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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0244

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232 Statue des sog. Germanicus.

es also mit einem Republikaner zu thun, und zwar nach dem oben
Bemerkten mit einem, der sieh als Abgesandter des Senats den Dank
der Griechen erworben, wobei freilich der Begriff des Gesandten nicht
zu enge gefasst werden darf, da es sich der vergötterten Darstellung
nach um eine hochstehende, als Staatsmann überhaupt und wohl
auch als Feldherr ausgezeichnete Persönlichkeit handelt. Der zeit-
liche Kreis aber wäre aus epigraphische.n und stilistischen Gründen
auf das letzte Jahrhundert v. Chr. beschränkt, wenn man nicht an-
nehmen will, dass die Statue einem längst Verstorbenen gesetzt
wurde: in jedem Fall höchstens auf die zwei letzten; denn vorher
hatten die Griechen kaum Gelegenheit, sich einem Römer auf solche
Weise dankbar zu erzeigen.

Thiersch ' und Visconti2 waren nun allerdings geneigt, über die
Grenze des letzten Jahrhunderts zurückzugehen, weil man dann in eine
Periode gelangt, wo einerseits sehr lebendige Beziehungen zwischen
den beiden Culturvölkern bestanden, andrerseits wirklich Männer
vorhanden waren, die wegen ihrer Sympathie für Griechenland und
wegen der Stellung, die sie als Redner einnahmen, zu einer derarti-
gen Darstellungsweise Anlass geben konnten. Es ist keine Frage,
dass Namen wie Titus Flamininus (s. d.), Paullus Aemilius,
MetellusMacedonicus gegenständlich besser begründet erscheinen
als irgend welche späteren. Aber der Realismus, mit welchem die
Statue ausgeführt ist, erlaubt nicht ihre Entstehung in die Zeit die-
ser Männer zu versetzen. Und kaum viel wahrscheinlicher ist die
Annahme, dass einem von ihnen nachträglich in den unruhigen Zeiten
des 2. oder 3. Bürgerkrieges, wo alles Interesse auf die Gegenwart
gerichtet sein musste, in Rom eine Statue errichtet ward. Die Por-
trätbildnerei stand damals doch hauptsächlich im Dienst der leben-
den Geschlechter, und so werden wir den Gegenstand eines Bildnisses,
das sich, soweit es den Kopf betrifft, als Original zu erkennen giebt,
im Rahmen desselben Jahrhunderts suchen müssen, in welchem die
Statue gearbeitet ist. — Indes ist es nicht möglich aus den letzten
Zeiten der Republik eine stichhaltige Vermutung aufzustellen. Sulla,
Lucullus, Pompejus als Hermes oder auch nur speciell als Redner
dargestellt, liegen ausserhalb der Wahrscheinlichkeit. Bei Sulla und
Pompejus sprechen schon die Münzen dagegen, bei allen dreien der
besondere Charakter des Heerführers, unter welchem sie allein zu
den Griechen, resp. dem Orient in Beziehung traten. — Etwas mehr
Berechtigung scheint der Name Caesar zu haben, der gegenwärtig

1 Thiersch Epochen 1825. 3. Abhandl. p. 91. 6.

2 Visconti Opere varie a. ob. a. 0.
 
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