Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

DOI issue:
Heft 1
DOI article:
Biermann, Georg: Renée Sintenis
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0041

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Renee Sintenis Junger Hund. 1925

Mit Genelimigung der Galerie Alfred Flechtheim, Berlin

RENEE SINTENI S VON GEORG BIERMANN

Man denkt an junge Tiere, liebe ungeschlachte Kreaturen, die irgendwo und irgend-
wann ins Gehen, Traben, Springen kamen oder futtergierig den Hals abwärts zu den
Kräutern der Wiese strecken. Man denkt mehr noch an einen Menschen, der diese
Kreatur zärtlich liebt, vielleicht wie weiland der hl. Franziskus von Assisi mit ihr Zwie-
sprache hält, sie liebkost, beobachtet und zu dem weisheitsvollen Sclduß gelangt, daß
das klügste aller Tiere, das für uns Europäer das der Schöpfung nächste, der Esel sei.
Gepriesen sei Frau Renee um ihrer Bronze-Eseln willen.

W as wissen wir armen Menschen von so einem Esel, den Hochmut zur Minderwertig-
keit verdammte. Schon das weiche Fell ist Melodie und der Blick dieser Augen, mit
dem südfranzösische, sizilianische Esel den Menschen suchen, ist unvergeßlich, der Bau
dieser Glieder voll der Grazie und der Bhythmus der Bewegung von einer Ileiterkeit
und Noblesse, die Staunen macht. Nicht zu sprechen von dem Adel dieser schnuppern-
den Schnauze, die wie zum Kuß den Menschenfreund sucht, der nur im Süden mit
solchem Zeichen dem Tiere zurückgibt, was dieses für seinen Herrn empfindet.
Szenen voller Zärtlichkeit zwischen Menscli und rPier stehen mir in diesem Sinne un-
vergeßlich vor Augen.

Frau Renee, die Bildnerin, hat dem Tier ihre schöne Seele geöffnet. Sie zuerst hat
seit vielen hundert Jahren der Kreatur Gottes ihren Rang zurückgegeben. Ja es muß
einmal gesagt werden: Wie kommt es nur, daß wir vergessen haben, daß das Tier eine
heilige Kreatur ist? Die alten Ägypter und Chinesen wußten es, noch die Griechen
haben den Kult geübt und selbst das Christentum hat in seiner Blüte selten die heilige

15
 
Annotationen