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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Meier-Graefe, Julius: Französische Zeichnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0037

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Camille Corot Italienische Berglandschaft

(Verlag Editions Chroniques du Jour) herausgegeben und den Unterschied zwischen
Ingres und Delacroix untersucht. Er findet in Ingres die kühle Statik des Südens, die
fertige Form, Geruhsamkeit, Frieden. Klare Komposition ging dem Meister der Odaliske
über alles, selbst über das Leben. »Seine Welt ist ein gereinigter Äther, mit Wesen
bevölkert, die die Masken lebender Menschen tragen. Bei seinen Heroinen denkt man
an die »Eve future«, die aus kostbarer Substanz künstlich hergestellte Frau, deren
wundersame Geschichte Villiers de l’Isle Adam erzählt hat.«— Delacroix ist für Wal-
demar George Repräsentant des Nordens, Träger nie beruhigter Empfindung, flammend
lieiß, mit keiner Form zufrieden, ein schäumender Barbar, der seine Wildheit zivilisiert,
ohne sie zu töten, Führer eines neuen Barocks, Gegner alles Klassischen und der
Griechen. — Die geistvolle These ist zumal für Deutschland interessant, wo man vom
Barbaren derbere Vorstellungen hat und die Eigenheit Delacroix’, des vermeintlichen
Eklektikers, immer verkennt. Waldemar George reclitfertigt seinen Begriff des Bar-
barentums. Er sieht in Delacroix einen Nachfolger des Barbaren Remhrandt.

In der Ausstellung französischer Zeichnungen bei Paul Cassirer hängen Blätter von
Delacroix und Ingres nebeneinander. Von Ingres das Bildnis einer Dame und ihrer
Tochter. Die Ovale der beiden Gesichter sind makellos, auch die weichen, überweichen
Hände, auch die Falten und Fältchen der Kleider, die Locken und Löckchen. Das
Mädchen umfaßt den Schoß der Mutter und schmiegt den Kopf an die der Gruppe
vorteilhafteste Stelle, und die Fhinde der Frau legen sich um den Nacken des Kindes.
Sie können nicht passender liegen. So flechtet man Kränze. Kein Mißton stört die
stille Harmonie. Ebenso fern bleibt der Gedanke, die Hände konnten auch etwas anderes
tun als Gruppen flechten. Mutter und Tochter sind nur da, um sich zeichnen zu lassen.
Sie wirken abgegossen, nur ist die Gruppe kein Abguß von der Natur, sondern wurde
mittels eines die Linien fixierenden Verfahrens gewonnen; ein ingeniöses Verfahren,

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