272 Domitius Corbnlo.
Ueber seinen militärischen Charakter ist Tacitus und Dio Cassius
nachzusehen. Es genügt, auf seine oft fast übermässige Strenge l
und auf sein wahrhaft soldatisches, aller Weichlichkeit fremdes Wesen2
hinzudeuten. Er war schon äusserlich eine Hünengestalt, dazu ein Mann
von glänzender Rede, der abgesehen von seiner Erfahrung und Ein-
sicht auch in Kleinigkeiten imponierte 3, ein Römer von altem Schrot
und Korn, der nicht nur durch den Glanz seines Geschlechtes,
sondern ebenso durch Körperstärke und Geistesgegenwart sich aus-
zeichnete *.
Im Jahr 1792 wurden bei den gabinischen Ausgrabungen des
Prinzen Borghese eine Büste und ein in der Person identischer Sta-
tuenkopf gefunden, von denen man bereits eine oder mehrere unter
dem Namen M. Brutus gehende Wiederholungen kannte.
Die Büste stand noch an ihrem ursprünglichen Ort in einer
Nische innerhalb eines kleinen Tempels, welcher nach der Inschrift
auf dem Fries und Architrav der Eingangsthüre dem Andenken des
Hauses der Kaiserin Domitia geweiht war: IN. HONOREM. MEMO-
RIAE. DOMVS. DOMITIAE. AVGVSTAE. CN. DOMITI. CORBV-
LON1S. EIL. etc.5, und zwar im dritten Consulat des Antoninus Pius,
in welchem M. Aurel sein College war, also im Jahre 140 n. Chr.
Aus dieser Inschrift in Verbindung mit einigen andern Erwägungen
hat Visconti mit Recht geschlossen, dass es sich nur um das Bild-
nis des Corbulo, des Vaters der Domitia, handeln könne.
Die Büste ist zusammen mit den übrigen gabinischen Sachen6
in den Louvre gekommen und war anfangs im Karyatidensaal auf-
gestellt, jetzt bei den römischen Bildnissen hinter dem sog. Vestibüle
(Descript. Nr. 693)7, vollkommen erhalten bis auf ein paar Ver-
auch "bloss ein relativ höheres Alter als das des juvenis Sulla verstanden ist, so
muss es doch bei einem Praetor auf circa 30 Jahre angesetzt werden. Dann
wäre Corbnlo im Jahre 9 v. Chr. geboren und 76jährig gestorben, ein wohl et-
was hohes Alter für einen mitten aus der Thätigkeit herausgerissenen Feldherrn.
Die studio, seniorum deuten übrigens darauf, dass der Praetor des Jahres 21 eher
älter als 30 Jahre war. Ich möchte daher der Annahme eines doppelten Corbulo
den Vorzug geben.
1 Tac. Annal. XI. 18.
2 Ders. 0. XUI. 35.
3 Ders. 0. XIII. 8.
4 Dio LXII. 19.
6 Der Fries mit der ganzen Weihinschrift abgeb. Visconti Pio Clem. VI-
Taf. 62. Vgl. die Erklärung p. 239 Anm. 1.
6 S. Visconti Monum. Gabin. ed Labus p. 7.
7 Abgeb. im Profil Monum. Gab. Nr. 6; von vorn Mon. scelti Borghesiani
II. 14; Bouillon II; Clarac. pl. 1077. 3273.
Ueber seinen militärischen Charakter ist Tacitus und Dio Cassius
nachzusehen. Es genügt, auf seine oft fast übermässige Strenge l
und auf sein wahrhaft soldatisches, aller Weichlichkeit fremdes Wesen2
hinzudeuten. Er war schon äusserlich eine Hünengestalt, dazu ein Mann
von glänzender Rede, der abgesehen von seiner Erfahrung und Ein-
sicht auch in Kleinigkeiten imponierte 3, ein Römer von altem Schrot
und Korn, der nicht nur durch den Glanz seines Geschlechtes,
sondern ebenso durch Körperstärke und Geistesgegenwart sich aus-
zeichnete *.
Im Jahr 1792 wurden bei den gabinischen Ausgrabungen des
Prinzen Borghese eine Büste und ein in der Person identischer Sta-
tuenkopf gefunden, von denen man bereits eine oder mehrere unter
dem Namen M. Brutus gehende Wiederholungen kannte.
Die Büste stand noch an ihrem ursprünglichen Ort in einer
Nische innerhalb eines kleinen Tempels, welcher nach der Inschrift
auf dem Fries und Architrav der Eingangsthüre dem Andenken des
Hauses der Kaiserin Domitia geweiht war: IN. HONOREM. MEMO-
RIAE. DOMVS. DOMITIAE. AVGVSTAE. CN. DOMITI. CORBV-
LON1S. EIL. etc.5, und zwar im dritten Consulat des Antoninus Pius,
in welchem M. Aurel sein College war, also im Jahre 140 n. Chr.
Aus dieser Inschrift in Verbindung mit einigen andern Erwägungen
hat Visconti mit Recht geschlossen, dass es sich nur um das Bild-
nis des Corbulo, des Vaters der Domitia, handeln könne.
Die Büste ist zusammen mit den übrigen gabinischen Sachen6
in den Louvre gekommen und war anfangs im Karyatidensaal auf-
gestellt, jetzt bei den römischen Bildnissen hinter dem sog. Vestibüle
(Descript. Nr. 693)7, vollkommen erhalten bis auf ein paar Ver-
auch "bloss ein relativ höheres Alter als das des juvenis Sulla verstanden ist, so
muss es doch bei einem Praetor auf circa 30 Jahre angesetzt werden. Dann
wäre Corbnlo im Jahre 9 v. Chr. geboren und 76jährig gestorben, ein wohl et-
was hohes Alter für einen mitten aus der Thätigkeit herausgerissenen Feldherrn.
Die studio, seniorum deuten übrigens darauf, dass der Praetor des Jahres 21 eher
älter als 30 Jahre war. Ich möchte daher der Annahme eines doppelten Corbulo
den Vorzug geben.
1 Tac. Annal. XI. 18.
2 Ders. 0. XUI. 35.
3 Ders. 0. XIII. 8.
4 Dio LXII. 19.
6 Der Fries mit der ganzen Weihinschrift abgeb. Visconti Pio Clem. VI-
Taf. 62. Vgl. die Erklärung p. 239 Anm. 1.
6 S. Visconti Monum. Gabin. ed Labus p. 7.
7 Abgeb. im Profil Monum. Gab. Nr. 6; von vorn Mon. scelti Borghesiani
II. 14; Bouillon II; Clarac. pl. 1077. 3273.