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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0195

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Ca. Lentnlus Marcellinus. 183

Dieser Lentulus Marcellinus soll in einem aus Cyrene stammen-
den Kopf des brit. Museums1 dargestellt sein. Man fand nämlich
im Tempel des Apollo zu Cyrene zugleich mit jenem Kopf einen
viereckigen Untersatz und eine Basis mit Inschrift, wonach das Volk
von Cyrene seinem Schutzherrn und Retter, dem Propraetor Cn. Len-
tulus Marcellinus eine Statue geweiht2. Die drei Stücke waren an-
geblich so beschaffen, dass ihre Zusammengehörigkeit deutlich zu
Tage trat, indem der Kopf in eine Höhlung des Untersatzes und
dieser in ein viereckiges Loch auf der Basis passte. Aber unglück-
licher Weise blieb der Untersatz, das Verbindungsglied zwischen
Kopf und Inschrift, in Cyrene zurück.

Wenn nun schon der ganze Aufbau des Denkmals etwas Be-
fremdendes hat8, so ist es um so fataler, dass keine weitere Unter-
suchung über die ursprüngliche Zusammengehörigkeit der drei Stücke
mehr möglich ist. Es ist auch nicht recht erklärlich, was der Propraetor
von Syrien für enge Beziehungen zu Cyrene gehabt haben sollte.
Wir kennen bloss einen Lentulus Marcellinus, der im Jahre 75 als
erster Quaestor nach Cyrene gieng (Sali. Hist. IL 39 ed. Dietsch); aber
er heisst nicht Cnejus, sondern Publius, und ist wahrscheinlich der
ältere Bruder des Propraetors *. Und vollends kann man sich der
Zweifel nicht erwehren, sobald man den Charakter des Bildnisses
selbst etwas genauer ins Auge fasst. Es ist ein Kopf ohne Büste
mit langem vorgestrecktem Hals und hinten flach abgeschnittenem
Schädel, die Nasenspitze verstümmelt, sonst wohl erhalten. Er hat
krauses, etwas conventionell gebildetes Haar, von einer Kopf binde

Münze bei Cohen XIV. Cornelia 6 (Mommsen G. d. röm. Münzw. p. 577. Nr. 204).
Avers: Herculeskopf. Revers: Roma von einem Genius gekrönt. — Von Cn.
Lent. Marcellinus, dem Sohn des vorigen, dem Consul des Jahres 56, die Münze bei
Cohen XIV Com. 10 (Mommsen Nr. 242). Av. Kopf des Genius populi Romani. Rev.
Erdkreis mit Seepter und Steuerruder; wahrscheinlich im Jahre 74 geprägt. - Von
P- Lent. Marcellinus, dem Enkel des ersten, Quaestor 48, ist vermutlich die Münze
mit dem Marcelluskopf geschlagen, bei Cohen XII. Claudia 4 (Mommsen Nr. 303).

1 Guide to the Graeco-Rom. Sculpt. Nr. I, photogr. abg. Smith & Poreher
Hist. of disc. in Cyr. pl. 65.

2 Sm. u. P. p. 109, Nr. 1:

fJ^Kioy KoQVriXiov AivtoXov
lloTiXiui viov MaqxiXklvov, ngig-
ßavTciv ävJtgtQoiTayov, tov
naxQiäva xai acotijga, KvQtivaioi.
s Im Guide des brit. Museums wird die Vermutung geäussert, dass der
Kopf vielleicht ursprünglich zu einer Statue gehört habe, dass diese aber durch
ein Erdbeben zerstört und der Kopf dann in dieser plumpen Weise aufgestellt
worden sei.

4 Vgl. Mommsen G. d. r. Münzwesens p. 577. Anm. 341.
 
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