmel, der
in den letzten Tagen trüb und regnerisch dareinsah,
hat sich aufgehellt, und obgleich wir heute nicht
von einzelnen Regenschauern verschont geblieben
sind, so haben sie für das Fest keine störenden
Folgen gehabt. Den Mittelpunkt der heutigen
Feier bildete das erste große Konzert, welches um
11 Uhr begonnen und bis ^3 Uhr gedauert hat.
Ihre Königlichen Hoheiten der Regent, sowie der
Großherzog und die Großherzogin von Hessen und
die durchlauchtigste Markgräfliche Familie beehrten
die musikalische Aufführung mit Höchstihrem Be-
suche. Das Haus war von Zuhörern wahrhaft
überfüllt. Die Ausführung entsprach ganz den
Erwartungen, die man davon gehegt hatte; nament-
lich fanden die Quverture zu dem Wagnerschen
,/Tannhäuser", die Mcndclssohnstchc .-/Loreley",
Beethoven's 9. Symphonie, sowie der Violinvor-
trag des Hrn. Konzertmeisters Joachim — eines
Virtuosen ersten Ranges — großen Beifall. Die
Leistungen der kombinirten drei Orchester und Chöre
waren wahrhaft imposant und ließen an Präzision
und Adel des Vortrags kaum Etwas zu wünschen
übrig. Nach dem Konzerte begannen die Festlich-
keiten an den öffentlichen Orten. Auf dem Schloß-
platz und Marktplatz spielten verschiedene Musik-
korps, die Buden mit den Sehenswürdigkeiten
eröffneten sich, das Rad der Glückshäfen nahm
seinen Lauf, man strömte in die Obst- und Indu-
strieausstellung und in das Schützenbaus, die Re-
staurationen auf dem Schloßplatz füllten sich an
voll Schwefelsäure angeblich als Magentropfen,
welche er rasch hinunterstürzte. Auf diesen giftigen
Schluck erfolgten die heftigsten Vergiftungszufälle,
als: heftiger Schmerz in der Magengegeud, Brech-
reiz, starkes Würgen, Leibschmerzen, entstellte,
hervorgetricbene Augen, Eiskälte der Gliedmaßen,
Zuckungen, Ohnmächten rc. Nichtsdestoweniger
rief die Frau des Lindegger erst nach einer Stunde,
als ihr Mann nicht mehr sprechen konnte, ihre
Nachbarn um Hilfe herbei. Beim Eintreffen ihrer
Nachbarn sagte sie Nichts davon, daß ihr Mann
Etwas eingenommen habe. L>ie vergoß keine Thrä-
nen, obgleich der Leidenszustand ihres Mannes so
qualvoll war, daß mehrere der anwesenden Per-
sonen es nicht länger mit ansehen konnten, und
deßhalb das Krankenzimmer verließen. Sie wollte
auch, obgleich von anderen Personen aufgefordert,
den Arzt nicht holen lasten. Endlich verschied
Lindegger unter den qualvollsten Schmerzen. Es
entstand sogleich das allgemeine Gerücht, daß der-
selbe von seiner Frau vergiftet worden sei. Bei
ter alsbald vorgenommenen Inspektion und Sektion
fanden sich solche Veränderungen, Zerstörungen
und Geschwüre in der Speichelröhre, im Magen
und Zwölffingerdarm, wie sie die Vergiftung mit
Schwefelsäure zu verursachen pflegt. Sodann
lieferte die chemische Analyse im akademischen Laba-
ratorium zu Freiburg sowohl, als in der Apotheke
zu Salem das Ergebnis;, daß in dem Magcn-
und Darininhalt eine Quantität von beinahe 3
Drachmen Schwefelsäure vorhanden war. In dem
Bettanzuge des Lindegger fanden sich Flecken und
Löcher, ebenso auf dem Stubenboden vor der Bett-
lade des Entseelten Flecken, welche, chemisch unter-
sucht, die Gegenwart von Schwefelsäure zu er-
kennen gaben. Endlich wurde in der Nähe des
Lindegger'schcn Hauses das Bodenstück eines zer-
brochenen Fläschchens mit dem Neste einer Mistig-
keit aufgefunden, welche sich bei der chemischen
Untersuchung als freie Schwefelsäure hcrausstellte.
