Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.662#0028

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
16 Ancus Marcras.

kanischen Zeit, einem Diadochenbildnis ähnlich. Bei letzterem allein
kann von physiognomischer Durchbildung gesprochen werden, ob-
gleich Visconti dann wieder zu viel Absicht in die einzelnen Züge
(das zurückgeworfene Haupt, die zufriedene Miene?) hineinlegt '.
Ancus hat hier eine gebogene Nase, eine in der Mitte etwas einge-
senkte Stirn und leicht gelocktes, über den Schläfen zurücktretendes
Haar. Besonders merkwürdig ist, dass er im Gegensatz zu den an-
deren Königen und der Sitte des Altertums zuwider bartlos erscheint,
und dies zwar auf sämmtlichen Münzen 2, wie er auch auf allen, gleich
seinem sabinischen Vorfahren, proleptischer Weise das Diadem trägt.
Durch die Bartlosigkeit sollte Ancus vielleicht von dem greisen Numa
unterschieden werden, obgleich man sich sonst nicht bestrebt hat,
ihn viel jünger darzustellen, zumal nicht auf der Münze des Philippus,
wo er durch spärliches Stirnhaar und runzlichte Wangen charakte-
risiert ist. Oder aber, was wahrscheinlicher, sie schreibt sich von dem
zu Grunde liegenden Vorbild her, als welches dann nicht die capito-
linische Statue, sondern irgend eine Darstellung aus den letzten
zwei Jahrhunderten der Bepublik angenommen werden muss. Detlefsens
glaubt umgekehrt, von der Münze auf die Bartlosigkeit der capitoli-
nischen Statue schliessen zu müssen. Allein wenn diese auch erst in
einer Zeit errichtet wurde, wo man sich rasierte, so geschah es doch
schwerlich so spät, dass die Erinnerung an die alte Sitte bereits
erloschen war. Der altertümliche Charakter, der den Königsstatuen
als einer zusammengehörigen Gruppe zugeschrieben wird, deutet dar-
auf hin, dass sie alle bärtig dargestellt waren. Wird doch Ancus bei
Martial auch zu den »Behaarten« gezählt4. Dagegen scheint es
nicht absolut notwendig, für beide auf den Münzen vereinigte Köpfe
dieselbe Quelle zu statuieren, indem eine Verschiedenheit in dieser
Beziehung sowohl durch den erwähnten Unterschied der Barttracht
als durch die Ungleichheiten des Diadems motiviert wäre.

Den Typus der Philippusmünze reproduciert eine Gemme (Onyx)
bei Cades V. Nr. 63.

1 Vise. Icon. rom. p. 22.

2 Die Abbildungen bei Cohen (M. C. pl. LVIII Marcia 9. 10) lassen den
Kopf der Bronzemünzen bärtig erseheinen. Indes auf zwei mir im Abdruck vor-
liegenden Exemplaren des brit. Museums und des Cabinets Hofl'mann in Paris ist
Ancus deutlich bartlos. Auf einem dritten (Berliner) ist das, was man als Bart
nehmen könnte, ohne Zweifel nur der Umriss des Doppelkinns.

3 De arte Rom. ant. p. 5.
* Mart. ep. IX. 28:

Curios, Camillos, Quinlios, Nwmas, Aneos
Et quicqnkl unquam legimus pilosorum.
 
Annotationen