Von den Gerichtsärzten und einem Chemiker wurde
auch das Eudgutachten dahin abgegeben, daß bei
Johann Lindegger eine Vergiftung durch Schwefel-
säure stattgesunden habe und daß diese Vergiftung
die einzige Todesursache sei. Im Anfänge hatte
die Frau Lindegger standhaft jede Theilnahme an
dem Tode ihres Mannes gcläugnet, später eine
Zeit lang mit vieler Wahrscheinlichkeit darzustellen
gesucht, daß ihr Mann aus Jrrthum und Ver-
wechslung Schwefelsäure zu sich genommen habe.
Zuletzt aber schritt sie nach einem 5 Stunden lang
dauernden Verhöre, von der Macht der Wahrheit
und des Gewissens überwältigt, zu einem reumü-
thigen Geständnisse, daß sie ihren Mann auf die
oben angegebene Weise vergiftet habe. Zu ihrer
Entschuldigung trug sie nur vor, ihre leidenschaft-
liche Neigung zu dem Lehrer sei durch Eifersucht,
da sie befürchtet, daß sie ihn verliere, daß er eine
Andere hcirathe, auf den höchsten Grad gestiegen,
so daß sie wie von Sinnen gekommen sei; sie sei
noch am 16. Mai Mittags bei dem Lehrer gewesen,
welcher sie wieder eifersüchtig gemacht, wodurch
sie fast verrückt worden sei, und in diesem Ge-
müthszustande sei sie znr Ausführung ihres schon
längst gefaßten Entschlusses, ihren Mann zu tödten,
geschritten. Sie versichert aber, daß der Lehrer
ihr deßfalls keinen Rath und keinen Auftrag er-
theilt, auch von ihrem Vorhaben Nichts gewußt
habe, daß der Lehrer überhaupt an der Tödtung
ihres Mannes keine andere Schuld trage, als daß
er sie zum Ehebruch verleitet habe.
(Schluß folgt.)
Karlsruhe, 3. Okt. Unsere Stadt hat
heute ein reiches Festkleid angelegt. Fahnen, Laub-
gewinde und sonst mancher Schmuck ziert die Straßen,
in denen eine freudige Menge, die mit jedem neuen
Bahnzug wächst, wogt. Auch der Himmel, der
in den letzten Tagen trüb und regnerisch dareinsah,
hat sich aufgehellt, und obgleich wir heute nicht
von einzelnen Regenschauern verschont geblieben
sind, so haben sie für das Fest keine störenden
Folgen gehabt. Den Mittelpunkt der heutigen
Feier bildete das erste große Konzert, welches um
11 Uhr begonnen und bis ^3 Uhr gedauert hat.
Ihre Königlichen Hoheiten der Regent, sowie der
Großherzog und die Großherzogin von Hessen und
die durchlauchtigste Markgräfliche Familie beehrten
die musikalische Aufführung mit Höchstihrem Be-
suche. Das Haus war von Zuhörern wahrhaft
überfüllt. Die Ausführung entsprach ganz den
Erwartungen, die man davon gehegt hatte; nament-
lich fanden die Quverture zu dem Wagnerschen
,/Tannhäuser", die Mcndclssohnstchc .-/Loreley",
Beethoven's 9. Symphonie, sowie der Violinvor-
trag des Hrn. Konzertmeisters Joachim — eines
Virtuosen ersten Ranges — großen Beifall. Die
Leistungen der kombinirten drei Orchester und Chöre
waren wahrhaft imposant und ließen an Präzision
und Adel des Vortrags kaum Etwas zu wünschen
übrig. Nach dem Konzerte begannen die Festlich-
keiten an den öffentlichen Orten. Auf dem Schloß-
platz und Marktplatz spielten verschiedene Musik-
korps, die Buden mit den Sehenswürdigkeiten
eröffneten sich, das Rad der Glückshäfen nahm
seinen Lauf, man strömte in die Obst- und Indu-
strieausstellung und in das Schützenbaus, die Re-
staurationen auf dem Schloßplatz füllten sich an